Wiederholen eines gestohlenen Rucksacks

Von Rechtsanwalt/Steuerberater/vereidigter Buchprüfer G.-B. Sprißler veröffentlicht in der Recklinghäuser Zeitung

Liegt ein Berufsunfall vor?

Die Frage, ob ein beruflich oder ein privat veranlasster Unfall vorliegt, ist für die Beteiligten von großer Bedeutung. Bei ersterem können sie besondere, ggfls. auch lebenslange Rentenansprüche, aber auch Rehabilitationsmaßnahmen geltend machen.

Häufig ist aber streitig, ob überhaupt ein derartiger mit der beruflichen Sphäre zusammenhängender Unfall vorliegt. Einen etwas kuriosen Fall hatte jetzt das Sozialgericht Gelsenkirchen zu beurteilen.

Ein Busfahrer hatte seine Arbeitstasche, die er neben den Fahrersitz gelegt hatte, vermisst. Sie war ihm gestohlen worden. Der Dieb war weggerannt und hatte die Tasche in einen Vorgarten geworfen. Daraufhin verließ der Fahrer den Bus, um die Tasche wiederzuholen. Hierzu musste er von einer ca. 2 Meter hohen Mauer in den Vorgarten springen. Nach dem Aufprall auf der Erde verletzte er sich am linken Kniegelenk und Fuß. Er begehrte die Anerkennung dieses Unfalls als Berufsunfall. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag aber ab.

Das daraufhin angerufene Sozialgericht Gelsenkirchen stellte darauf ab, ob ein innerer Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre vorlag. Für das Gericht war entscheidend, aus welchem Grund der Busfahrer die Tasche wiederhaben wollte. Dieser hatte angegeben, dass er die Tasche wiederholen wollte, um die Dokumente zur Ausführung seiner Tätigkeit als Busfahrer wiederzuerlangen. Außerdem hatte er den Bus nur ganz kurze Zeit verlassen, weil der Vorgarten sehr nahe am stehenden Bus gelegen war. Die Tätigkeit wurde auch nur ganz kurze Zeit unterbrochen. Aus diesen Gründen sah das Gericht eine innere Verknüpfung mit der beruflichen Sphäre und erkannte einen Arbeitsunfall an. Wäre der Fahrer ausgestiegen, um sein privates Eigentum wiederzuerlangen, wäre die Entscheidung sicherlich anders ausgefallen. Eine sogenannte eigenwirtschaftliche Verrichtung des Klägers führt dazu, dass die berufliche Sphäre nicht mehr tangiert ist und ein Arbeitsunfall nicht mehr anzuerkennen ist.

Allerdings ist das Urteil aufgrund einer Berufung noch nicht rechtskräftig; das Landessozialgericht Essen muss eine eigene Entscheidung treffen.

Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.10.2014, S 37 U 238/13, nicht rechtskräftig; Berufung beim Landessozialgericht Essen, L 17 U 735/14