Mandanten-Information II. Quartal 2016

Sehr geehrte Damen und Herren,
anbei die aktuellen Neuregelungen aus Recht und Verwaltung:

1. Mindestlohn und Urlaubsgeld

In seinem Urteil vom 25.05.2016 hat das Bundesarbeitsgericht, 5 a ZR 135/16, entschieden, unter welchen Voraussetzungen das Urlaubsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden kann. Das sei zumindest dann der Fall, wenn das Urlaubsgeld, so wie auch sonstige Jahressonderzahlungen, in jedem Kalendermonat zu 1/12 vorbehaltlos und unwiderruflich ausgezahlt worden ist.

Sofern also unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer auf diese Zahlungen zusteht, kommt diesen Zahlungen Erfüllungswirkung hinsichtlich des Mindestlohnes zu (also nur in den seltensten Fällen).

2. Änderungen bei der Minijobzentrale

Überweisungen von Pauschalbeträgen für Minijobber auf das Konto der SEB AG in Essen sind nur noch bis zum 30.06.2016 möglich. Ab dem 01. Juli 2016 sind zwingend neue Bankverbindungen zu beachten, die im Internet nachlesbar sind.

Arbeitgeber, die die Pauschalabgaben per Lastschrift von ihrem Konto einziehen lassen, sind von dieser Änderung nicht betroffen.

3. Überzahlungen in einer privaten Rentenversicherung

Zahlt eine private Lebensversicherung versehentlich über die vertragliche Laufzeit hinaus, sind diese zusätzlichen Zahlungen in voller Höhe zu versteuern. Nur die vertragsgemäßen Leistungen während der Vertragsdauer sind mit dem günstigen Ertragsanteil anzusetzen.

4. Steuerbegünstigte Auszahlung von Abfindungen

Abfindungszahlungen wegen Entlassung aus Dienstverhältnissen sind grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn. Sie können unter bestimmten Voraussetzungen mit einem begünstigten Steuersatz (sogenannte Fünftelregelung) versteuert werden. Dies war bisher nur zulässig, wenn die Abfindung in einem Veranlagungszeitraum gezahlt wurde. Das Bundesfinanzministerium hat nunmehr geregelt, dass Zahlungen in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen dann unschädlich sind, wenn eine Zahlung geringfügig, d.h. weniger als 10 % der Hauptzahlung, beträgt.

5. Bildung eines Arbeitszeitkontos für Gesellschafter-Geschäftsführer

Mit Hilfe eines Arbeitszeitkontos können geleistete Arbeitsstunden eines Mitarbeiters verwaltet werden. Für Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH lässt der Bundesfinanzhof die Führung dieses Arbeitszeitkontos nicht zu. Der Bundesfinanzhof begründet dies mit der sogenannten Allzuständigkeit des GmbH-Geschäftsführers, die ihn verpflichtet, Arbeiten auch dann zu erledigen, wenn sie außerhalb der üblichen Arbeitszeit oder über diese hinaus anfallen.

6. Überlassung von Parkmöglichkeiten an Arbeitnehmer und Umsatzsteuer

Die Überlassung von Parkplätzen an Arbeitnehmer kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Eine verbilligte Parkraumüberlassung ist als entgeltliche Leistung anzusehen und somit umsatzsteuerpflichtig.

Im Gegensatz dazu hängt die Steuerbarkeit bei einer unentgeltlichen Leistung von anderen Gesichtspunkten ab: Stehen unternehmensfremde Aspekte im Vordergrund, ist die Stellplatzüberlassung steuerbar; wird ein Parkplatz jedoch im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse zur Verfügung gestellt, ist die Nutzungsüberlassung nicht umsatzsteuerbar.

7. Ferienjobs für Schüler

Während der Ferien können Schüler unbegrenzt Geld verdienen, ohne sozialversicherungspflichtig zu werden. Voraussetzung ist, dass die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf höchstens drei Monate / 70 Arbeitstage begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und das Entgelt im Monat 450,- € übersteigt.

8. Gesetzesentwurf gegen die Manipulation von Registrierkassen

Das Bundesfinanzministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, wonach Manipulationen an Registrierkassen verhindert werden sollen. Es wird zum einen eine technische Sicherung vorgeschrieben, die ein Überschreiben der Daten verhindert. Darüber hinaus soll eine Kassennachschau eingeführt werden, wonach der Betriebsprüfer unangekündigt erscheinen darf und die Ordnungsmäßigkeit der Kassenprüfung überprüfen darf.

Dieses soll für alle Wirtschaftsjahre ab dem 01. Januar 2019 gelten.

Beachte: Schon ab dem 01. Januar 2017 müssen elektronische Kassen alle Einzelumsätze aufzeichnen und für mindestens zehn Jahre unveränderbar abspeichern können. Kassen, die dies nicht können, sind entsprechend nachzurüsten.

9. Sonderabschreibung für Mietwohnungen

Die Bundesregierung will den Neubau von Mietwohnungen durch steuerliche Anreize, insbesondere Sonderabschreibungen, fördern. Über die Höhe und Ausgestaltung ist sich die Bundesregierung noch nicht einig; darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Neuregelung auch dem Genehmigungsvorbehalt der Europäischen Kommission unterliegt. Insgesamt erscheint die Realisierung dieser Förderungsmaßnahme eher unwahrscheinlich.

10. Kosten eines Hausnotrufsystems

Viele Senioren haben in ihrem Haushalt ein Hausnotrufsystem installiert; in der Regel genügt ein Knopfdruck, und schon wird eine externe Notrufzentrale informiert. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass die Kosten eines solchen Systems haushaltsnahe Dienstleistungen sind und somit zu 20 % (maximal 4.000,- €) direkt von der Einkommensteuer abgezogen werden können.

11. Häusliches Arbeitszimmer

Sind die Kosten eines gemischt genutzten Arbeitszimmers zumindest teilweise als Werbungskosten oder Betriebsausgabe absetzbar? Nach Ansicht des  Bundesfinanzhofes darf ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abgesetzt werden, wenn es ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche und berufliche Zwecke genutzt wird. Nach diesem neuen BFH-Beschluss wäre auch ein anteiliger Kostenabzug für Arbeitsecken im Wohnzimmer ausgeschlossen. Zentrale Abzugsvoraussetzung bleibt also, dass der Raum (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wird. Die Finanzbehörden halten eine untergeordnete private Mitbenutzung von unter 10 % für zulässig.

12. „Steuerpflicht“ durch Rentenerhöhung

Zum 01.07.2016 erhalten Rentner in Westdeutschland eine Erhöhung um 4,25 %. Für viele Rentner stellt sich daher die Frage, ob sie durch die erhöhte Rente eventuell in die Steuerpflicht rutschen – auch, wenn keine anderen Einkünfte vorliegen.

Rentner werden 2016 erst steuerpflichtig, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen (bei Ledigen) mehr als 8.652,- € pro Jahr beträgt. Ob tatsächlich eine Steuerpflicht eintritt, hängt auch vom individuellen Rentenfreibetrag ab, der sich nach dem Jahr des Renteneintritts richtet.

Typischerweise kommt es bei einem Rentenbeginn 2005 ab einer Bruttojahresrente von 19.299,- € (Ledigenrente) zu einer Steuerpflicht, bei einem Rentenbeginn 2010 in Höhe von 16.627,- €, bei einem Rentenbeginn 2015 in Höhe von 14.585,- €.

13. Kindergeld für volljährige Kinder

Volljährige Kinder können nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums bei den Eltern kindergeldlich nur noch berücksichtigt werden, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen. Zu prüfen ist, ob das Kind einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder ob Ausbildungsmaßnahmen immer noch zur erstmaligen Berufsausbildung bzw. zum Erststudium gehören. Beispielsweise darf ein Master-Studium neuerdings zum Erststudium gerechnet werden, wenn es zeitlich und inhaltlich auf das Bachelor-Studium abgestimmt ist (konsekutives Master-Studium). Master-Studenten dürfen daher während eines konsekutiven Studiengangs nun zeitlich unbegrenzt einen Nebenjob z.B. als studentische Hilfskraft nachgehen, ohne dass die Eltern ihren Anspruch auf Kindergeld und Kinderfreibetrag verlieren.

14. Risiko für Freiberufler durch „falsche Mitunternehmerin“

Personengesellschaften entfalten nur dann eine freiberufliche – also gewerbesteuerfreie – Tätigkeit, wenn alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Erbringt nur ein Gesellschafter seine Leistungen teils freiberuflich, teils gewerblich, wird die Tätigkeit der Gesellschaft in vollem Umfang als gewerblich angesehen, es gilt die sogenannte Abfärberegelung. Entscheidend ist, dass die Gesellschafter der GbR allesamt als Mitunternehmer anzusehen sind, d.h. nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust teilhaben und an den stillen Reserven beteiligt sind (sogenanntes Mitunternehmerrisiko).

15. Änderungen bei Blockheizkraftwerken

Blockheizkraftwerke hat die Finanzverwaltung bisher als selbstständige bewegliche Wirtschaftsgüter angesehen, so dass sie über einen Zeitraum von 10 Jahren selbstständig abgeschrieben werden konnten. Die Finanzverwaltung behandelt sie ab 2016 als wesentliche Bestandteile eines Gebäudes, so dass diese nur wie die Baukosten mit 2 % pro Jahr über die Nutzungsdauer des Gebäudes abgeschrieben werden können.

Sofern der anderen Seite ein vorhandenes Heizkraftwerk durch ein neues Blockheizkraftwerk ersetzt werden kann, sind die hierbei entstandenen Kosten sofort im Jahr der Zahlung abzugsfähig, da Erhaltungsaufwand vorliegt. Die bisherige 10 %-ige Abschreibung der Kosten entfällt.

16. Beiträge zur Risikolebensversicherung von Hausbesitzern

Banken setzen bei der Vergabe von Immobilienkrediten teilweise voraus, dass der Darlehensnehmer zur Kreditabsicherung eine Risikolebensversicherung abschließt. Im Todesfall des Kreditnehmers sind dadurch sowohl die Bank als auch die Hinterbliebenen abgesichert. Der Bundesfinanzhof hat aktuell entschieden, dass die Beiträge zur Lebensversicherung nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abgezogen werden können, sondern allenfalls als Sonderausgaben (was sich in der Regel nicht auswirkt).

17. Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Am 20.06.2016 hat sich die Koalition endlich auf gesetzliche Regelungen geeinigt, die möglicherweise verändert auch gesetzlich umgesetzt werden:

  • Verschonungsregeln für Betriebsvermögen: Bis 26 Millionen € Verschonung, bei einem Betriebsvermögen von 26 Millionen bis 90 Millionen € Abschmelzung, über 90 Millionen € keine Vergünstigungen.
  • Familienunternehmen mit Kapitalbindung bzw. Verfügungsbeschränkung: Ein Abschlag von bis zu 30 % ist vorgesehen.
  • Nachweis des Erhalts von Arbeitsplätzen, ansonsten nachträglicher Wegfall der Verschonung: Die Nachweispflicht setzt bereits bei mehr als fünf Mitarbeitern ein.
  • Investitionen: Begünstigung für Mittel, die innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod aufgrund vorgefassten Willens des Erben in das Unternehmen fließen.
  • Berechnung des Betriebsvermögens: das vereinfachte Ertragswertverfahren soll zukünftig mit Kapitalisierungsfaktoren zwischen 10 und maximal 12,5 arbeiten.

Es handelt sich erst einmal nur um einen Entwurf der Koalition, der noch vom Bundestag und vom Bundesrat akzeptiert werden muss. Dies wird nach der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist zum 30.06.2016 stattfinden, falls nicht im Gesetzgebungsverfahren noch Einwendungen erhoben werden, was zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorhersehbar ist. Unklar ist, was bei Schenkungen oder Erbschaften in der Zeit zwischen Ablauf der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist und der gesetzlichen Neuregelung passiert; das Gesetz sieht eine Rückwirkung vor, die aber wieder von den Gerichten überprüft wird. Es bleibt bei erheblichen Unsicherheiten.

18. Sonderzahlungen an die Rentenkasse

Versicherte können vorzeitig in Rente gehen, müssen jedoch entsprechende Abschläge hinnehmen. 55-jährige – die Absenkung der Altersgrenze auf 50 Jahre ist geplant – können die Abschläge bei der vorzeitigen Rente mit  Sonderzahlungen eventuell ausgleichen. Es macht aus steuerlicher Sicht Sinn, diese eventuell nicht in einem Jahr, sondern steuerlich verteilt über mehrere Jahre zu leisten.

Die Rentenberater der Deutschen Rentenversicherung rechnen aus, wie hoch die Sonderzahlungen sein müssen, um die Abschläge bei einem vorzeitigen Rentenbeginn auszugleichen. Ob und in welchem Jahr diese geleistet werden, sollte insbesondere auch unter steuerlichen Gesichtspunkten bedacht werden.

Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.