Mandanten-Info II. Quartal 2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

trotz der bereits sommerlichen Temperaturen wollen wir auch in diesem Frühjahr die aktuelle Entwicklung aus Gesetzgebung und Rechtsprechung in kurzen Punkten darstellen:

1.   Erleichterungen bei Riester-Verträgen

Steuerpflichtige, die aus Unkenntnis keine oder zu wenig Beiträge in ihre Riester-Verträge gezahlt haben, hatten bislang grundsätzlich keinen vollen Anspruch auf eine Förderung. In rund 1,5 Mio. Fällen wurden diese zu Unrecht erhaltenen Förderungen nunmehr von den Sparern zurückgefordert. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass Sparer, die unwissentlich keine Beiträge gezahlt haben, diese binnen zwei Jahren nachzahlen können. Um diese Probleme zukünftig zu vermeiden, müssen ab dem Jahr 2012 alle Riester-Sparer einen Eigenbetrag von mindestens 60,00 € zahlen, um die volle Zulage zu erhalten. Dies gilt auch für nicht berufstätige Ehepartner bzw. für Unternehmer, die den Förderanspruch bisher ohne eigene Beiträge erhalten hatten (sog. reine Zulagenverträge).

Tipp:    Durch den vollen steuerlichen Sonderausgabenabzug und die Pfändungsfreiheit eignen sich Riester-Verträge als sogenannte Basis-Versorgung zur Altersvorsorge. Auch Minijobber können bei entsprechender Gestaltung von den Vorteilen profitieren.

2.   Frist bei Rürup-Verträgen bis 30.06.2011

Mit einem Rürup-Vertrag lassen sich Steuern sparen: die Vorteile gibt es aber nur, wenn die Verträge bestimmte Voraussetzungen erfüllen, was bisher nicht alle Verträge getan haben. Kunden, die ihre (fehlerhaften) Verträge vor 2010 abgeschlossen haben, müssen nun bis zum 30.06.2011 geänderte Verträge unterschreiben, ansonsten müssten die bislang gewährten Steuervorteile zurückgezahlt werden. Alle Kunden, die von dieser notwendigen Vertragsanpassung betroffen sind, sind von der Versicherung angeschrieben worden.

3.   Ungenaue Rechnungsangaben gefährden den Vorsteuerabzug

Unternehmer, die Leistungen für ihr Unternehmen beziehen, erhalten die gezahlte Vorsteuer von der Finanzverwaltung nur erstattet, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Nach einem aktuellen Urteil sind allgemein gehaltene Formulierungen in einer Rechnung wegen mangelhafter Leistungsbeschreibung nicht ausreichend für einen Vorsteuerabzug. Die Angaben in der Rechnung müssen dazu dienen, die abgerechnete Leistung zu überprüfen und zu identifizieren. Gefährlich ist, wenn in der Rechnung nur auf eine mündliche Vereinbarung Bezug genommen wird, die Leistungsbeschreibung als technische Beratung, Beratungsleistung oder ähnliches bezeichnet wird, einer Abrechnung von Bauarbeiten nicht ansatzweise zu entnehmen ist, wann und wo sie ausgeführt wurden und um welche Arbeiten es sich handelt etc..

Tipp:    Im Rahmen von Betriebsprüfungen wird die Einhaltung von Formalien insbesondere beim Vorsteuerabzug kritisch überprüft. Um den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden, sollten Sie als Unternehmer auf einer ordnungsgemäßen Rechnung bestehen. Bei Zweifelsfragen rufen Sie uns bitte an, Muster können Sie auch unserer Homepage entnehmen.

4.   Verschärfte Regeln für eine strafbefreiende Selbstanzeige

Das vom Bundestag beschlossene Schwarzgeldbekämpfungsgesetz beinhaltet eine Reihe von erheblichen Verschärfungen bzgl. der strafbefreienden Selbstanzeige, die es zukünftig zu beachten gilt. Eine unvollständige Selbstanzeige ist zukünftig nicht wirksam und führt daher nicht zur Straffreiheit. Straffreiheit ist ferner ab dem Zeitpunkt ausgeschlossen, ab dem Entdeckung droht: dies ist bereits der Fall, wenn eine Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde, und nicht mehr, wenn – wie bisher – der Prüfer tatsächlich erscheint. Darüber hinaus soll die strafbefreiende Wirkung auf Hinterziehungsbeträge von bis zu 50.000,00 € begrenzt werden. Übersteigt der Hinterziehungsbetrag je Steuerart und Besteuerungszeitraum 50.000,00 €, tritt für die sogenannten schweren Fälle der Steuerhinterziehung grundsätzlich keine Straffreiheit ein; von einer Strafverfolgung wird nur abgesehen, wenn eine Zahlung in Höhe von 5 % der verkürzten Steuer geleistet wird.

5.   Gestaltung bei Fahrten zur Arbeit mit dem Firmenwagen

Wird der dem Arbeitnehmer überlassene Firmenwagen auch privat genutzt, ist die Privatnutzung grundsätzlich nach der 1 %-Regelung zu versteuern. Nutzt der Arbeitnehmer den Pkw auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sind zusätzlich 0,03 % vom Bruttolistenneupreis pro Entfernungskilometer und Monat zu versteuern. Wird der Wagen jedoch nur gelegentlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, ist eine Einzelbewertung mit 0,002 % je Entfernungskilometer pro Tag vorzunehmen. Diese Einzelbewertung ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber monatlich schriftlich erklärt, an welchen konkreten Tagen er den Firmenwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat. Der Arbeitgeber muss die Erklärung zu seinem Lohnkonto nehmen.

Tipp:    Sollte der Arbeitgeber nach wie vor die 0,03 %-Regelung aus Vereinfachungsgründen anwenden, kann der Arbeitnehmer im Rahmen seiner eigenen Steuererklärung anhand geeigneter Mittel darlegen, an welchen Tagen er das Kfz benutzt und zur günstigeren Besteuerung wechseln.

6.   Benzingutscheine steuerlich wieder möglich

Die 44,00 €-Freigrenze pro Monat je Arbeitnehmer kommt zur Anwendung, wenn der Beschäftigte eine Sachzuwendung und keinen Barlohn erhält. Bisher war schädlich, wenn der Arbeitnehmer einen Benzingutschein beispielsweise über 40,00 € oder eine Tankkarte erhalten hat. Die äußerst restriktive Anforderung der Finanzverwaltung wurde durch aktuelle Urteile des Bundesfinanzhofs widerlegt. Sachbezüge liegen entgegen der bisherigen Verwaltungsanweisungen vor, wenn dem Arbeitnehmer ein Benzingutschein übergeben wird in Höhe von beispielsweise 25 Liter Kraftstoff, höchstens über 44,00 €. Die Reaktion der Finanzverwaltung bzw. des Gesetzgebers auf diese großzügigen Urteile sollte allerdings vor voreiligen Gestaltungen abgewartet werden.

7.   Erhöhung des Pkw-Eigenverbrauchs durch Gasanlage

Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung von betrieblichen Kfz bemisst sich nach dem inländischen Bruttolistenneupreis zum Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderaustattung. Sonderausstattungen in diesem Sinne sind nur werkseitig eingebaute Ausstattungen zum Zeitpunkt der Erstzulassung; nicht dazu gehören nachträglich eingebaute Flüssiggasanlagen, so hat es der BFH kürzlich entschieden.

8.   Fahrtkostenerstattung für Dienstfahrten

In allen Bundesländern können öffentliche Arbeitgeber den Arbeitnehmern für die dienstliche Nutzung privater Pkw ohne Nachweis der tatsächlich entstandenen Fahrtkosten pauschal 0,35 € pro gefahrenem Kilometer erstatten; in der Privatwirtschaft beschäftigte Arbeitnehmer können in vergleichbaren Fällen nur 0,30 € je gefahrenem Kilometer erstattet bekommen. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung wurde von den Gerichten bislang verneint.

Tipp:    Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft können die tatsächlichen Kosten, sofern diese höher sind, vom Arbeitgeber erstattet bekommen. Hier muss auf Grundlage der ermittelten Gesamtkosten ein durchschnittlicher Kilometersatz für das Fahrzeug errechnet werden. Dieser Kilometersatz darf so lange angesetzt werden, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern.

9.   Informationsquelle der Finanzverwaltung

Die elektronische Arbeitsweise hat auch beim Fiskus Einzug gehalten; bereits jetzt werden an der zentralen Stelle wichtige Daten der Steuerpflichtigen gesammelt. Dies betrifft zum einen die elektronische Lohnsteuerbescheinigung, die durch den Arbeitgeber bis zum 28.02. des Folgejahres an die Finanzverwaltung übertragen wird. Gleiches gilt für die Daten aus Rürup- und Riester-Policen, für Rentenbezugsmitteilungen beispielsweise der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. Kapitalerträge der Banken. Seit April 2005 ist das sogenannte Kontenabrufverfahren in Kraft, bei dem die Finanzämter auf einen Datenpool zugreifen können, um Konten und Depots der Steuerpflichtigen herauszufinden. Seit 2009 müssen Banken bereits unentgeltliche Depotübertragungen gegenüber dem zuständigen Finanzamt mitteilen; die gleiche Anzeigepflicht gilt für Erbschaften. Bei Übertragung von Grundstücken oder Auflösung von Kapitalgesellschaften müssen Notare entsprechende Mitteilung an die Finanzverwaltung machen. Auch Träger bestimmter Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld, Mutterschafsgeld oder Elterngeld müssen die Leistungen elektronisch an die Finanzverwaltung übertragen. Ab dem Jahr 2012 müssen bilanzierende Unternehmen – nach jetzigem Stand – ihre Gewinnermittlungen und Bilanzen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz an die Finanzverwaltung übermitteln. Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in der EU und in wichtigen Drittstaaten werden über die Kapitalerträge entsprechende Kontrollmitteilungen gefertigt. Einige Länder verzichten jedoch auf Kontrollmitteilungen und setzen die Richtlinien durch Quellensteuerabzug um (beispielsweise Luxemburg, Österreich, Schweiz und Liechtenstein). Die Quellensteuer steigt jedoch zum 01.07.2011 von 20 auf 35 %.

Tipp:    Durch die zunehmenden Kontrollmöglichkeiten und Automatisierung wird die Finanzverwaltung fehlenden Angaben und Einkünften sehr schnell auf die Schliche kommen. Das Thema strafbefreiende Selbstanzeige (vgl. Punkt 4.) sollte daher zumindest im Bedarfsfall angedacht werden.

10. Werbungskostenabzug bei der Abgeltungsteuer

Seit Einführung der Abgeltungsteuer können Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Kapitaleinlagen stehen (beispielsweise Zinsen), steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden.

Tipp:    Hiergegen sind entsprechende Verfahren anhängig, so dass bei größeren Werbungskosten Einspruch eingelegt werden sollte.

11. Steuerwirksame Zahlungen in Instandsetzungsrücklagen

Zahlungen in eine Instandsetzungsrücklage z. B. bei WEG sind grundsätzlich nicht sofort abzugsfähige Betriebsausgaben oder Werbungskosten; erst bei Verausgabung, also Zahlung aus der Rücklage, entstehen abzugsfähige Aufwendungen. Dies wurde lange Zeit diskutiert, jedoch kürzlich gerichtlich bestätigt.

12. Strittigkeit der Nebenkostenabrechnung

Bei Wohnraummieten ist gesetzlich festgelegt, dass der Vermieter dem Mieter die Abrechnung über die Nebenkosten spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraumes vorzulegen hat. Nach einer aktuellen Auffassung des Bundesgerichtshofes gilt diese gesetzliche Regelung jedoch nicht für Gewerberäume. Der Pächter muss auch nach mehr als 12 Monaten davon ausgehen, dass der Verpächter die bisher unterlassene Nebenkostenabrechnung nachholen kann.

13. Haushaltsnahe Dienstleistungen

Ein Finanzgericht hat entschieden, dass die Müllabfuhr keine haushaltsnahe Dienstleistung erbringt, so dass die Gebühren insoweit steuerlich nicht zu berücksichtigen sind, da die Leistungen nicht im Haushalt erbracht werden. Die Pflege und Versorgung von Haustieren, namentlich Hund und Katze, können jedoch als haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich abgesetzt werden.

14. Kinderbetreuungskosten bei nicht verheirateten Eltern

Kinderbetreuungskosten können nur von demjenigen abgezogen werden, der sie getragen hat. Bei zusammen lebenden, nicht verheirateten Eltern sollte daher der Elternteil den Vertrag mit der Kindertagesstätte abschließen und das Entgelt von seinem Konto zahlen, der die Kinderbetreuungskosten steuerlich berücksichtigt haben möchte.

15. Risikomanagementsystem (RMS) der Finanzverwaltung

Auf Grund der oft thematisierten Arbeitsüberlastung in den Finanzbehörden wurde im Oktober 2010 ein sogenanntes Risikomanagementsystem eingeführt; die Prüfintensität der eingereichten Steuererklärungen und Unterlagen richtet sich zukünftig nach einem mit Hilfe eines Computerprogramms abgearbeiteten Fragenkatalog, der die Steuererklärungen auf das Steuerrisiko hin automatisch überprüft. Bei risikoarmen Fällen soll sofort ein Steuerbescheid maschinell erlassen werden, bei Fällen mit mittlerem und hohem Risiko steigt die Prüfungsintensität an. Ausschlaggebend für die automatisierte Einstufung sind unter anderem das (pünktliche) Abgabe- und Zahlverhalten, die steuerliche Beratung, Beanstandungen und Abschlusszahlungen in den Vorjahren, steuerstrafrechtliche Erkenntnisse, Branchenzugehörigkeit etc..

Tipp:    Wer Steuererklärungen und –voranmeldungen in der Vergangenheit verspätet oder gar nicht abgegeben hat und Zahlungen verspätet leistet, wird zukünftig intensiv geprüft. Daher sollte man sich genau an die Fristen und Formvorschriften halten.

Scheuen Sie sich nicht, bei Rückfragen uns anzurufen.

Stand Juni 2011

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