Mandanten-Information II. Quartal 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

nachfolgend die aktuellen Neuerungen aus Finanzverwaltung und Rechtsprechung.

I. Dienstwagenbesteuerung

1. Keine Besteuerung für Zeiten der Fahruntüchtigkeit

Nutzt der Arbeitnehmer einen Firmenwagen auch für private Zwecke, so ist der geldwerte Vorteil entweder nach der Fahrtenbuchmethode oder nach der sogenannten 1 %-Methode zu versteuern.
In einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf wurde festgelegt, dass die Privatnutzung des Dienstwagens nur versteuert werden muss, wenn der Arbeitnehmer diesen tatsächlich nutzt. Sollte der Arbeitnehmer – wie im Urteilsfall – krank und somit für volle Monate fahruntüchtig sein, so muss für diesen Zeitraum auch kein geldwerter Vorteil versteuert werden. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer nicht befugt ist, dass Kfz privat  zu nutzen. Sinnvollerweise sollte in der Vereinbarung über die Dienstwagennutzung vereinbart sein, dass die Nutzung untersagt ist, wenn der Arbeitnehmer nach pflichtgemäßer Prüfung aller Umstände nicht mit Sicherheit ausschließen kann, dass die Fahrtüchtigkeit aufgrund von Alkohol, Medikamenten, Übermüdung oder Krankheit eingeschränkt ist. Ist die Fahrtüchtigkeit durch Krankheit, attestiert durch einen Arzt, über komplette Monate eingeschränkt, so entfällt die Eigenverbrauchsbesteuerung.

2. Selbst getragene Pkw-Kosten vom Arbeitnehmer

Nach einer aktuellen BFH-Entscheidung  dürfen Arbeitnehmer, die einen Dienstwagen auch privat nutzen und den geldwerten Vorteil nach der sogenannten 1 %-Regelung versteuern, selbst getragene Pkw-Kosten von diesem zu versteuernden geldwerten Vorteil abziehen. Es muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen privat nutzen darf und z.B. Benzinkosten in gewisser Höhe aus eigener Tasche zahlen muss. Entscheidend ist für die Minderung des geldwerten Vorteils die entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber und die Höhe der selbst getragenen Benzinkosten. Idealerweise werden dem Finanzamt Tankquittungen vorgelegt; sollten diese nicht auffindbar sein, können dem Finanzamt bei Zahlung der Tankquittung per EC oder Kreditkarte die Kontoauszüge vorgelegt werden oder eine Schätzung nach durchschnittlichen Kraftstoffpreisen (2016: 129,6 Cent/Liter für Super und 107,21 Cent/Liter für Diesel) und dem Durchschnittsverbrauch des Dienstwagens laut Herstellerangabe sowie der nachgewiesenen Kilometer angesetzt werden.
Fraglich ist, ob die selbst getragenen Treibstoffkosten auch die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die Dienstwagengestellung reduzieren; dieses ist jedoch nicht der Fall. Des Weiteren ist eine Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge nur auf gesonderten Antrag möglich.

3. Oldtimer im Betriebsvermögen

Das Finanzgericht Düsseldorf hat einem Steuerpflichtigen Recht gegeben, der zwei Oldtimer seinem Betriebsvermögen als Freiberufler zugeordnet hat. Der Steuerpflichtige, der allerdings weitere 30 Fahrzeuge, überwiegend Oldtimer, besitzt, machte geltend, zwei Oldtimer fast ausschließlich für die Fahrten zwischen Wohnung und Praxis zu nutzen. Das Finanzamt versagte nach Durchführung einer Betriebsprüfung den Betriebsausgabenabzug für diese Fahrzeuge. Das hat das Finanzgericht Düsseldorf jedoch anders gesehen und den Betriebsausgabenabzug zugelassen. Es stehe grundsätzlich im Belieben des Unternehmers, den Pkw zu wählen, den er für die täglichen Fahrten zum Arbeitsort verwendet, wobei auch ästhetische Aspekte eine Rolle spielen dürfen. Angesichts der Existenz einer Vielzahl von Oldtimern im Privatvermögen erschien es auch glaubhaft, dass die beiden Fahrzeuge im Betriebsvermögen fast ausschließlich betrieblich genutzt wurden. Bezogen auf den Gewinn der Praxis lagen die Gesamtkosten beider Fahrzeuge nur zwischen 5 % und 10 %, so dass auch keine Unangemessenheit vorgelegen habe. Oldtimer als betrieblich genutzte Fahrzeuge im Betriebsvermögen sind deswegen steuerlich interessant, weil die 1 %-Regelung für den privaten Nutzungsanteil und die 0,03 %-Regelung für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vom Bruttolistenpreis des Fahrzeugs aus berechnet werden. Dabei wird auf die Erstzulassung abgestellt, die dann weit in der Vergangenheit liegt, als Kraftfahrzeuge nur wenige 1.000,- DM gekostet haben. Auf der anderen Seite ist allerdings zu berücksichtigen, dass spätestens bei Verkauf oder aber Entnahme in das Privatvermögen Steuerzahlungen drohen, weil der tatsächliche Wertverlust bei Oldtimern erfahrungsgemäß erheblich geringer ist als die Abschreibung.

4. Überlassung von Elektrofahrrädern an Arbeitnehmer

Im Sinne einer Gesundheitsförderung bzw. zu Gunsten der Umwelt können Arbeitgeber darüber nachdenken, den Mitarbeitern ein Fahrrad oder sogar ein Elektrofahrrad (ein sogenanntes Pedelec: Motorunterstützung nur bei aktiver Pedalbewegung) auch zur privaten Nutzung zu überlassen. Für die Überlassung eines Fahrrades sowie eines Pedelec mit einer Motorunterstützung bis zu 25 km/h gilt die sogenannte 1 %-Regelung: Kostet das Fahrrad 800,- € (Preisempfehlung des Herstellers), so muss der Arbeitnehmer 8,- € pro Monat individuell der Lohnsteuer und Sozialversicherung unterwerfen; damit sind Privatfahrten sowie sämtliche Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (im Regelfall der Betrieb) abgegolten. Bei einem E-Bike (Fahren auf Knopfdruck auch ohne Pedalunterstützung) bzw. bei Pedelecs, die eine elektromotorische Unterstützung auch bei mehr als 25 km/h haben, gilt auch die sogenannte 1 %-Regelung für die Privatnutzung; hinzu kommen aber noch 0,03 % je Entfernungskilometer für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.

II. Entlassungsverlangen des Betriebsrates

Ein Betriebsrat kann gemäß § 104 BetrVG von dem Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung eines Arbeitnehmers verlangen, wenn dieser durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der Grundsätze für die Behandlung von Betriebsangehörigen, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, dem Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört hat. Auf entsprechenden Antrag kann ein Arbeitsgericht den Arbeitgeber verpflichten, die Entlassung oder Versetzung durchzuführen.
Eine Kündigungsschutzklage gegen eine sodann ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers führt nicht zum Erfolg, da sich der Arbeitgeber auf ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG berufen kann. Ein entsprechender Sachverhalt lag dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28.03.2017, 2a ZR 551/16, zu Grunde.

III. Abzug von Krankenkassenbeiträgen

Krankenkassenbeiträge für die Basisabsicherung sind zu 100 % als Sonderausgaben abziehbar, es gibt jedoch einige Besonderheiten:

  • wird in dem privaten Versicherungstarif ein Selbstbehalt vereinbart, mindern sich entsprechend die Krankenversicherungsbeiträge und somit die steuerlich anzusetzenden Sonderausgaben. Die Selbstbeteiligung stellt nach Auffassung der Finanzverwaltung keine Gegenleistung für die Erlangung des Versicherungsschutzes dar, so dass die Krankheitskosten nicht steuerlich als Sonderausgaben, eventuell aber als außergewöhnliche Belastungen (nach Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung), abgezogen werden können.
  • Beitragsrückerstattungen sind von den als Sonderausgaben abziehbaren privaten Versicherungsbeiträgen abzuziehen.
  • Die als Sonderausgaben abziehbaren Versicherungsleistungen müssen grundsätzlich nicht um Bonuszahlungen der gesetzlichen Krankenkassen gekürzt werden. Erstattet die Kasse im Rahmen eines Bonusprogramms für förder- und gesundheitsbewussten Verhaltens Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, die im regulären Versicherungsumfang nicht enthalten und somit vom Versicherten vorab zu finanzieren sind, handelt es sich um eine Leistung der Krankenkasse und somit nicht um eine Beitragsrückerstattung, so dass die Sonderausgaben konstant bleiben. Etwas anderes gilt bei Programmen, die lediglich die Durchführung bestimmter Gesundheitsmaßnahmen als Voraussetzungen für eine Bonusleistung vorsehen. Diese Leistungen sind laut Finanzamtsanweisung als Beitragsrückerstattung zu qualifizieren (derzeit noch ungeklärt).

Hinweis: Die Krankenkassen müssen die Daten elektronisch an die Finanzverwaltung melden; eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Bonusprogrammen ist hierbei jedoch nicht möglich. Die Krankenkassen müssen aber den Versicherten im Laufe des Jahres 2017 entsprechende Papierbescheinigungen ausstellen, die die elektronisch übermittelten Daten ergänzen bzw. korrigieren. Diese Bescheinigung muss an die Finanzverwaltung entsprechend eingereicht werden.

IV. Krankenversicherungsbeiträge auf Gewinne aus einer Betriebsaufgabe

Der steuerliche Veräußerungsgewinn bei Aufgabe eines Gewerbebetriebes ist in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beitragspflichtig; dies gilt selbst dann, wenn kein Geld geflossen ist, sondern nur Wirtschaftsgüter aus dem Betriebs- in das Privatvermögen entnommen wurden. Somit führt die Auflösung der stillen Reserven ohne Liquiditätszufluss zu einer Beitragserhöhung.

V. Falsches Baujahr führt zum Rücktrittsrecht

Bei einem Immobilienverkauf kann die Angabe eines falschen Baujahres im notariellen Kaufvertrag zum Rücktrittsrecht des Käufers führen. Das Oberlandesgericht Hamm hat jetzt einen Fall entschieden, in dem im Kaufvertrag für ein Wohnhaus das Jahr 1997 als Herstellungsjahr angegeben wurde, obwohl das Haus bereits im Jahre 1995 errichtet wurde. Es hat die Angabe des Baujahres als Beschaffenheitsvereinbarung angesehen, so dass die Käufer wegen Sachmangels vom Vertrag zurücktreten konnten. Zur Begründung wurde auch angegeben, dass eine Abweichung des Baujahres um zwei Jahre in jedem Fall Auswirkungen auf den Verkehrswert habe, da die wirtschaftliche Restnutzungsdauer eines Bestandsgebäudes für die Wertermittlung maßgeblich sei. Bei Angaben zum Baujahr ist aus Verkäufersicht somit Vorsicht geboten (OLG Hamm, Urteil vom 02.03.2017, 22 U 82/16).

VI. Archivierung von Rechnungen und Lieferscheinen auf CD

Anhand allein der Papiermenge stellt sich die Frage, ob die Möglichkeit besteht, dass Lieferanten Archivierungs-CDs für die Kundschaften erstellen können, so dass diese auf eine aufwändige Aufbewahrung von Tagesrechnungen oder auch Lieferscheinen verzichten können.
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat die Verfügung aus dem Jahr 2013 aktualisiert, lehnt die elektronische Archivierung jedoch nach wie vor ab. Allein durch die Aufbewahrung der Archivierungs-CD, die anhand der Daten des Lieferanten erstellt worden ist, erfüllt der belieferende Kunde seine gesetzliche Aufbewahrungspflicht nicht, denn die CD gibt nicht die Originale des aufbewahrungspflichtigen Kunden wieder, sonder nur die Unterlagen eines Dritten.
Im Übrigen ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug nach UStG auch das Vorliegen einer Originalrechnung im Zeitpunkt der Vorsteuerbuchung.

VII. Vorsteuerabzug  / Zuordnungsentscheidung bis 31.05.2017

Der Vorsteuerabzug bei nicht ausschließlich unternehmerisch genutzten Gegenständen setzt eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen voraus. Wurde die Zuordnung nicht im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung dokumentiert, ist spätestens bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen (31.05. des Folgejahres) zu erklären. Fristverlängerungen verlängern die Dokumentationspflicht nicht.
Tipp: Wurden gemischt genutzte Gegenstände in 2016 erworben und erfolgte noch keine dokumentierte Zuordnung, sollten sie dem Finanzamt mit formlosen Schreiben angezeigt werden.

VIII. außergewöhnliche Belastungen

Der Bundesfinanzhof hat mit einem aktuellen Urteil dafür gesorgt, dass bei einer zumutbaren Belastung eine neue Sichtweise ergeht, wonach die abzugsfähige Aufwendung stufenweise zu ermitteln ist. Derzeit können weder die Programme der Datev noch der Finanzverwaltung dieses umsetzen, so dass nach wie vor nach der alten Rechtslage veranlagt wird, ggfls. ein Einspruch einzulegen ist.

IX. Nur ein Steuerklassenwechsel pro Kalenderjahr

Nach einem Wechsel der Steuerklassenkombination zur Optimierung des Elterngeldes ist ein erneuter Steuerklassenwechsel innerhalb des selben Jahres unzulässig laut einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Köln.