Mandanten-Information III. Quartal 2022

Sehr geehrte Damen und Herren!

Sie haben es sicher schon längst aus den Nachrichten erfahren – die Wirtschaft wird mit immer neuen Vorschriften und vermehrter Bürokratie belastet. Da gibt es zum Beispiel die neue Verpackungsverordnung, die unterjährige Anpassung des Mindestlohns, die Abgabe der Grundsteuererklärungen bis Ende Oktober 2022 (mit Daten, die den Behörden bereits vorliegen…) und noch einiges mehr.
Insbesondere die Steuerberater werden mit der Umsetzung kurzfristig verabschiedeter Gesetze konfrontiert, bei denen es teilweise leider noch keine eindeutigen Antworten auf herrschende Unklarheiten gibt. Zum 31.08.2022 läuft ferner die Abgabefrist für die Steuerklärung 2020 ab. Die Corona-Schlussabrechnungen können auch nicht warten und wir beschäftigen und mit der Energiepreispauschale. Letzteres ist besonders schwierig, weil in der Praxis viele neue Fragen auftauchen.

Wir als Kanzlei stellen uns selbstverständlich diesen Anforderungen und versuchen, all unseren Mandanten im größtmöglichen Umfang Unterstützung zu bieten. Jedoch sind wir mittlerweile an der Kapazitätsgrenze angelangt und können daher nur eine Bearbeitung nach Frist bzw. Priorität umsetzen. Wir bitten daher um Verständnis, wenn es im Einzelfall einmal länger dauern sollte.

In gewohnter Weise fassen wir aber jetzt erst einmal die aktuellen Neuerungen, insbesondere aus dem Steuerrecht, nachfolgend für Sie zusammen:

1. Energiepreispauschale
Für 2022 erhält der Arbeitnehmer eine (abgabenpflichtige) Auszahlung einer Energiepreispauschale von 300,- €; anspruchsberechtigt sind jedoch nur Steuerpflichtige, die Gewinneinkünfte oder Einkünfte aus einer (aktiven) Arbeitnehmertätigkeit erzielen. Die Energiepreispauschale wird spätestens mit der Einkommensteuerveranlagung ausgezahlt, alternativ über eine Minderung der Einkommensteuervorauszahlungen im 3. Quartal 2022 insbesondere bei Unternehmern. Bei Arbeitnehmern erfolgt die Auszahlung über den Arbeitgeber, die teilweise aufwendige Ermittlungen der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer zum 01.09.2022 anstellen müssen. Der Arbeitgeber selbst erhält die an die Arbeitnehmer gezahlte Energiepreispauschale über die Minderung der abzuführenden Lohnsteuer zurückerstattet, hierfür wurde die Jahresanmeldung um eine neue Eintragungszeile ergänzt.

Keinen Anspruch auf die Pauschale haben Personen, die ausschließlich Vermietungseinkünfte, Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Renten bzw. Pensionen beziehen. Problematisch sind geringfügige Beschäftigungen: hier wird die Pauschale nur ausgezahlt, wenn es sich um das erste Dienstverhältnis – dies muss der Arbeitgeber ermitteln und sich schriftlich bestätigen lassen.

2. Transport-Verpackungsregister
Das deutsche Verpackungsgesetz gilt bereits seit dem 01.01.2019; Mitte 2021 wurde es jedoch deutlich erweitert: bisher war die Registrierung im sogenannten LUCID-Register bei der „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ (ZSVR) nur für Hersteller verpflichtend, die Produkt- und Versandverpackungen in Verkehr bringen. Seit dem 01.07.2022 müssen auch Transportverpackungen und Mehrwegverpackungen gemeldet werden; Unternehmen müssen sich bei LUCID registrieren und die entsprechenden Mengen dort melden. Für den Mittelstand ist es von Bedeutung, dass die Letzt-Inverkehrsbringer von Serviceverpackungen (Restaurants, Imbisse, Lebensmittelhändler, etc.) nun ebenfalls bei der ZSVR registriert sein müssen. Dort muss bestätigt werden, dass die Lieferanten die Servicepackungen bei einem anerkannten dualen Entsorgungsbetrieb beteiligen (im Sinne von Anmelden und Abrechnen). Erläuterungen, Procedere und weitere Änderungen finden sich im Internet unter www.verpackungsregister.org. Die Pflicht gilt für Unternehmer bereits ab der ersten in Umlauf gebrachten Verpackung. Da das Register öffentlich ist, besteht die Gefahr, bei Verstößen von Konkurrenten abgemahnt zu werden.

3. Corona-Pflegebonus
Der Kreis der Anspruchsberechtigten für den durch den Arbeitgeber (auf freiwilliger Basis steuerfrei) zu zahlenden Corona-Pflegebonus in Höhe von 4.500,- € betrifft nicht nur Pflegekräfte, sondern auch Arbeitnehmer, die in den begünstigten Einrichtungen oder Diensten tätig sind beispielsweise Bürokräfte.
Dieser Corona-Pflegebonus ist steuerfrei – und zwar für jedes Dienstverhältnis.
Von dem Corona-Pflegebonus ist die Steuerbefreiung der Corona-Prämie bis zu 1.500,- € abzugrenzen – diese wird für Zahlungen nicht nur in den Pflegeberufen gewährt.

4. Umsetzung des 4. Corona-Steuerhilfegesetzes
Bereits im letzten Mandanten-Info hatten wir über die beabsichtigten Änderungen berichtet; das Steuerhilfegesetz wurde am 10.06.2022 im Bundesrat beschlossen. Neben den bereits dargestellten Gesetzesänderungen gibt es jedoch auch Erweiterungen:

  • unverzinsliche Verbindlichkeiten sind zukünftig nicht mehr abzuzinsen,
  • Steuerzinsen 0,15 % pro Monat anstelle bisher 0,5 %,
  • die Förderung der steuerfreien Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld wurde bis Ende 6/2022 verlängert sein,
  • Homeoffice-Pauschale wurde bis zum 31.12.2022 verlängert (5,00 € pro Tag, max. 600,00 € im Jahr),
  • Besteuerung von virtuellen Währungen (Krypto-Währung)

Die Finanzverwaltung hat im Mai ein 24-seitiges Schreiben herausgebracht, in welchen Fällen Gewinne in welcher Höhe zu versteuern sind. Interessant ist dabei, dass virtuelle Währungen und sogenannte Token ein anderes Wirtschaftsgut sind im Sinne des § 23 EStG; Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen sind nur steuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt; es gilt eine Freigrenze von 600,00 € pro Jahr. Bei Verlusten gilt jedoch auch die Jahresfrist.
Tipp: Beim häufigen An- und Verkauf bzw. Handel von sogenannte Krypto-Währungen ist die Erarbeitung der steuerpflichtigen Einkünfte durchaus umfangreich; behilflich sein können Online-Programme wie CoinTracking.

5. Neues Nachweisgesetz seit 01.08.2022
Aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen (EU-Richtlinie 2019/1152) musste der deutsche Gesetzgeber auch das Nachweisgesetz (NachwG) ändern, in welchem die Dokumentationspflichten der Arbeitgeber moniert sind.

Folgende Arbeitsbedingungen sind in § 2 neu mitaufgenommen worden:

  • bei befristetem Arbeitsverhältnis das Enddatum
  • ggfls. die freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
  • sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
  • die Vergütung von Überstunden, wobei nunmehr die Bestandteile des Arbeitsentgeltes getrennt anzugeben sind
  • die Art der Auszahlung
  • vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • bei Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG: die Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend den Arbeitsanforderungen zu erbringen hat, die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, der Zeitrahmen, bestimmt durch Referenztage und Referenzstunden, der für die Erbringung der Arbeitsleistung festgelegt ist, die Frist, innerhalb derer der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit im Voraus mitzuteilen hat, sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
  • wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, Name und die Anschrift des Versorgungsträgers
  • das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis, die Frist zur Kündigungsschutzklage
  • Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen

Für die Frist zur Vorlage der Niederschrift gelten für einzelne Bestimmungen unterschiedliche Fristen. Auch für Praktikanten gelten weitergehende Dokumentationspflichten. Bei Beratungsbedarf steht Ihnen Herr Dr. Engel zur Verfügung.

6. Mietpreisbremse soll verlängert werden
Die sogenannte Mietpreisbremse soll nach dem Willen der Bundesregierung bis voraussichtlich 2029 verlängert werden. Bei einer Neuvermietung bedeutet das, dass bei Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Miete zu Beginn eines Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 % übersteigen darf (§ 556d Abs. 1 BGB). Zudem ist geplant, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von bisher 15 % auf 11 % in 3 Jahren reduziert wird.

7. Grundsteuer
Wir sind derzeit noch damit befasst, die von uns zu erledigenden Grundsteuer-Wertermittlungen vorzubereiten; da aller Voraussicht nach die Abgabefrist (31.10.2022) verlängert wird, es noch eine Reihe von unklaren Punkten gibt und die Software nicht reibungslos läuft, werden wir mit der endgültigen Bearbeitung und Einreichung der Grundsteuer-Wertermittlungen nicht zeitnah beginnen. Uns bereits erteilte Aufträge werden wir jedoch fristgerecht erledigen.

8. Bauabzugssteuer
Das Bundesfinanzministerium hat ein neues Schreiben zur Bauabzugssteuer, immerhin 20 Jahre alt, mit Wirkung zum 19.07.2022 veröffentlicht. Unternehmer sind grundsätzlich verpflichtet, bei Bauleistungen 15 % der Gegenleistung einzuhalten, wenn nicht folgende Ausnahmen gelten:

  • Bagatellregelung: kein Steuerabzug, wenn man als Vermieter nicht mehr als zwei Wohnungen vermietet und wenn die Rechnungsbeträge 5.000,- € im Jahr bzw. 15.000,- € (für Vermieter mit nur umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätzen) nicht übersteigt.
  • Freistellungsbescheinigung: die Freistellungsbescheinigung erhält der Unternehmer von seinem zuständigem Wohnsitzfinanzamt/Ansässigkeitsfinanzamt.

Betroffen von dem Begriff der Bauleistung sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandhaltung und Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen – auch die Installation einer Photovoltaikanlage!
Vorsicht: Halten Sie die Bauabzugssteuer nicht ein, obgleich keine der o.g. Ausnahmeregelungen greift, haften Sie für die nicht abgeführte 15 %-ige Steuer.

9. Mindestlohn
Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts, welches durch das Landessozialgericht Bayern aktuell bestätigt wurde, ist bei der Berechnung des Mindestlohns nur die Entgeltleistung in Form von Geld zu berechnen, Sachbezüge wie die Gewährung von beispielsweise freier Unterkunft oder Verpflegung bleiben außen vor.

10. Vorsteuervergütungsverfahren
Wurden Unternehmer im Jahr 2021 im EU-Ausland mit ausländischer Umsatzsteuer belastet, müssen sie einen Erstattungsantrag bis zum 30.09.2022 elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern eingeben.

11. 9,00 €-Ticket – lohnsteuerliche Fragen
Zuschüsse, die Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu deren Aufwendungen für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel gewähren, sind steuerfrei, aber auf die Höhe der Aufwendungen des Arbeitnehmers beschränkt. Für Juni, Juli und August 2022 (9,00 €-Ticket) wird es nicht beanstandet, wenn Zuschüsse des Arbeitgebers die Aufwendungen des Arbeitnehmers für Tickets übersteigen soweit die Zuschüsse die Aufwendungen bezogen auf das Jahr 2022 insgesamt nicht übersteigen. Wird insgesamt ein höherer Zuschuss gezahlt als tatsächlich anfällt, ist der Differenzbetrag als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln.
Zu beachten: die steuerfreien Arbeitgeberleistungen mindern die Entfernungspauschale beim Arbeitnehmer.

12. Referentenentwurf Jahressteuergesetz 2022
Seit dem 28.06.2022 gibt es einen Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2022; die wesentlichen Änderungen bzw. Neuerungen sind:

  • Gebäude-Afa: Bisher beträgt die AfA – bis auf Ausnahmefällen – 2 % pro Jahr bei Wohngebäuden; der Prozentsatz soll ab 01.01.2024 auf 3 % angehoben werden.
  • vollständiger steuerliche Abzug von Altersvorsorgeaufwendungen zur Basisvorsorge bereits ab 2023 (anstelle ab 2025).
  • Bisher dürfen Verluste bei Kapitaleinkünften eines Ehegatten nicht mit positiven Kapitalerträgen des anderen verrechnet werden; dieses soll ab VZ 2022 ermöglicht werden.
  • Der Sparerfreibetrag soll von bisher 801,- €/1.602,- € bei Verheirateten auf 1.000,- € bzw. 2.000,- € ansteigen ab 01.01.2023.
  • Ausbildungsfreibetrag soll ab 2023 von bisher 924,- € auf 1.200,- € angehoben werden.

Bei den vorliegenden Punkt handelt es sich um einen ersten Referentenentwurf; dieser wird sicherlich durch die politischen Gremien im Laufe der Diskussion noch angepasst, so dass bis zur endgültigen Verkündung noch einige Zeit ins Land gehen wird.