Mandanten-Information I.Quartal 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgend die aktuellen Neuerungen aus Finanzverwaltung und Rechtsprechung.

1. Flexi-Rente

Die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner werden sich deutlich ändern durch die sogenannte Flexi-Rente, die ab dem 01.07.2017 gilt. Zukünftig können Rentner vor Erreichen der Regelaltersgrenze 6.300,- € im Jahr anrechnungsfrei hinzuverdienen. Ein über diesen Betrag hinausgehender Verdienst wird zu 40 % auf die Rente angerechnet. Liegt die Summe aus gekürzter Rente und dem Hinzuverdienst über dem sog. Hinzuverdienstdeckel, wird der darüber liegende Hinzuverdienst zu 100 % auf die verbliebene Teilrente angerechnet. Der Hinzuverdienstdeckel wird künftig auf den Rentenbescheiden angegeben. Beschäftigte, die eine Vollrente wegen Alters beziehen (sog. Altersvollrentner), waren bisher in der Rentenversicherung versicherungsfrei; künftig gilt das nur, wenn sie zusätzlich die Regelaltersrente erreicht haben. Details über die Neuregelung für normale Beschäftigungsverhältnisse und 450,- €-Jobs können Sie der nachfolgenden Tabelle entnehmen.

Rentenversicherung (RV) für Altersvollrentner

Altersvoll-
rentner

Vor Erreichen der Regelaltersgrenze

Nach Erreichen der Regelaltersgrenze

Bisher

Neu

Bisher

Neu

Generell

Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwartschaft

Arbeitnehmer:
RV-Pflicht, Erhöhung der Rentenanwartschaft

Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwart-schaft

Arbeitnehmer: RV-Freiheit; Verzicht möglich, dann Erhöhung der Anwartschaft

Arbeitgeber: Beitragspflicht

450-Euro-Job

Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwartschaft

Arbeitnehmer: RV-Pflicht, Erhöhung der Anwartschaft; Befreiung möglich, dann keine Erhöhung der Anwartschaft

Arbeitnehmer: RV-Freiheit, keine Erhöhung der Rentenanwart-schaft

Arbeitnehmer: RV-Freiheit; Verzicht möglich, dann Erhöhung der Anwartschaft

Arbeitgeber: pauschal 15 %

Besonderheiten für Minijobber:

a) Waren Altersvollrenter vor Erreichen der Regelaltersgrenze bereits im Jahr 2016 geringfügig beschäftigt, können sie auch weiterhin rentenversicherungsfrei bleiben oder durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Rentenversicherungsfreiheit mit Wirkung für die Zukunft verzichten; ein Verzicht auf die Versicherungsbefreiung kann jedoch nicht mehr erklärt werden, wenn der Minijobber bereits zuvor die Befreiung beantragt hat. Diese Befreiung bleibt dann für die gesamte Dauer des Minijobs unveränderbar bestehen.

b) Nehmen Altersvollrentner ab dem 01.01.2017 einen Minijob auf und haben die Regelaltersgrenze bereits erreicht, sind sie grundsätzlich rentenversicherungsfrei, sie können auf die Versicherungsfreiheit verzichten und weitere Anwartschaften erwerben; haben sie die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, besteht grundsätzlich eine Rentenversicherungspflicht – aber auch hier besteht die Befreiungsmöglichkeit.

2. Ordnungsgemäße Kassenführung

In Ergänzung zum letzten Mandanteninformation wurde nunmehr am 28.12.2016 das „Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen“ verkündet, welches bislang nur als Entwurf vorlag. Die maßgeblichen Änderungen führen wir nachfolgend auf:

a) Der Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht wurde gesetzlich festgeschrieben mit Wirkung ab dem 29.12.2016. Eine Ausnahme kann nur bestehen bei einem Verkauf von Waren an einer Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung.

b) Es wurde gesetzlich fixiert, dass Kasseneinnahmen und -ausgaben täglich festzuhalten sind.

c) Ab 2018 hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit einer sogenannten Kassennachschau; diese erfolgt grundsätzlich beim Steuerpflichtigen durch einen Amtsträger der Finanzbehörden ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Betriebsprüfung.

d) Elektronische Aufzeichnungssysteme müssen ab dem 01.01.2020 über sogenannte zertifizierte technische Sicherungseinrichtungen verfügen; welche Systeme dies sind, wird durch eine Rechtsverordnung noch festgelegt, die in 2017 bearbeitet werden soll.

e) Ab dem 01.01.2020 gibt es eine verpflichtende Belegausgabe bei elektronischen Aufzeichnungssystemen.

f) Steuerpflichtige, die elektronische Kassen haben, müssen die Art und Anzahl der im jeweiligen Unternehmen eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssysteme (Kassen) und der Sicherungseinrichtung der Finanzverwaltung mitteilen.

3.  Aufwendungen für ein Gartenfest mit Geschäftsfreunden

Betriebsausgaben für die Bewirtung und Unterhaltung von Geschäftsfreunden im Rahmen eines Gartenfestes fallen nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht zwingend unter das gesetzliche steuerliche Abzugsverbot. Im Streitfall hat eine Freiberuflerkanzlei sogenannte Herrenabende im Garten eines Gesellschafters veranstaltet, bei denen für bis 358 Gäste Kosten von über 20.000,- € anfielen. Das Finanzamt hat das Abzugsverbot bejaht, weil die Veranstaltung Eventcharakter hätte; der Bundesfinanzhof hielt dies nicht für ausreichend. Selbst wenn das Finanzgericht bei einer erneuten Überprüfung zu einer grundsätzlichen steuerlichen Anerkennung führt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, in welchem Umfang die Aufwendungen betrieblich veranlasst sind.

4. Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen

Die Finanzverwaltung hat das Anwendungsschreiben aus 2014 umfassend überarbeitet. Nach wie vor müssen Leistungen in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden; ausnahmsweise können jedoch auch Leistungen, die jenseit der Grundstücksgrenze erbracht werden, steuerlich berücksichtigt werden. Hierzu gehören u.a. der Winterdienst auf dem öffentlichen Gehweg vor dem eigenen Grundstück und Aufwendungen für einen Hausanschluss an das öffentliche Versorgungsnetz. Es wird zukünftig nicht mehr unterschieden zwischen „innerhalb und außerhalb des Grundstücks“, sondern nach „innerhalb und außerhalb des Haushalts“. Tätigkeiten, die außerhalb des Haushalts erbracht werden wie beispielsweise Grabpflegekosten, Aufwendungen für eine Tierpension, sind nicht begünstigt.
Die Prüfung der ordnungsgemäßen Funktion einer Anlage ist eine Handwerkerleistung wie z.B. die Dichtigkeitsprüfung von Abwasserleitungen, Kontrollmaßnahmen des TÜVs bei Fahrstühlen oder ähnliches. Nicht begünstigt sind gutachterliche Leistungen wie beispielsweise die Erstellung eines Energiepasses. Werden haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. Handwerkerleistungen über sogenannte Online-Portale vermittelt, kann diese Steuerermäßigung auch gewährt werden, selbst wenn die Zahlung nicht an den Leistungsempfänger, sondern an den Betreiber des Portals – per Überweisung – erfolgt.

5. Vermietungseinnahmen bei Entschädigung

Wird eine Einmalzahlung für die Überspannung eines selbst bewohnten Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt, handelt es sich nach Meinung eines Finanzgerichts um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Der Steuerpflichtige Ehepaar hat jedoch Revision eingelegt, so dass der Bundesfinanzhof entscheiden muss.

6. Kindergeld bei volljährigen Kindern

Für ein volljähriges Kind können Eltern auch dann Kindergeld erhalten, wenn das Kind noch keine 21 Jahre alt ist, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei der Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender gemeldet ist. Die Meldung ist selbst dann erforderlich, wenn das Kind arbeitsunfähig erkrankt ist.

7. Sachzuwendungen

Die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen an Arbeitnehmer oder Nichtarbeitnehmer können Unternehmer mit einem Pauschalsteuersatz von 30 % (zzgl. Annexsteuern) für den Zuwendungsempfänger übernehmen. Das Pauschalierungsrecht kann für Zuwendungen an Dritte oder an eigene Arbeitnehmer jeweils gesondert angewandt werden, im Pauschalierungskreis ist das Wahlrecht jedoch einheitlich auszuüben. Die Pauschalierung kann nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist widerrufen werden, so dass die Zahlungsempfänger Steuerschuldner wären.

8. Umsatzsteuerberichtigung bei Provisionsforderungen

Nach Ansicht des Finanzgerichts Niedersachsen kann eine Umsatzsteuerberichtigung im Zeitpunkt der Leistungserbringung für solche Provisionsraten erfolgen, deren Fälligkeit mehr als zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Leistungserbringung liegt. Diese Entscheidung hat u.a. für Ratenzahlungsverkäufe große praktische Bedeutung; die Finanzverwaltung will das Urteil aber nicht akzeptieren und hat Revision eingelegt.

9. Doppelte Haushaltsführung

Nach Meinung des Finanzgerichts München ist der Lebensmittelpunkt bei einer Familie mit Kindern dort, wo sich die Familie überwiegend gemeinsam aufhält; ist dies der Beschäftigungsort, scheidet automatisch eine doppelte Haushaltsführung aus. Indizien für den Lebensmittelpunkt sind beispielsweise die Ausstattung und Größe der Wohnung, die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort sowie die Zahl der Heimfahrten. Von erheblichem Gewicht ist, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Kontakte bestehen. Bei einer Familie mit Kindern ist der Lebensmittelpunkt regelmäßig dort, wo die Pflege und Erziehung der Kinder erfolgt. Auch gegen diese aktuelle Entscheidung ist die Revision anhängig.

10. Instandhaltungsrücklage mindert Grunderwerbsteuer nicht

Das Meistgebot ist als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer anzusetzen, wenn eine Eigentumswohnung bei einer Zwangsversteigerung erworben wird. Dies gilt auch dann, wenn eine Instandhaltungsrücklage vorhanden, d.h. miterworben wird. Bei einem normalen Erwerb durch notariellen Kaufvertrag hat der Bundesfinanzhof 1991 entschieden, dass eine Instandhaltungsrücklage grunderwerbsteuermindernd berücksichtigt werden kann. Es verbleibt abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof an diesem Urteil zukünftg weiter festhält.

11. Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn wurde zum 01.01.2017 von 8,50 € auf 8,84 € brutto je Zeitstunde erhöht. Das Gesetz sieht aber vor, dass abweichende tarifvertragliche Regelungen dem Mindestlohn vorgehen.

12. Arbeitnehmer im Auslandseinsatz

Auch bei kurzfristigen Entsendungen ins Ausland ist zu prüfen, in welchem Land Sozialversicherungspflicht besteht. Im Zweifel besteht sonst kein Krankenversicherungsschutz. Innerhalb der EU wird dies für „deutsche Arbeitnehmer“ in der Regel „Deutschland“ sein. Dies muss aber von der Krankenkasse auf einem gesonderten Formular bestätigt und mitgeführt werden. Zudem wird für eine eventuelle ärztliche Behandlung der Nachweis benötigt, der vorab von der Krankenkasse anzufordern ist.

13. Doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen

Mit dem Alterseinkünftegesetz wurde eine Regelung geschaffen, nach der Pension und Renten gleichmäßig behandelt werden sollen. Dabei sollte verhindert werden, dass es zu einer doppelten Besteuerung kommt: Altersbezüge dürfen nicht besteuert werden, soweit diese aus Beitragszahlungen stammen, die aus versteuertem Einkommen stammen. Problematisch ist, dass die Prüfung nicht bereits während der Beitragsphase, sondern später erst bei Rentenbezug vorgenommen werden kann. Es empfiehlt sich daher, sämtliche Unterlagen aufzubewahren, durch die eine eventuell doppelte Besteuerung nachgewiesen werden kann (Einkommensteuerbescheide und Beitragsnachweise).

14. Kein Recht auf Abwohnen der Mietkaution

Ein Mieter hat nicht das Recht, die letzten Mietzahlungen mit der hinterlegten Mietkaution zu verrechnen und die Kaution somit quasi abzuwohnen. Das Amtsgericht München hat entschieden, dass ansonsten der Sicherungszweck der Mietkaution ausgehebelt wird. Tipp: Bei einem Auszug des Mieters sollten Sie die Kaution insoweit einbehalten, als dass diese für eventuelle Nebenkostennachforderungen benötigt wird.

15. Minusstunden und fristlose Kündigung

Gravierende Vertragsverstöße betreffend die Gleitzeitvorgaben stellen an sich einen Kündigungsgrund dar. Für eine solche verhaltensbedingte Kündigung gilt das sogenannte Prognoseprinzip. Eine negative Prognose, die den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt, liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsänderung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäß eine Abmahnung voraus. Sind bereits Verstöße gegen Gleitzeitvorgaben wirksam abgemahnt worden und verstößt der Arbeitnehmer weiter gegen diese Vorgaben in dem er z. B. Minusstunden in unzulässiger Weise aufbaut, rechtfertigt ein erneuter Verstoß eine außerordentliche verhaltsbedingte Kündigung. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hat eine entsprechende Kündigung für wirksam erachtet, eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BAG anhängig (LAG Hamburg, 5 Sa 19/16, BAG 8a ZN 1078/16).

16. Bundesgerichtshof erklärt „Darlehensgebühr“ bei Bausparverträgen für unzulässig

Der Bundesgerichtshof hat abermals die Unzulässigkeit von Gebühren für die Auszahlung von Darlehen in Verbraucherverträgen als rechtswidrig beurteilt. Diesmal ging es um eine Bestimmung, die in vielen Bausparverträgen vorhanden ist, wonach bei Auszahlung des Darlehens eine Gebühr in Höhe von meist 2% der Darlehenssumme fällig wird. Jeder, der als Verbraucher für die Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens eine solche Gebühr gezahlt hat, kann diese daher nunmehr zurückfordern. Das kann ohne weiteres für alle ab 2014 geleisteten Gebühren verlangt werden. Noch nicht geklärt ist, ob möglicherweise sogar statt der 3-jährigen Verjährungsfrist die 10-jährige Verjährungsfrist gilt, so dass dann alle seit 2007 geleisteten Gebühren zurückverlangt werden können. Bei der 10-jährigen Verjährungsfrist ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich hier um eine taggenaue Frist handelt. In Fällen dieser Art steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Sutor für Nachfragen zur Verfügung.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.