Mandanten-Information II. Quartal 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,
nachfolgend die aktuellen Neuerungen insbesondere aus Finanzverwaltung und Rechtsprechung.

I. Erhöhung des Verspätungszuschlags + zwingende Festsetzung

Sind Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, bedeutet zukünftig die verspätete Abgabe der Steuererklärung die Festsetzung eines Verspätungszuschlags von mindestens 25,- € pro Monat; beträgt die Nachzahlung über 10.000,- €, beträgt der Zuschlag 0,25 % der Nachzahlung – pro Monat. Das bisherige Ermessen der Finanzverwaltung entfällt.

II. Minijobs

1. Pkw

Aktuelle Gerichtsurteile legen fest, dass die Dienstwagenüberlassung an den Ehegatten im Rahmen eines Minijobs im Regelfall als nicht fremdüblich angesehen und somit nicht akzeptiert wird.

2. Stundenfestlegung/Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG)

Mit Wirkung zum 01.01.2019 ist § 12 TzBfG geändert worden, der die Rahmenbedingungen für die Arbeit auf Abruf regelt. Danach gilt für den Fall, dass die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht mit dem Arbeitnehmer festgelegt ist, eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche als vereinbart (bisher 10 Stunden). Das TzBfG gilt auch für die auf Abruf arbeitenden Minijobber und Minijobber, bei denen keine feste Arbeitszeit vereinbart ist. Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Mindestlohns bei der gesetzlich vermuteten Arbeitszeit von 20 Wochenstunden (ohne festgelegte Wochenarbeitszeit) wäre die Minijob-Grenze von 450,- EUR bei weitem überschritten und damit dieses Beschäftigungsverhältnis als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis anzusehen.

Daher sollte auch bei Minijobs die wöchentliche Arbeitszeit mit einer konkreten Wochenstundenzahl vereinbart werden. Ist eine konkrete wöchentliche Arbeitszeit nicht gewünscht, kann durch Vereinbarung ein sogenanntes Jahresarbeitszeitkonto errichtet wird. Wir beraten Sie gerne!

III. Zuordnungsentscheidung zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen

Sollten Sie beabsichtigen, eine Immobilie zu errichten und anschließend erstmals für Wohnnutzung zu vermieten, so ist die Wohnungsvermietung  umsatzsteuerfrei, auf der anderen Seite kann die Vorsteuer aus den Baukosten nicht gezogen werden. Sollte sich innerhalb kurzer Zeit die Verwendung ändern, d.h. beispielsweise das Erdgeschoss  wird  nicht  mehr   als  Wohnung umsatzsteuerfrei,  sondern  als  Büro möglicherweise umsatzsteuerpflichtig vermietet, so kann die Vorsteuer aus den ursprünglichen Baukosten zumindest anteilig erstattet werden.

Voraussetzung ist derzeit, dass Sie dem Finanzamt rechtzeitig und eindeutig, d.h. entweder im Rahmen der Buchführung für die Immobilie (die es im Regelfall zunächst nicht gibt) bzw. schriftlich bis zum Abgabetermin der Steuererklärung (31.07. des Folgejahres) mitteilen, dass Sie die Immobilie dem Unternehmensvermögen  zuordnen. Sie können zwar im Zeitpunkt der Herstellung und beabsichtigten späteren Wohnungsvermietung derzeit keine Vorsteuer in Anspruch nehmen, doch auf diesem Wege behalten Sie die Möglichkeit bei einer späteren Nutzungsänderung. Diese Thematik und die Mitteilungspflicht werden derzeit noch kontrovers diskutiert vor dem Europäischen Gerichtshof. Aus Vorsichtsgründen sollte die Mitteilung jedoch erfolgen.

Tipp: In Zweifelsfällen kontaktieren Sie uns bei größeren Investitionsvorhaben rechtzeitig!

IV. Bruchteilsgemeinschaft/Umsatzsteuer

Eine Bruchteilsgemeinschaft sind z.B. Eheleute, die Miteigentümer an einer Immobilie werden. Dem gegenüber steht eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft wie beispielsweise eine GbR, in der sich Gesellschafter (auch bei Eheleuten möglich) verpflichten, einen gemeinsamen Zweck zu erreichen. Die Abgrenzung zwischen Bruchteilsgemeinschaft und Gesamthandsgemeinschaft ist sehr schwierig. Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs  ist dieses jedoch wichtig, da eine Bruchteilsgemeinschaft nicht umsatzsteuerlicher Unternehmer sein kann, sondern nur die dahinter stehenden Personen.

Die Rechtsprechungsänderung hat erhebliche Unsicherheiten in der Praxis gebracht, wie damit umzugehen ist. Insofern ist eine zeitnahe Stellungnahme der Verwaltung abzuwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

V. Kfz-Steuer für Lieferwagen

Kfz-Steuerbescheide, die der Zoll für kleine Nutzfahrzeuge verschickt hat, sollten kritisch überprüft werden. Durch einen automatischen Abgleich mit den Angaben der Straßenverkehrsbehörden ist es in Einzelfällen passiert, dass bisher als Lkw eingestufte Kfz fälschlicherweise als Pkw eingestuft werden mit einer deutlich höheren Kfz-Steuer.

VI. A1-Bescheinigung für Dienstreisen im Ausland

Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern für Dienstreisen, die ins Ausland führen, eine sogenannte A1-Bescheinigung mitzugeben. Arbeitnehmer müssen diese dann auf den Dienstreisen bei sich führen. Das ist eine Bestätigung darüber, dass ein Arbeitnehmer der Sozialversicherung seines Heimatstaates angehört. Diese Pflicht besteht in den EU-Mitgliedstaaten, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Sie wird seit 01.01.2019 ausschließlich elektronisch bei den Krankenkassen und den Rentenversicherungsträgern beantragt. Jeder, der dienstlich die Staatsgrenze überschreitet, gilt sozialversicherungsrechtlich als entsendet und braucht eine A1-Bescheinigung. Das betrifft sowohl Angestellte als auch Selbstständige. Diese, bereits seit 2010 geltende Regelung, wird seit kurzem in mehreren Staaten kontrolliert und bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 10.000,- €. Es ist daher bei Auslandsdienstreisen zukünftig dringend zu empfehlen, diese A1-Bescheinigung bei sich zu führen.

VII. Unfallkosten und Entfernungspauschale

Mit der Entfernungspauschale (0,30 € je Entfernungskilometer) sind sämtliche Fahrtkosten abgegolten. Bislang hat die Finanzverwaltung Aufwendungen für die Beseitigung von Unfallschäden, die bei einem  Verkehrsunfall auf dem Weg von oder zur Arbeit geschehen sind, steuerlich anerkannt. In zwei aktuellen Finanzgerichtsurteilen wurde festgelegt, dass mit der Entfernungspauschale auch Aufwendungen für Sach- und für Personenschäden abgegolten sind; da Revision beim Bundesfinanzhof anhängig ist, sollten die Kosten weiterhin geltend gemacht werden.

VIII. Kein Kindergeld bei berufsbegleitender Weiterbildung

Volljährige Kinder, die bereits einen Abschluss in einem Ausbildungsgang erlangt haben, haben nur Anspruch auf Kindergeld, wenn die weitere Ausbildung noch Teil der Erstausbildung und die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes ist (sogenannte mehraktige Berufsausbildung).

Kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das Kind bereits im Beruf steht und der weitere Ausbildungsgang nur berufsbegleitend durchgeführt wird. Da die Abgrenzung nicht immer eindeutig ist, sollten Sie in Zweifelsfragen rechtlichen Rat einholen; wir beraten Sie gerne!

IX. Abzinsung von Verbindlichkeiten

Unverzinsliche Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag mehr als 12 Monate beträgt, sind in der Regel mit 5,5 % abzuzinsen. Angesichts der Zinsentwicklung hat nun das Finanzgericht Hamburg erste Zweifel daran, ob die Höhe des Zinssatzes noch marktüblich ist.

X. Anspruch auf Familienversicherung

Gesetzlich Krankenversicherte können ihre Kinder und Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen kostenfrei mitversichern; die wichtigste Voraussetzung in der Praxis ist, dass die monatliche Einkommensgrenze für die Familienversicherung nicht überschritten wird, die 445,- € in 2019 beträgt (bei Minijobs 450,- €). Ist die Ehefrau über den Ehemann beispielsweise familienversichert und hat einen Minijob in Höhe von 450,- €, so darf sie keine weiteren Einkünfte, beispielsweise Kapitaleinkünfte oder Vermietungseinkünfte (auch nicht in geringfügiger Höhe) erhalten, da ansonsten die Familienversicherung gefährdet wird.

Tipp: Lohnsteuerfreie Extras erhöhen nicht das steuerpflichtige Gehalt und sind auf die 445,- €/450,- €-Grenze nicht anzuwenden. Eine Auflistung über steuerfreie Extras können Sie unserer Homepage entnehmen.

XI. Optimierung Elterngeld durch Steuerklassenwahl

Das Elterngeld beträgt 65 bis 67 % des durchschnittlichen Nettoeinkommens, das der betreuende Elternteil in den 12 Monaten vor der Geburt erhalten hat, höchstens jedoch 1.800,- € pro Monat.

Es bietet sich daher an, den Nettolohn zu optimieren – beispielsweise aufgrund der geringsten Lohnsteuerabzüge durch Wahl der Steuerklasse 3. Das Nettogehalt wird normalerweise auf Basis der Steuerklasse ermittelt, die im letzten Lohnabrechnungszeitraum gegolten hat; eine Ausnahme gilt, wenn der Arbeitnehmer in dem Jahreszeitraum die Steuerklasse gewechselt hat. In diesem Fall gilt dann die Steuerklasse, die in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessenszeitraums gegolten hat. Wechselt der Elterngeldberechtigte die Steuerklasse im Bemessenszeitraum für das Elterngeld mehrmals, kommt es auf die Steuerklasse an, die im Bemessenszeitraum relativ am nächsten gegolten hat.

Tipp: Wechseln Sie in die richtige Steuerklasse möglichst früh nach Bekanntwerden der Schwangerschaft beim Wohnsitzfinanzamt; grundsätzlich darf die Steuerklasse einmal im Kalenderjahr gewechselt werden.

XIII. Ehrenamt/Übungsleiterpauschale neben Minijobarbeitsverhältnis

Bei Institutionen, die steuerfreie Übungs- und/oder Ehrenamtspauschalen bezahlen können (beispielsweise gemeinnützige Vereine an Betreuer oder Übungsleiter) kann neben diesem Freibetrag von 2.400,- € bzw. 720,- € pro Jahr auch ein zusätzliches Minijobarbeitsverhältnis vereinbart werden.

Somit können – für den Empfänger steuerfrei – beispielsweise insgesamt derzeit 7.800,- € gezahlt werden, nämlich 2.400,- € als steuerfreie Ehrenamtspauschale/Übungsleiterpauschale nach 3 Nr. 26 (bzw. 720,- € 3 Nr. 26 A) und 5.400,- € pauschal verbeitragt als Minijobber.

Tipp: Beachten Sie aber, dass die Übungsleiterpauschale nur einmal pro Jahr und pro Steuerpflichtigen zur Verfügung steht. Mehrere Vergütungen von mehreren Vereinen werden also zusammengerechnet. Aus der Sicht des Vereins ist es daher wichtig, sich vom Empfänger bescheinigen zu lassen, dass er nicht noch bei anderen Vereinen derartige Vergütungen erhält.

XIV. Werbungskosten bei Übungsleiter

Das oberste Finanzgericht hat noch einmal bestätigt, dass solche Übungsleiter, die steuerfreie Einnahmen unterhalb der Pauschale erziehen, Werbungskosten abziehen können, die über die Einnahmen hinausgehen. Allerdings verlangt das Gericht, das der Steuerpflichtige die Absicht hat, insgesamt aus seiner Übungsleitertätigkeit einen Gewinn zu erzielen (Totalgewinnabsicht). Zweifel könnten immer dann bestehen, wenn auf Dauer höhere Werbungskosten als Einnahmen erzielt werden. Im konkreten Fall muss das Finanzgericht dies dann noch einmal überprüfen.

XV. Verrechnung von Zahlungen bei Mietrückständen

Bei Mietrückständen und Teilzahlungen von Mietern stellt sich häufig die Frage, wie diese Teilzahlungen auf die Mietrückstände, die sich möglicherweise aus mehreren Beträgen zusammensetzen, zu verrechnen sind. Wenn der Mieter keine ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung mitteilt, sieht der Bundesgerichtshof bei unzureichenden Zahlungen auf Mieten aus verschiedenen Zeiträumen die Anwendbarkeit des § 366 Abs. 2 BGB für zutreffend. Es ist dann bei mehreren fälligen Zahlungen diejenige, welche dem Gläubiger geringe Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter wird jede Schuld verhältnismäßig getilgt. Als Forderung mit geringer Sicherheit gilt insoweit die Betriebskostenvorauszahlung, die nach Eintritt der Abrechnungsreife oder nach erfolgter Abrechnung der Betriebskosten grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden kann. Bei Rückständen aus verschiedenen Jahren ist die Anrechnung stets auf die ältesten Rückstände vorzunehmen, weil diese zuerst verjähren und dem Vermieter somit eine geringere Sicherheit bieten. Bei Mietrückständen, die im selben Jahr angefallen sind, gilt ebenfalls das Kriterium der älteren Schuld. Erst danach kommt eine Verrechnung auf Nebenkostennachzahlungsforderungen in Betracht. Schließlich kommt noch eine Verrechnung auf sonstige Forderungen wie Mahnkosten und Rücklastschriftgebühren infrage. Jedem Vermieter ist anzuraten, diese Regeln bei der Verrechnung von Zahlungen zu beachten, damit nicht Forderungen unbeabsichtigt verjähren.

XVI. In eigener Sache

Im Jahr 2019 wurden wir vom „Handelsblatt“ zu den besten Steuerberatern 2019 gekürt, wie Sie vielleicht unseren Mailunterlagen bereits entnommen haben. Teilgenommen haben von den 29.000 Kanzleien in Deutschland 4.129 Beraterpraxen.

Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.