Mandanten-Information IV. Quartal 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,
nachfolgend einige aktuelle Informationen und Tipps vor dem Jahreswechsel:

1. Umsatzbesteuerung von Gutscheinen

Die steuerliche, insbesondere die umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Es gilt zwei Arten von Gutscheinen zu unterscheiden:

a) Werden Gutscheine ausgegeben, die nicht zum Bezug von hinreichend bezeichneten Leistungen berechtigen, handelt es sich lediglich um den Umtausch eines Zahlungsmittels in ein anderes Zahlungsmittel. Die Hingabe des Gutscheins stellt keine Lieferung dar, also findet keine umsatzsteuerlich relevante Leistung statt. Erst bei Einlösung des Gutscheins unterliegt die Leistung der jeweiligen Umsatzsteuer.

b) Werden die Gutscheine hingegen für bestimmte, konkret bezeichnete Leistungen ausgestellt (z.B. Gutscheine für 50 Liter Diesel), unterliegt der gezahlte Betrag im Zeitpunkt der Ausgabe des Gutscheins der Umsatzsteuer.

Bis zum 31.12.2018 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten eine Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzbesteuerung von Gutscheinen umsetzen. Eventuell sind diesbezüglich noch Änderungen zu erwarten.

2. Vorsteuerabzug trotz ungenauer Leistungsbeschreibung

Stellt das Finanzamt bei einer Prüfung fest, dass der Rechnung nicht entnommen werden kann, worüber genau abgerechnet wird, wird der Vorsteuerabzug wegen formeller Mängel versagt. Eine Ausnahme gab es bislang nur, wenn in der Rechnung explizit auf eine schriftliche Vereinbarung hingewiesen wird; der Vorsteuerabzug kann gerettet werden, wenn die verwiesenen Unterlagen nachgereicht werden.

Der EuGH bekräftigt die Auffassung der Finanzverwaltung, dass eine zu pauschale Leistungsbeschreibung ein formeller Rechnungsmangel ist, der zum Wegfall des Vorsteuerabzugs führen kann. Dieser Mangel kann jedoch laut Auffassung des EuGH durch die Nachreichung von Unterlagen selbst dann geheilt werden, wenn die ursprüngliche Rechnung keinen Hinweis auf diese Unterlagen hat.

Tipp: Es ist damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung dieses unternehmerfreundliche Urteil nicht umsetzen wird; betroffene Unternehmer sollten Einspruch gegen nachteilige Umsatzsteuerbescheide einlegen mit Hinweis auf das EuGH-Urteil vom 15.09.2016.

3. Bonuszahlungen von Krankenversicherungen

Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms vom Steuerpflichtigen getragene Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, dann ist diese Erstattung nicht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen zu verrechnen – dies hat der Bundesfinanzhof am 01.06.2016 entgegen der Ansicht des Bundesfinanzministeriums entschieden. Unklar ist aber weiterhin die steuerliche Behandlung bei der Erstattung von Pauschalen ohne konkreten Aufwand.

4. Selbst getragene Krankheitskosten mindern keine Sonderausgaben

Werden Krankheitskosten selber getragen, um eine Beitragsrückerstattung der privaten Krankenversicherung zu erhalten, sind die Sonderausgaben dennoch um die volle Beitragserstattung zu kürzen. Die Krankheitskosten können sich allenfalls als außergewöhnliche Belastung auswirken.

Gegen die aktuelle Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 25.01.2016 ist jedoch eine Revision anhängig (so dass geeignete Steuerfälle vorerst offen gehalten werden sollten).

5. Verbilligte Wohnungsüberlassung: Definition der ortsüblichen Mieten

Die Vermietung gilt als vollentgeltlich, wenn die Miete mindestens 66 % des ortsüblichen Mietniveaus beträgt; in diesen Fällen erhalten  Vermieter den vollen Werbungskostenabzug. Liegt die Miete darunter, sind die Kosten regelmäßig in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Fraglich ist, was die ortsübliche Miete beinhaltet. Der  Bundesfinanzhof hat am 10.05.2016 entschieden, dass die ortsübliche Miete die Bruttomiete darstellt, d.h. die Kaltmiete zzgl. der nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten.

6. Erbschaftsteuerreform

Bund und Länder haben Mitte September im Vermittlungsausschuss einen Kompromiss zur notwendigen Erbschaftsteuerreform gefunden. Nach der Zustimmung vom Bundestag und Bundesrat sollen die Neuregelungen bald in Kraft treten.

Bei der Erbschaftsteuerreform handelt es sich um ein umfangreiches Reformvorhaben, so dass wir die wesentlichen Punkte in einer Sonderinformation zusammenfassen werden; gerne können Sie diese – nach Fertigstellung – auf unserer Facebookseite oder Internetseite kostenfrei abrufen.

7. Investitionsabzugsbetrag

Der Investitionsabzugsbetrag ist immer wieder Gegenstand der Rechtsprechung und Streitigkeiten mit dem Finanzamt. Der Bundesfinanzhof hat nunmehr in zwei aktuellen Urteilen (10.03. und 23.03.2016) zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden, dass ein Investitionsabzugsbetrag auch gebildet werden darf, wenn feststeht, dass der Betrieb unentgeltlich übertragen werden soll.

Darüber hinaus kann der Investitionsabzugsbetrag auch zur Kompensation eines Mehrergebnisses von Betriebsprüfungen eingesetzt werden. Dieses widerspricht ausdrücklich der bisherigen Ansicht der Finanzverwaltung.

8. Mindestlohn auch für Bereitschaftszeiten

Der gesetzliche Mindestlohn ist für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen, zu dieser vergütungspflichtigen Arbeitszeit rechnen auch Bereitschaftszeiten. Das Bundesarbeitsgericht hat aber klargemacht, dass der Bereitschaftsdienst nicht gesondert vergütet werden muss. Beachten Sie auch die Anhebung des Mindestlohns zum 01.01.2017 auf 8,84 €/Stunde.

9. Verlagerung von Ausgaben im Privatbereich zur Steuerminderung 2016

Je nach persönlichen Verhältnissen kann es sinnvoll sein, Ausgaben noch in 2016 oder aber erst in 2017 zu tätigen und somit steuerlich geltend zu machen.

Dieses betrifft beispielsweise folgende Bereiche:

a) Sonderausgaben (z.B. Spenden) und außergewöhnliche Belastungen (z.B. Krankheitskosten, Sehhilfe etc.)

Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Zahlung, sofern es sich nicht um regelmäßig wiederkehrende Zahlungen handelt. Bei außergewöhnlichen Belastungen sollte aber die steuerliche zumutbare Eigenbelastung im Blick gehalten werden; eventuell ist es sinnvoll, größere Hilfsmittel (Brille, Zahnersatz oder ähnliches) in einem Jahr geballt zu bezahlen.

b) Handwerkerleistungen

Ist der Höchstbetrag bei Handwerkerleistungen (20 % der Lohnkosten, maximal 1.200,-€) bereits in 2016 erreicht, so sollten Rechnungen nach Möglichkeit erst 2017 beglichen werden – natürlich nach Rücksprache mit dem Handwerker.

c) Riester- und Rürup-Renten

Zur Steueroptimierung und zur Aufstockung der Altersvorsorge kann es sinnvoll sein, zusätzliche Einzahlungen in Riester- und Rürup-Policen zu tätigen. Eine allgemein gültige Empfehlung pro oder kontra kann es nicht geben, neben der steuerlichen ist vor allen Dingen die Versorgungssituation im Alter maßgeblich.

Tipp: Freiwillig oder privat Krankenversicherte können anstelle oder neben der Sonderzahlung in Altersvorsorgeverträge auch über eine Beitragsvorauszahlung in die Krankenversicherung nachdenken, die neben einer Vorziehung der Sonderausgaben im Regelfall auch einen Beitragsrabatt beinhaltet.

10. Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärung

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens wurden u.a. die Steuererklärungsfristen verlängert; dieses betrifft aber nicht die Steuererklärung 2016, sondern erst einmal Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2017 beginnen.

Auch die Belegvorhaltepflicht, die durch das zuvor genannte Gesetz eingeführt wird, gilt 2016 noch nicht; hier greift noch die bisherige Belegvorlagepflicht.

Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Manipulation von Registrierkassen

Die Bundesregierung will die Steuerhinterziehung durch manipulierte Kassenaufzeichnungen weiterhin bekämpfen. Demzufolge liegt nun ein Gesetzesentwurf vor, wonach elektronische Registrierkassen künftig über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen müssen. Darüber hinaus wird als neues Instrument eine sogenannte Kassennachschau eingeführt, wonach der Amtsträger ohne vorherige Ankündigung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung überprüfen darf.

In einer aktuellen Stellungnahme hat der Bundesrat die Gesetzesinitiative zwar begrüßt, hinsichtlich der Ausgestaltung aber nicht mit Kritik gespart. Auch da es weitläufige Übergangsfristen bis 2020 bzw. 2022 gibt, sollte das Gesetzgebungsverfahren weiterhin im Auge behalten werden.

Hinweis: Zu beachten ist aber eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2016, die durch diesen Gesetzesentwurf nicht verlängert wird: Kassensysteme, die keine Einzelaufzeichnung und keine Datenexportmöglichkeit haben, dürfen grundsätzlich nur bis zu diesem Zeitpunkt  weiter verwendet werden.

Aufgrund der hohen Bedeutung und der Relevanz im Rahmen der Betriebsprüfung wird das Thema Kassenführung durch ein gesondertes Informationsschreiben von uns behandelt; Sie haben die Möglichkeit, dieses nach Fertigstellung im Downloadbereich der Homepage oder auf unserer Facebookseite kostenlos herunterzuladen.

Tipp: Wenn Sie unsere Facebookseite „liken“, werden Sie regelmäßig, sofern Sie Facebook-Teilnehmer sind, über unsere aktuellen Verlautbarungen und Veröffentlichungen unverbindlich informiert.

12. OLG Hamm präzisiert Aufklärungspflichten beim Verkauf von alten Häusern

Der Verkäufer eines Wohnhauses, dessen Keller im Jahre 1938 gebaut worden ist, muss einen Kaufinteressenten darüber aufklären, dass bei starken Regenfällen Wasser in den Keller eindringt. Das hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.07.2016 entschieden. Der Kläger hatte ein Wohnhaus mit Keller aus 1938 erworben. Farb- und Putzabplatzungen an den Wänden wiesen auf Feuchtigkeitsschäden hin. Bei Besichtigung des Kellers gab der Kläger zu verstehen, den Keller als Lagerraum nutzen zu wollen. Dass bei starken Regenfällen Wasser in den Keller eindringt, war jedoch nicht sichtbar und wurde dem Kläger von der Beklagten vor dem Abschluss des Kaufvertrages auch nicht mitgeteilt. Nach Aufdeckung des tatsächlichen Schadensausmaßes erhob der Kläger Vollstreckungsabwehrklage, um den Kaufpreis nicht zahlen zu müssen und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Trotz eines vereinbarten Gewährleistungsausschlusses hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass der Kläger zum Rücktritt berechtigt war. Auch bei älteren Häusern muss ein Erwerber nicht damit rechnen, dass Wasser eindringt, zumindest eine Nutzung als Lagerraum sei üblich. Die Verkäuferin habe verschwiegen, dass bei starken Regenfällen Wasser in den Keller eindringe. Darüber hatte die Verkäuferin den Käufer nicht zutreffend aufgeklärt.

13. Teilnahme an einem Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.11.2016, 10 A ZR 596/15 entschieden, dass ein durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer regelmäßig nicht verpflichtet ist, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.

Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers umfasst die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand, Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind. Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit jedoch seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen die Anwesenheit des Arbeitnehmers unverzichtbar und dieser zum Erscheinen gesundheitlich in der Lage ist. Mit dem Urteil wurde der Klage des Arbeitnehmers auf Entfernung einer entsprechenden Abmahnung aus der Personalakte stattgegeben.