12 Sep Mandanten-Information III. Quartal 2016
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachfolgend einige aktuelle Informationen und Tipps nach den Sommerferien:
1. Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens
Nach Zustimmung des Bundesrates am 17.06.2016 zum Gesetz stellen wir nachfolgend die wesentlichen Neuerungen dar:
- Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt vornehmen, sofern kein Anlass dazu besteht, den Fall durch Amtsträger zu bearbeiten; ein Anlass zur manuellen Bearbeitung liegt u.a. dann vor, wenn der Steuerpflichtige Angaben in einem besonderen Abschnitt bzw. Datenfeld macht oder ungewöhnlich hohe Beträge geltend macht.
- Die elektronische Kommunikation soll deutlich ausgebaut werden: Demnach sollen Verwaltungsakte wie Steuerbescheide durch Datenabruf/ Datenübertragung bekannt gegeben werden und dem Gläubiger von Kapitalerträgen können die Steuerbescheinigungen elektronisch übersandt werden.
- Nicht steuerliche beratene Steuerpflichtige müssen die Steuererklärungen nicht bis zum 31.05, sondern bis zum 31.07 des Folgejahres abgeben. Die von einem Steuerberater angefertigten Erklärungen müssen nicht bis zum 31.12 des Folgejahres abgegeben werden, sondern Ende Februar des Zweitfolgejahres. In bestimmten Fällen kann das Finanzamt jedoch anordnen, dass die Erklärung vorzeitig abzugeben ist; die Abgabefrist beträgt dann vier Monate nach Bekanntgabe der Anordnung. Vorabanforderungen erfolgen insbesondere bei höheren Steuerzahlungen im Vorjahr.
- Daten, die auch im Rahmen der Einkommenssteuererklärung bedeutsam sind (wie beispielsweise Daten von Versicherungen, Arbeitgeber oder der Rentenversicherung), liegen der Finanzverwaltung elektronisch vor; insofern können Steuerpflichtige zukünftig auf eine eigenständige Angabe dieser Daten in der Steuererklärung verzichten. Um allerdings auszuschließen, dass die elektronischen Daten falsch sind, ist die Abgabe weiterhin ratsam.
Die Belegvorlagepflicht wird weitestgehend in eine Belegvorhaltungspflicht mit risikoorientierter Anforderung durch die Finanzverwaltung umgebildet. Beispielsweise müssen Spendenbescheinigungen erst auf Anforderung der Finanzverwaltung vorgelegt werden. Die Aufbewahrungsfrist beträgt ein Jahr nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung.
Das Gesetz tritt weitestgehend zum 01.01.2017 in Kraft. Die verlängerten Abgabefristen gelten jedoch erstmals für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.2017 beginnen.
2. Betriebsveranstaltungen
Seit 2015 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen im Jahr ein Freibetrag von je 110,- € pro Arbeitnehmer. Die Aufteilung in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil der übersteigenden Beträge gilt aber nicht für Umsatzsteuerzwecke. Hier gilt weiterhin eine 110,- € Freigrenze; wird diese überschritten, kann die Veranstaltung umsatzsteuerlich nur ganz oder gar nicht unternehmerisch veranlasst sein.
3. Nutzungsausfall- Entschädigung von PKWs sind Betriebseinnahmen
Erhält der Steuerpflichtige für einen PKW, der sich im Betriebsvermögen befindet, aber auch teilweise privat genutzt wird, eine Nutzungsausfallentschädigung (beispielsweise von der Versicherung des Unfallgegners), handelt es sich im vollem Umfang um eine Betriebseinnahme, auch wenn das Wirtschaftsgut auch teilweise privat genutzt wird bzw. sich der Unfall sogar auf einer Privatfahrt ereignet hat.
4. Inanspruchnahme der Elternzeit
Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss diese spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren genau Elternzeit genommen werden soll; nach aktuellem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes ist nun festgelegt, dass ein Telefax nicht ausreicht. Dies gilt auch für Anträge per E-Mail und SMS.
5. Erbschaftssteuerreform
Die von der großen Koalition vereinbarte Reform der Erbschaft- und Schenkungssteuer ist am 08.07.2016 im Bundesrat gescheitert; nun wird sich der Vermittlungsausschuss mit den Reformplänen befassen müssen.
6. Riester Zulage
Die BFH hat erneut geurteilt, dass für Pflichtmitglieder eines berufsständischen Versorgungswerks (Ärzte, Rechtsanwälte etc.), die von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit sind, kein unmittelbarer Anspruch auf die Riester- Zulage besteht.
Tipp: Sind diese Steuerpflichtigen jedoch verheiratet, können sie evtl. einen mittelbaren Riester-Anspruch haben über den sozialversicherungspflichtig angestellten Ehegatten.
7. Kündigung von Sparverträgen durch die Bausparkassen
Viele Bausparer haben noch hochverzinsliche (alte) Bausparverträge. Angesichts der derzeitigen Niedrigzinsphase gehen einige Bausparkassen dazu über, Altverträge zu kündigen. Mittlerweile gibt es zu diesen Themen widersprüchliche Gerichtsentscheidungen, teilweise sind Revisionen anhänglich, so dass der Bundesgerichtshof diesbezüglich entscheiden muss.
8. Elterngeld gekürzt um Unterhaltsleistungen
Unterhaltsleistungen sind im Veranlagerungszeitraum 2016 bis zu 8.652,- € als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Die eigenen Einkünfte und Bezüge des Unterhaltsempfängers mindern den Höchstbetrag allerdings um den Betrag, um den die Einkünfte und Bezüge 624,- € im Kalenderjahr übersteigen. Nach einem aktuellem Urteil des Finanzgerichts Münster sind bei den Bezügen der unterhaltenden Personen auch das Elterngeld in Höhe des Sockelbetrages (300,- € monatlich) zu berücksichtigen.
Tipp: Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, so dass geeignete Fälle über einen Einspruch offen gehalten werden können.
9. Entfernungspauschale deckt Unfallkosten auf dem Weg zur Arbeit ab
Durch die Entfernungspauschale sind nach einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Rheinland- Pfalz sämtliche Aufwendungen abgegolten, die einem Arbeitnehmer für die Wege zwischen Wohn und Arbeitsstätte entstehen. Somit können auch Unfallkosten und unfallbedingte Krankheitskosten nicht zusätzlich als Werbungskosten anerkannt werden. Dieses Urteil steht allerdings im Widerspruch zu einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 31.10.2013, nach dem Unfallkosten auf dem Weg zur Arbeit neben der Entfernungspauschale anzuerkennen sind. Solange die Finanzverwaltung an dieser Sichtweise festhält, sollte man die Unfallkosten weiterhin als Werbungskosten geltend machen.
10. Steuerreform 2017/ Bürokratieentlastungsgesetz
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat den Entwurf für das sogenannte Zweite Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt, welches einige Änderungen vorsieht:
- Die Grenze für die jährliche Abgabe von Lohnsteueranmeldungen soll von 4.000,- € auf 5.000,- € angehoben werden.
- Bei der Umsatzsteuer soll die jährliche Grenze für die Kleinunternehmer von 17.500,- € auf 20.000,- € ansteigen.
- Bezüglich der Umsatzsteuer soll die Grenze für Kleinbetragsrechnungen von 150,- € auf 200,- € angehoben werden.
- Änderungen bei der Fälligkeit der Gesamtsozialversicherungsbeiträge: Zukünftig sollen keine Schätzungen mehr notwendig sein, sondern die Verbeitragung soll sich künftig an die Höhe der tatsächlichen Beitragswerte des Vormonats orientieren.
11. Einsicht in die Personalakten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 12.07.2016 festgestellt, dass ein Arbeitnehmer zwar das Recht habe, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen und ggfls. ein Mitglied des Betriebsrates gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1, 2 BetrVG hinzuzuziehen, jedoch begründe diese Regelung keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer bei Einsichnahme in seine Personalakte einen Rechtsanwalt hinzuziehen kann. Ein solcher Anspruch folge jedenfalls dann weder aus der Rücksichtspflicht des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorab erlaubt hat, für sich Kopien von den Schriftstücken in seinen Personalakten zu fertigen. In diesem Fall ist dem einen Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz genügt, indem das Einsichtsrecht des Arbeitnehmers in die Personalakten dienen soll.
Hat ein Arbeitgeber einmal dem Arbeitnehmer gestattet, Kopien zu fertigen, ist der Arbeitgeber auch an diese Erlaubnis gebunden. Das gilt auch für einen etwaigen Betriebsnachfolger gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB.
12. Mietminderung und der Aufrechnung können auch im gewerblichen Mietvertrag unwirksam sein
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 06.04.2016 entschieden, dass eine formularmäßige Einschränkung des Rechts auf Mietminderung und Aufrechnung auch im Gewerberaummietrecht unwirksam sein kann. Die vom Bundesgerichtshof zu beurteilende Klausel lautete wie folgt:
„Der Mieter kann gegen die Miete weder aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht ausüben oder die Miete mindern. Hiervon ausgenommen sind Forderungen des Mieters wegen Schadenersatz für Nichterfüllung oder Aufwendungsersatz infolge eines anfänglichen oder nachträglichen Mangels der Mietsache, den der Vermieter wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zu vertreten hat, und andere Forderungen aus dem Mietverhältnis, soweit sie unbestritten, rechtskräftig festgestellt oder entscheidungsreif sind. Die Aufrechnung oder die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts ist nur zulässig, wenn der Mieter seine Absicht dem Vermieter mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete schriftlich angezeigt hat. Die Erstattung etwaiger im Wege der Aufrechnung geltend gemachter Gegenforderungen des Mieters aus dem Mietverhältnis erfolgt in monatlichen Teilbeträgen, die 30 % der jeweiligen Monatsmiete nicht übersteigen dürfen. Eine Aufrechnung gegen Nebenkosten oder eine Minderung der Nebenkosten durch den Mieter ist unzulässig.“
Zwar billigt der BGH grundsätzlich eine Einschränkung des Mietminderungsrechts und der Aufrechnungsmöglichkeiten im Gewerberaummietrecht. Die hier verwendete Klausel wurde jedoch als insgesamt unwirksam beurteilt, da eine Ausnahme der Verbote nur für Forderungen aus dem Mietverhältnis zugelassen ist. Gegenforderungen aus einem anderen Rechtsverhältnis außerhalb des Mietvertrages werden somit von den Verboten erfasst. Eine derartige Verkürzung der Gegenrechte des Mieters ist nach Auffassung des BGH nach Treu und Glauben unangemessen und daher gemäß § 307 BGB unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion auf ein inhaltlich noch zulässiges Maß kommt laut BGH nicht in Betracht.
13. Mindestlohn
Der Mindestlohn steigt von derzeit 8,50,- € zum 01.01.2017 auf 8,84 € pro Stunde. Arbeitgeber sollten die Vereinbarungen insbesondere bei Aushilfen kritisch überprüfen sowie ggfls. Anpassungen vornehmen. Unabhängig davon sind höhere Arbeitslöhne und/ oder Sondervergütungen gemäß etvl. allgemeinverbindlichem Tarifvertrag in bestimmte Branchen (z.B. Gaststätten, Reinigungsgewerbe) zu beachten.