Mandanten-Information II. Quartal 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,
in gewohnter Weise fassen wir die aktuellen Neuerungen, insbesondere aus dem Steuerrecht, nachfolgend zusammen:

I. Energiepreispauschale (EPP)

a) Für Studierende und Fachschüler
Seit dem 15.03.2023 kann die EPP i.H.v. 200,- € über ein gesondertes Portal beantragt werden; sie wird weder bei den Sozialleistungen noch bei den Sozialversicherungsbeiträgen berücksichtigt.

b) EPP für Rentner
Die Einmalzahlung von EPP an Rentner unterliegt der Einkommensteuer; obgleich diese im Jahr 2022 zugeflossen ist, muss diese erst im Jahr 2023 versteuert werden – der Hintergrund ist kurios: Der zeitliche Vorlauf war für die Behörden zu knapp, um in den Formularen für die Einkommensteuererklärung ein entsprechendes Feld vorzusehen.

II. Überlassung eines Handys/Smartphones an Arbeitnehmer

Die private Nutzung betrieblicher Handys durch den Arbeitnehmer ist unabhängig vom privaten Nutzungsanteil steuerfrei. Diese Steuerfreiheit umfasst auch die Nutzung von Zubehör, Software und Verbindungsentgelte. Durch die Steuerbefreiung ergibt sich eine Sozialversicherungsbefreiung. Profitieren können alle Arbeitnehmer, also auch Minijobber. Diese können ein Smartphone erhalten ohne Anrechnung auf die 520,- €-Grenze.

Vorsicht: Voraussetzung für die Abgabenfreiheit ist, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Gerät überlässt, das Eigentum also beim Arbeitgeber liegen muss.

III. Steuerklassenwahl

Die einbehaltenen Lohnsteuerbeträge stellen grundsätzlich nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld dar. Die einbehaltene Lohnsteuer sagt demnach nichts aus über die Höhe der endgültigen Jahressteuerschuld. Demnach ist es unbeachtlich für die Höhe der Jahressteuerschuld, ob Ehegatten die Kombination 4/4 oder 3/5 oder 5/3 haben; Auswirkung hat jedoch die Steuerklasse auf Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Elterngeld etc.: je höher das Nettogehalt ist, umso höher sind die Lohnersatzleistungen.

IV. 49-Euro-Ticket

Seit dem 01.05.2023 gilt das von der Bundesregierung eingeführte 49-Euro-Ticket bzw. Deutschland Ticket, womit alle Personen deutschlandweit in allen Verkehrsmitteln im Nahverkehr reisen können. Das Ticket gilt nicht in Fernverkehrszügen und ist nicht übertragbar.

Das 49-Euro-Ticket hat keine Auswirkung auf den Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; anstelle der Entfernungspauschale kann der Arbeitnehmer auch die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte steuerlich geltend machen, wenn diese zu einem höheren Abzug führen. Dieses dürfte aufgrund des geringen Preises für das 49-Euro-Ticket eher die Ausnahme sein.

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Zuschuss zum 49-Euro-Ticket leistet zum zusätzlich ohnehin geschuldeten Gehalt, ist dieser Zuschuss steuer- und sozialversicherungsbeitragsfrei. Diese Begünstigung gilt sowohl für Voll- und Teilzeitkräfte und für Minijobber. Der Zuschuss des Arbeitgebers mindert die beim Arbeitnehmer abzugsfähige Entfernungspauschale.

Statt der Kostenerstattung kann der Arbeitgeber das 49-Euro-Tickert erwerben und es dem Arbeitnehmer als Jobticket verbilligt oder kostenlos überlassen. Da das Jobticket nur den Nahverkehr umfasst, ist die verbilligte oder kostenlose Überlassung steuer- oder abgabenfrei. Auch hier muss der Arbeitnehmer das Ticket zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erhalten. Das Jobticket bleibt selbst dann abgabenfrei, wenn es ausschließlich für private Fahrten genutzt wird.

Dritte Möglichkeit ist die Gehaltsumwandlung: der Arbeitnehmer verzichtet auf bis zu 49,- € seines Gehaltes und erhält dafür das Jobticket. Diese Gehaltsumwandlung ist nicht abgabenfrei, der Arbeitgeber kann jedoch die Lohnsteuer mit 25 % pauschal zahlen, anstatt über die Lohnsteuerklasse. Wenn die pauschale Versteuerung gewählt wird, ist die Umwandlung sozialversicherungsfrei.
Vorteil für den Arbeitnehmer: Die Entfernungspauschale bleibt ungekürzt bestehen.

V. Inflationsausgleichsprämie – Streitfragen

1. Überstunden
Die Inflationsausgleichsprämie kann einem Arbeitnehmer bis Ende 2024 zu einem Höchstbetrag von 3.000,- € steuer- und beitragsfrei gezahlt werden, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt. In der Praxis kommt die Frage auf, ob Überstunden durch diese Prämie abgegolten werden können. Variante 1: Erhält der Arbeitnehmer nur einen Freizeitausgleich oder sind Überstunden mit dem Gehalt bereits abgegolten, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Vergütung der Überstunden; nur in diesem Fall darf der Arbeitgeber die Überstunden kürzen und anstelle des Freizeitausgleichs eine steuer- und beitragsfreie Inflationsausgleichsprämie gewähren. Abwandlung: Hat der Arbeitnehmer – wie üblich – Anspruch auf zusätzliche Vergütung bzw. Abgeltung seiner Überstunden, können diese zu vergütenden Überstunden nicht mittels der Prämie abgegolten werden.

2. Weihnachtsgeld
Gleiches gilt für freiwillige Sonderzahlungen wie beispielsweise Weihnachtsgeld: Sind diese Ansprüche noch nicht entstanden, kann auch diese Sonderzahlung, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt werden, in die steuerfreie Prämie umgewandelt werden. Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht jedoch beispielsweise bereits dann, wenn die Zahlung in den Vorjahren wiederholt stattgefunden hat. Beachte: es handelt sich um eine vergleichsweise neue Maßnahme zur Unterstützung der Bürger, die über die Lohn- und Gehaltsabrechnung und über die Arbeitgeber erledigt wird; besondere Gestaltungen, um Weihnachtsgelder oder Überstunden damit abzugelten, sollten nur in Ausnahmefällen angewandt werden. Es ist damit zu rechnen, dass genau dieses Thema bei zukünftigen Prüfungen intensiv geprüft wird.

3. Mehrfachbeschäftigung
Die Inflationsprämie ist eine arbeitgeberbezogene Steuerfreiheit, wo kein erstes Dienstverhältnis vorliegen muss. Insofern kann ein Arbeitnehmer mit mehreren Arbeitgebern den maximalen abgabenfreien Betrag i.H.v. 3.000,- € theoretisch mehrfach erhalten. Die Zahlungen unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt.

VI. Vorsteuerabzug durch das sogenannte Ehegatten-Vorschaltmodell

Der BFH hat jüngst ein besonderes Steuersparmodell insbesondere für Freiberufler wie Ärzte entschieden, denen normalerweise kein Vorsteuerabzug aus Investitionen zusteht. Kauft ein Arzt z.B. einen Pkw, so bezahlt er den Bruttokaufpreis, kann die Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Daher kam ein Steuerpflichtiger auf die Idee, dass sein Ehegatte den Pkw erwirkt und diesen – unter nachweislich fremdüblichen Konditionen – an den Ehegatten/Arzt vermietet. Durch die Vermietung und Option zur Umsatzsteuer konnte der vermietende Ehegatte die Vorsteuer aus dem Pkw-Kauf ziehen, musste auf der anderen Seite die Umsatzsteuer auf die Mietraten abführen. Dieses Gestaltungsmodell mag im Einzelfall funktionieren, doch werden Gestaltungen unter Ehegatten erfahrungsgemäß sehr kritisch unter dem Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs geprüft.

VIII. Optionsmöglichkeit für Personenhandelsgesellschaften

Grundsätzlich hat die Personenhandelsgesellschaft die Möglichkeit, sich ab dem 01.01.2022 wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen. Die Regelungen sind sehr komplex und teilweise risikobehaftet, da Einzelfragen noch nicht geklärt sind. Diese Ansicht wird anscheinend vielfach geteilt, in ganz Deutschland gibt es bisher 150 Optionsanträge zur neuen Besteuerung. Insofern raten wir weiterhin von dieser Option ab, bis die Finanzverwaltung die Anwendung der Einzelheiten zweifelsfrei geklärt hat.

IX. Grundsteuererklärung

Die Finanzämter versenden jetzt regelmäßig Grundsteuer- und Messbetragsbescheide. Wir legen Einspruch ein unter Hinweis auf wahrscheinliche Verfassungswidrigkeit. Ein Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Prof. Kirchhof legt mehrere Verstößen nahe.

Verfahrensmäßig ist die Hoffnung, dass neben den bereits bekannten Finanzgerichtsverfahren weitere, insbesondere in Nordrhein-Westfalen anhängig werden und die Finanzverwaltung einerseits entweder das Ruhen der eingelegten Einspruchsverfahren akzeptiert, oder aber generell alle Bescheide mit einem Vorläufigkeitsvermerk versieht.

X. Veräußerungsgewinn aus Kryptowährung

Erzielt ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf/Tausch von Kryptowährung Veräußerungsgewinne, sind diese als privates Veräußerungsgeschäft zu versteuern. Gewinne bleiben aber steuerfrei, wenn der Gesamtgewinn im Jahr weniger als 600,- EUR beträgt. Auch der Tausch in andere Währungen gilt als Verkauf.

XI. Immobilienrecht

Energetische Sanierung von Immobilien mit Nießbrauchrechten
Gemäß § 35c EStG werden seit dem 01.01.2020 bestimmte energetische Maßnahmen an Eigenheimen steuerlich gefördert. Begünstigt sind Eigentümer oder Miteigentümer eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten eigenen Gebäudes. Nießbraucher oder Inhaber eines Wohnrechts können die Förderung nicht in Anspruch nehmen, da sie nicht Eigentümer sind. Eigentümer ihrerseits können die Steuerermäßigung jedoch nicht erhalten, weil das Gebäude nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, sondern vom Nießbraucher oder Wohnrechtsinhaber. Das ist bisher Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Bei der Übertragung von Immobilien gegen Nießbrauch oder Wohnrecht sollte daher vorher darüber nachgedacht werden, ob noch eine energetische Sanierung ansteht, für die eine steuerliche Förderung in Anspruch genommen werden soll.

XII. Modernisierung des Gesellschaftsrechts

Bereits in 2021 wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach das Recht der GbR grundlegend geändert wurde. Praktische Auswirkungen werden sich insbesondere dadurch ergeben, dass der Regelfall eine eingetragene GbR sein soll und nur vermögenslose Innengesellschaften als GbR ohne Eintragung existieren sollen. Hierzu wird ein neues Gesellschaftsregister für GbRs eingeführt. Es besteht zwar kein Eintragungszwang, insbesondere aber Veränderungen in anderen Registern erfordern dann eine Erfassung im neuen Gesellschaftsregister (für die GbRs). Namentlich also Grundstücks GbRs, die beispielsweise Grundschulden eintragen lassen wollen, sind faktisch gezwungen zu einer Eintragung. Ähnliches gilt, wenn eine GbR beispielsweise GmbH-Anteile hält.

Weiterhin dürfen betroffen sein die Freiberuflergesellschaften (wegen vorhandenem Vermögen). Hier wird allerdings wohl zunächst der indirekte Zwang nicht sofort greifen. Die Auswirkungen auf das Steuerrecht sind noch völlig unklar. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollten sich keine Änderungen ergeben, die Finanzverwaltung hat allerdings in einem ersten Verwaltungsschreiben schon ganz andere Überlegungen anklingen lassen. Was davon dann tatsächlich in konkrete Verwaltungsvorschriften umgesetzt wird, ist derzeit noch völlig offen.

XIII. Überprüfung der Kasse

Daten, die mit Hilfe einer elektronischen Aufzeichnung in der Kasse erfasst werden, sind ab dem 01.01.2020 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen; diese Daten sind der Finanzverwaltung anlässlich einer Außenprüfung oder einer – unangekündigten – Kassennachschau über eine einheitliche digitale Schnittstelle zur Verfügung zu stellen. Im Idealfall scannt der Betriebsprüfer den auf dem Kassenbon platzierten QR-Code und kann so eine Kassennachschau binnen Minuten durchführen. Nur wenn dort Widersprüche auffallen, folgen in der Regel weitere Schritte. Der Kaufmann ist nicht verpflichtet, eine elektronische Kasse zu führen; sollte er dieses tun, muss er eine sogenannte TSE-Schnittstelle vorhalten. Kaufleute, die keine elektronische Ladenkasse haben oder von einer bisher elektronischen auf eine manuelle umstellen, um diese TSE-Schnittstelle zu vermeiden, sollen laut Mitteilung der Finanzverwaltung zunehmend in den Fokus gelangen.

Empfehlung: Aufgrund der Möglichkeit einer unangekündigten und unangemeldeten Kassennachschau sollten entsprechende Unterlagen für die Prüfung vorab zusammengestellt und stets bereitgehalten werden, um Stress und Weiterungen zu vermeiden.

Hierzu gehört bei der elektronischen Registrierkasse

  • Betriebs- und Programmieranleitung
  • Kontaktdaten Kassenhersteller
  • Einrichtungs- und Programmierprotokolle
  • Verfahrensdokumentation.

Eine Musterverfahrensdokumentation nur für den Teilbereich Kasse finden Sie auch im Servicebereich unserer Homepage. Neben diesen Besonderheiten, die im Rahmen einer elektronischen Kassenführung besonders berücksichtigt werden müssen, gelten die üblichen Grundsätze, wie die Verpflichtung zur täglichen Kassenzählung und die Aufzeichnungspflicht gesondert weiter; auch diese werden im Rahmen einer Kassennachschau regelmäßig überprüft.