Mandanten-Information I. Quartal 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,
in gewohnter Weise fassen wir die aktuellen Neuerungen, insbesondere aus dem Steuerrecht, nachfolgend zusammen:

1. Update Coronahilfen
a) Hinzuverdienstgrenzen
Auch im Jahr 2022 können Frührentner ihre Rente aufbessern: die durch die
Coronakrise erhöhte Hinzuverdienstgrenze wurde verlängert: Rentner, die das
reguläre Rentenalter noch nicht erreicht haben, dürfen bis zu 46.060,- € hinzuver-
dienen, ohne dass die vorgezogene Altersrente gemindert wird.

b) Überbrückungshilfe IV
Förderzeitraum Januar bis März 2022, Antragsfrist bis 30.04.2022 (beide Fristen
sollen bis Ende Juni verlängert werden). Wichtig: Es werden nur die Kosten ge-
gefördert bzw. bezuschusst, die per Überweisung bezahlt wurden; bar gezahlte
Kosten sind von der Förderung ausgeschlossen.

c) Soforthilfe
Die Frist zur Rückzahlung der Soforthilfe wurde durch das Land NRW auf den
30.06.2023 verlängert.

d) Übersicht Fristen
(a) 31.03.2022
Ende Antragsfrist Überbrückungshilfe III Plus (Förderzeitraum 7-12/2021)
(b) 30.04.2022
Ende Antragsfrist Überbrückungshilfe IV (Förderzeitraum Januar bis März 2022)
(c) 31.12.2022
Ende Frist Schlussabrechnung für alle Förderprogramme

2. „Entlastungsschritte für unser Land“
Die Ampelkoalition plant eine Entlastung der Bürger durch beispielsweise folgende Maßnahmen:

  • Anhebung des Grundfreibetrags für alle Steuerzahler (von 9.984,- € auf 10.347,-
  • € bereits zum 01.01.2022),
  • Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrages von 1.000,- € auf 1.200,- €
  • Anhebung der Pendlerpauschale (Anstieg rückwirkend zum 01.01.2022 auf 0,38
  • € je Kilometer ab dem 21. Kilometer)
  • Entfall der EEG-Umlage
  • Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder sowie Einmalzahlung für Hartz
  • IV- Empfänger
  • Anhebung des Mindestlohns auf 12,- € pro Stunde bei gleichzeitiger Anhebung
  • der Minijobgrenze von 450,- € auf 520,- € zum 01.10.2022; weitere Aus-
  • führungen s.u.
  • Erweiterung Verlustverrechnung für Unternehmen
  • Verlängerung degressive Abschreibung 2021 und 2022 für Unternehmer
  • Verlängerung Homeoffice-Pauschale maximal 600,- € pro Jahr für Arbeitnehmer
  • steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bis 30.06.2022
  • Verlängerung Abgabefrist für Steuerklärungen ab 2020 bis 31.08. des übernächsten Jahres
  • (für 2020 also bis 31.08.2022)
  • Heizkostenzuschuss für Bedürftige

» Gesetze sollen zügig beschlossen werden

3. Garantiezusage vom Kfz-Händlern
Nach einer Entscheidung des BFH aus 2018 ist die entgeltliche Garantiezusage eines Kfz-Händlers eine eigenständige Leistung, die der Umsatzsteuer nicht unterliegt, da es sich um eine versicherungssteuerpflichtige Garantieleistung handelt.
Die neue Sichtweise sollte ursprünglich ab dem 01.01.2022 greifen; die Frist wurde für Garantiezusagen bis zum 01.01.2023 verlängert.

4. Grundsteuererlass
Bei erheblichen Mietausfällen in 2021 besteht bis zum 31.03.2022 die grundsätzliche Möglichkeit, einen teilweisen Erlass der Grundsteuer bei wesentlicher Ertragsminderung zu beantragen. Dies liegt vor, wenn der normale Rohertrag um mehr als die Hälfte gemindert ist, Ermäßigung der Grundsteuer also um 25 %. Bei einem kompletten Ertragsausfall beträgt die Ermäßigung 50 %.
Wichtig: sollten Sie betroffen sein, melden Sie sich umgehend bei uns aufgrund der Ausschlussfrist!

5. Grundsteuer
Das Bundesverfassungsgericht hat die bisherige Bewertung der Grundstücke für Zwecke der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, so dass der Gesetzgeber die Bewertung neu regeln muss. Daher erfolgt eine erstmalige Feststellung der neuen Werte für die Grundsteuer zum 01.01.2022. Hierfür verlangt die Finanzverwaltung, dass entsprechende Erklärungen im Zeitraum 01.07.-30.10.2022 elektronisch abgegeben werden müssen.
Hinweis: Unsere Mandanten werden wir mit einem gesonderten Anschreiben incl. Berechnungsgrundlage und Erfassungsbogen informieren.

6. Nebentätigkeit und Abmahnung
Grundsätzlich hat ein Arbeitnehmer seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Unter Beachtung der Regelungen des Arbeitszeitgesetzes können jedoch auch Nebentätigkeiten ausgeübt werden, soweit diese nicht die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen. Es handelt sich insoweit um Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers.
Eine vollständige Versagung von Nebentätigkeiten ist daher mit der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nicht vereinbar. Vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarung einer Anzeigepflicht für eine Nebentätigkeit im Arbeitsvertrag nicht zu beanstanden. Dieses resultiert daraus, dass der Arbeitgeber in der Lage sein muss, zu überprüfen, ob eine Nebentätigkeit des Arbeitnehmers in die Rechtssphäre des Arbeitgebers eingreift. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Tätigkeit im Wettbewerb zum Arbeitgeber stehen kann. Wenn der Arbeitgeber ein solches berechtigtes Interesse hat, kann er sogar die Nebentätigkeit auch untersagen.

Vor diesem Hintergrund hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Verstoß gegen die vertragliche Anzeigepflicht für Nebentätigkeit eine Abmahnung rechtfertigen kann, Urteil vom 15.06.2021, 9 AZK 413/19.

7. Mindestlohn
Seit 01.01.2022 gilt ein gesetzlicher Mindestlohn von 9,50 € pro Stunde; zum 01.07.2022 wird er auf 10,45 € erhöht.
Darüber hinaus soll der gesetzliche Mindestlohn auf 12,- € pro Stunde zum 01.10.2022 angepasst werden bei einer gleichzeitigen Anpassung der Minijobgrenze auf 520,- €, so dass gleichbleibend 43 Stunden pro Monat gearbeitet werden kann, ohne dass die Minijobgrenze überschritten wird. Die Möglichkeit eines zulässigen unvorhersehbaren Überschreitens der Entgeltgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigung wird gesetzlich geregelt; die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich (Gleitzone) soll von monatlich 1.300,- € auf 1.600,- € angehoben werden
Auf Arbeitgeber und Steuerberater kommen erhebliche Zusatzaufwendungen durch unterjährigen doppelten Wechsel zu, trotzdem müssen die neuen Grenzen zwingend eingehalten werden, um Rückforderungen der Arbeitnehmer oder im Rahmen der Sozialversicherungsprüfung zu vermeiden!
Wichtig: Arbeitgeber müssen neben dem gesetzlichen Mindestlohn auch entsprechende Tarifverträge beachten, die eventuell einen höheren Stundenlohn vorsehen!

8. Helfer in Impf- und Testzentren
Die nebenberuflichen Helfer in den Impf- und Testzentren können auch 2022 von dem Übungsleiterpauschbetrag (seit 2021 3.000,- € jährlich) und der Ehrenamtspauschale für Verwaltungs- und Organisationsarbeiten im Impfzentrum (2021: 840,- €) profitieren, dies gilt auch für mobile Impf- und Testzentren. Dies gilt jedoch nur, wenn es sich beim Auftraggeber oder Arbeitgeber um eine gemeinnützige Einrichtung oder einen öffentlichen Arbeitgeber handelt. Bezüglich der Impfzentren gibt es eine Ausnahme: die Pauschalen werden auch angewandt, wenn das Impfzentrum im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts unter Hinzuziehung von Privaten oder gänzlich von Privaten betrieben wird.
Beachte: Die Pauschalen sind Jahresbeträge, die nur einmal pro Jahr gewährt werden.
Tipp: Sind die freiwilligen Helfer sowohl bei der Verwaltung als auch im Bereich Impfung/Testung tätig, können die Pauschalen nebeneinander berücksichtigt werden, wenn die Tätigkeiten entsprechend vereinbart und gesondert vergütet werden.

9. Thema Photovoltaikanlage und Liebhaberei
Unter bestimmten Voraussetzungen konnten bzw. können sich Betreiber von kleinen Photovoltaikanlagen (unter zehn kWp) auf Antrag von der Einkommensteuerpflicht insoweit befreien lassen. Die Lohnkosten bei Erstinstallation, Wartung oder Reparatur sind aber gleichwohl als haushaltsnahe Handwerkerleistungen steuerbegünstigt.
In der Zwischenzeit gab es vielfältige Auslegungsschwierigkeiten und Fragen, die nunmehr durch Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene konkretisiert wurden:
Demnach können auch Anlagen, die den Strom vollständig einspeisen, auch einen Antrag auf Liebhaberei stellen.
Beachte: Fälle, in denen der produzierte Strom komplett selber verbraucht wird und keinerlei Einspeisung erfolgt, sind per se kein Gewerbebetrieb, brauchen also von der Liebhabereiregelung nicht Gebrauch zu machen.

10. Aufbewahrungspflichten und Aktenentsorgung
Eine Auflistung der in diesem Jahr nicht mehr aufbewahrungspflichten Unterlagen finden Sie auf unserer Homepage; aufgrund der Einschränkungen der Corona-Krise haben wir in diesem Jahr ausnahmsweise keine große Altaktenvernichtung gestartet.
Sollten Sie Hilfestellung bzw. Bedarf haben, können Sie sich jedoch gerne an uns wenden!

11. Kassennachschau
Grundsätzlich dürfen Finanzämter bei Betrieben der Bargeldbranche sogenannte Kassennachschauen unangekündigt durchprüfen. Überprüft wird bei diesen Überraschungsbesuchen, ob im Kassensystem eine ordnungsgemäße TSE- Schnittstelle eingesetzt wird, prüfen oftmals vorab verdeckte Testkäufe durch und prüfen, ob Belege korrekt und stets ausgegeben werden. Zudem werden Ist- und Sollbestände der Kassen miteinander abgeglichen.
Steuerfachleute erwarten bei den Mandanten, die keine TSE-Schnittstelle an die Finanzverwaltung melden (wenn die Schnittstelle freigegeben wird), dass diese mit einer höheren Überprüfungswahrscheinlichkeit rechnen müssen.
Wichtig ist neben den entsprechenden Programmier- und Änderungsanleitungen für Kassensysteme für (elektronische) Kassensysteme auch eine aussagefähige Verfahrensdokumentation.
Im Zweifelsfall bzw. bei Fragen sprechen Sie uns gern an!

12. Risiko Vorsteuerabzug bei Bruchteilsgemeinschaft
Bruchteilsgemeinschaften sind selbst nicht rechtsfähig und somit kein umsatzsteuerlicher Unternehmer und können daher beispielsweise als Grundstücksgemeinschaft nicht Vorsteuer ziehen, sondern nur deren Bruchteilseigentümer als Gemeinschafter selber. Jeder einzelne Gemeinschafter muss somit Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben und eventuelle Vorsteuer ziehen.
Eingangsrechnungen dürfen laut BMF an die Bruchteilsgemeinschaft adressiert sein, allerdings muss sichergestellt sein, dass sich Namen und Anschriften sowie Beteiligungen aus den Rechnungen ergeben.
Es galt eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2021; Verträge sollten auf die verschärften Anforderungen entsprechend überprüft werden – wir beraten Sie gerne!

13. OSS-Verfahren für Versendungs- und Beförderungslieferungen
Bei Versendungs- und Beförderungslieferungen an nicht umsatzsteuerpflichtige Abnehmer im Übrigen europäischen Gemeinschaftsgebiet verlagert sich der Besteuerungsort ab Überscheiten der Lieferschwelle (einheitlich 10.000,- €) an den Ankunftsort der Waren, so dass Versender den Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes anwenden müssen.
Durch das OSS-Verfahren können die Versender jedoch die Umsatzsteuererklärung in ihrem Ansässigkeitsstaat (Deutschland) abgeben und die ausländischen Steuern dort einheitlich über ein Portal entrichten.
Die Steuererklärung in dem Verfahren ist vierteljährlich elektronisch zu übermitteln.
Das OSS-Verfahren ist vergleichsweise neu, kann nicht rückwirkend angewendet werden.
Sollten Sie betroffen sein, empfiehlt sich in der Regel die Anwendung des OSS-Verfahrens – sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an!

14. Gesellschafterdarlehn an GmbH
Der von der Kapitalgesellschaft als Darlehnsnehmerin gezahlte Zins an den Gesellschafter als Darlehnsgeber muss – wie alle anderen Geschäftsbeziehungen zwischen GmbH und ihrem Gesellschafter, insbesondere bei einem wesentlich beteiligten Gesellschafter – einem Fremdvergleich Stand halten. Sind die Zinsen, die an den Gesellschafter/Darlehnsgeber fließen, sehr hoch, nimmt das Finanzamt gerne eine verdeckte Gewinnausschüttung an aufgrund angeblich überhöhter Zinsen.
Auch bei einem Fremdvergleich kann nicht nur die Zinshöhe, sondern auch die Frage der Besicherung der Nachrangigkeit eine Rolle spielen. Zunächst ist jedoch zu überprüfen, ob ein zivilrechtlicher Darlehnsvertrag zwischen Gesellschaftern vorliegt -, erst dann ist in einem zweiten Schritt zu überprüfen, ob die Zinshöhe angemessen ist.

15. Energetische Baumaßnahmen
Seit 2020 fördert der Staat energische Baumaßnahmen an selbst genutzten eigenen Wohngebäuden mit einer Steuerermäßigung von maximal 40.000,- €: im Jahr des Abschlusses der Maßnahmen und im Folgejahr gibt es einen Steuerabzug von 7 % der Kosten (maximal 14.000,- € pro Jahr), im zweiten Jahr 6 % der Kosten (maximal 12.000,- €). Gefördert werden nur nach dem 31.12.2019 begonnene und vor dem 01.01.2030 abgeschlossene Baumaßnahmen an Gebäuden, welche älter als 10 Jahren sind. Neben den Lohnkosten sind hier auch die Materialkosten abziehbar, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind (Fachunternehmerbescheinigung, unbare Zahlung, Bescheinigung gemäß Muster).

16. Elektroautos in der Tiefgarage und Wohnungseigentümergemeinschaft
Autos mit Elektroantrieb mutieren bisweilen zum Verbrenner, wenn das ganze Auto in Flammen aufgeht. Das Löschen eines brennenden Elektrofahrzeugs erweist sich dann als besonders schwierig. Aus diesem Grund gibt es Vorbehalte gegen das Abstellen von E-Autos in einer Tiefgarage.
Wenn jedoch eine Wohnungseigentümergemeinschaft den Beschluss fasst, dass E-Autos nicht in der Tiefgarage der Wohnungseigentümergemeinschaft abgestellt werden dürfen, so verstößt die Wohnungseigentümergemeinschaft nach Auffassung des Amtsgerichts Wiesbaden allerdings gegen das WEMoG, welches jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein individuelles Recht auf die Gestattung baulicher Maßnahmen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeug dienen, gegeben hat. Ein solcher Beschluss ist daher nach Auffassung des Amtsgerichts anfechtbar (Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.02.2022, 92 C 2541/21).

Bitte rufen Sie bei Fragen gerne an!