Behindertengerechter Umbau einer Motoryacht

Von Rechtsanwalt/Steuerberater/vereidigter Buchprüfer G.-B. Sprißler veröffentlicht in der Recklinghäuser Zeitung am 14.01.2016

Finanzgericht versagt steuerliche Berücksichtigung

Wer behindert ist, hat häufig erheblich mehr finanzielle Aufwendungen, um mit den durch die Behinderung verursachten Beschränkungen zurechtzukommen. Das Steuerrecht sieht dann vor, dass derartige Kosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Einen besonderen Sachverhalt hatte jetzt das höchste Finanzgericht zu entscheiden. Der Steuerpflichtige war seit einem Autounfall im Jahre 1970 querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Er war mit einem Grad der Behinderung von 100 als behindert anerkannt. Der Schwerbehindertenausweis enthält die Merkmale G (erhebliche Gehbehinderung), AG (außergewöhnliche Gehbehinderung), H (Hilflosigkeit) und RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht).

Im Jahr 2008 erwarb der Steuerpflichtige eine Motoryacht, die bereits von dem Voreigentümer wegen seines behinderten Kindes teilweise behindertengerecht umgebaut worden war. Der Steuerpflichtige konnte jedoch das Boot nur mit Hilfe einer Hilfsperson nutzen. Daher entschloss er sich, im Jahr 2010 das Schiff umfassend für seine Zwecke umzubauen. Er ließ eine bodenebene Nasszelle mit herausziehbaren Waschtisch und Schränken einbauen. Das Fußende der Koje wurde absenkbar und das Kopfende aufstellbar gestaltet, so dass der querschnittsgelähmte Steuerpflichtige die Koje allein einsteigen und verlassen konnte. Die gesamten Kosten betrugen rd. 37.000,- €.

Das Finanzamt und das Finanzgericht ließen eine Berücksichtigung im Rahmen der außergewöhnlichen Aufwendungen nicht zu. Genauso sah es das höchste Finanzgericht, der Bundesfinanzhof. Er wies darauf hin, dass zu den außergewöhnlichen Belastungen nur solche zählen, die über die Aufwendungen der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Ziel ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für existenznotwendigen Grundbedarf steuerlich zu berücksichtigen.

Die hier relevanten Aufwendungen betrafen nach Ansicht des Gerichts allerdings nicht dem existenziellen Wohnbedarf. Aus der Sicht der Richter war der Steuerpflichtige nicht verpflichtet, derartige Konsumaufwendungen zu tätigen. Sie standen in seinem Belieben. Die Aufwendungen entsprachen einem in erster Linie frei gewählten Konsumverhalten und nicht der Krankheits- oder behindertengerechten Ausgestaltung des individuellen existenziell wichtigen Wohnumfelds. Die Richter betonen, dass mit dieser Einschätzung kein Werturteil verbunden sei. Sie sahen die Aufwendungen wohl als Luxusausgaben an, die nicht zum existenznotwendigen Wohnbereich zählen. Anders wäre die Entscheidung ausgefallen, wenn der Umbau die Wohnung betroffen hatte.

Beschluss des BFH vom 02.06.2015 AZ VI R 30/14