Formalien einhalten

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 26.03.2010

Gemischt genutzte Mehrfamilienhäuser und Aufteilung des Kaufpreises – Zahlungsfluss entscheidet über Steuer

Wer die ihm gehörenden Immobilien auf Kinder übertragen will, kann dies grundsätzlich entgeltlich, unentgeltlich oder auch teilweise entgeltlich machen. Wenn auf einer Immobilie noch Schulden lasten, so liegt bei einer Schenkung in Höhe der von den Beschenkten zu übernehmenden Darlehen gedanklich ein Kaufpreisanteil vor.

Ist eine Immobilie mit mehreren Wohnungen teilweise selbstgenutzt, teilweise vermietet, und liegt der Verkehrswert deutlich höher als die mit übernommenen Darlehen, ist es natürlich nahe liegend, dass bei einer Übertragung die Darlehen dem vermieteten Teil zuzuordnen sind. Soweit nämlich Zinsen auf solche Wohnungen entfallen, für die Mieteinnahmen erzielt werden, können die Zinsen nach der Übertragung voll abgezogen werden. Schuldzinsen für die selbstgenutzte Wohnung sind hingegen nicht abzugsfähig.

Zu einer derartigen Fallgestaltung musste der Bundesfinanzhof kürzlich seine Meinung äußern.

Die Eltern hatten ein Mehrfamilienhaus auf ihr Kind gegen Zahlung eines Kaufpreises übertragen. Das Haus war vorher in Eigentumswohnungen aufgeteilt worden. Der vereinbarte Kaufpreis für die vermieteten Wohnungen entsprach dem Verkehrswert. Für die selbstgenutzten zwei Wohnungen wurde jedoch ein erheblich niedrigerer Kaufpreis vereinbart, so dass hier eine teilentgeltliche Übertragung vorlag. Die Gesamtwohnfläche entfiel zu etwas mehr als die Hälfte auf die beiden selbstgenutzten Wohnungen.

Der Sohn hatte getrennte Darlehen aufgenommen, und zwar einerseits für die vermieteten Immobilien und andererseits zur Bezahlung des Kaufpreises der selbstgenutzten Wohnungen. Die Darlehensvaluten waren allerdings gleichzeitig auf ein einheitliches Girokonto ausgezahlt worden und von dort in einer Summe an die Eltern bezahlt worden.

Das Finanzamt wollte die Schuldzinsen auch für die Vermietungsdarlehen nur zum Teil anerkennen. Den Aufteilungsmaßstab ermittelte es anhand der Nutzflächen, so dass letztlich nur knapp die Hälfte der Schuldzinsen abzugsfähig war.

Im Endergebnis konnten die Steuerpflichtigen allerdings rund 2/3 der Zinsen geltend machen. Aus der Sicht des obersten Finanzgerichts waren zur Beurteilung des Sachverhalts zwei Fragen zu beantworten. Zunächst ging es um die Frage, ob die Schuldzinsen für die vermieteten Wohnungen schon deswegen abzugsfähig waren, weil die entsprechenden Darlehen den vermieteten Wohnungen zugeordnet werden konnten. Dies hätte aber vorausgesetzt, dass ein ununterbrochener Zahlungsfluss von der Darlehensauszahlung über die Bezahlung der vermieteten Wohnung vorgelegen hätte. Der Kläger hatte hier allerdings den Fehler begangen, die Darlehen auf ein einheitliches Girokonto zu überweisen und den Gesamtkaufpreis an die Eltern in einer Summe zu bezahlen. Der erforderliche „Verursachungszusammenhang“ war dadurch unterbrochen. Hätte man beispielsweise die Darlehen für die vermieteten Wohnungen auf ein separates Girokonto überwiesen und von dort aus den Kaufpreis getrennt für jede einzelne Wohnung separat überwiesen, hätte die Entscheidung schon hier zu Gunsten der Steuerpflichtigen ausfallen müssen.

Da die Steuerpflichtigen sich die Sache zu einfach gemacht hatten, musste das Gericht weiter prüfen. Jetzt ging es um den Maßstab, nachdem die gesamten Darlehen auf den selbstgenutzten und auf den vermieteten Teil aufgeteilt werden sollten. Das Finanzamt hatte sich an dem Verhältnis der Nutzflächen orientiert.

Der Bundesfinanzhof sah dies allerdings anders. Es ist den Steuerpflichtigen unbenommen, einen Teil des Vermögens entgeltlich und einen anderen Teil unentgeltlich zu übertragen. Bei einer Teilentgeltlichkeit bestimmt sich aber der Maßstab nach dem Verhältnis zwischen den Kaufpreisen für die selbstgenutzten Immobilienteile einerseits bzw. dem Entgelt für die vermieteten Teile andererseits. Da dies 1/3 zu 2/3 betrug, konnte der Kläger auch rund 2/3 der Schuldzinsen abziehen.

Das Urteil zeigte erneut, dass häufig die Einhaltung von Formalien Nachteile vermeiden hilft.

(Urteil des Bundesfinanzhofes vom 01.04.2009, IX R 35/08)
Stand April 2010
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