Mandanten-Information III. Quartal 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

in gewohnter Weise fassen wir die aktuellen Neuerungen, insbesondere aus dem Steuerrecht, nachfolgend zusammen:

1. Neuerungen bezüglich PV-Anlagen

Seit dem 01.01.2023 unterliegt die Lieferung und Installation bestimmter PV- Anlagen einem Umsatzsteuersatz von 0 %; die Neuregelung ist für alle Leistungen anzuwenden, die ab dem 01.01.2023 ausgeführt werden.

Einkommensteuerlich sind Gewinne und Verluste aus den meisten kleineren PV-Anlagen bereits ab dem 01.01.2022 unbeachtlich, unabhängig von einem dann nicht mehr erforderlichen Antrag auf Liebhaberei. Mit diesen Änderungen wollte der Gesetzgeber Anlagen, die auf privaten Immobilien wie beispielsweise dem Einfamilienhaus stehen, aus der Besteuerung herausnehmen. Betroffen sind insbesondere Anlagen bis 30 kWp auf Wohnimmobilien. Nunmehr gestattet es die Finanzverwaltung, unter gewissen Annahmen, die PV- Anlage dem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen zu entnehmen, was für Alt-PV-Anlagen, bei der der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, durchaus interessant sein kann. In diesen Fällen kann eine steuerfreie Entnahme gegenüber dem Finanzamt erklärt werden.

Tipp: Bei PV-Anlagen ohne Batteriespeicher, die nicht entnommen werden dürfen, wäre es überlegenswert, einen solchen anzuschaffen und anschließend dadurch die Entnahme der gesamten PV-Anlage umsatzsteuerfrei vorzunehmen. Im Bedarfsfall sprechen Sie uns gerne an.

Entnahme von PV-Altanlagen (Anschaffung vor 01.01.2023)

Unter gewissen Voraussetzungen konnte man zur Umsatzsteuer optieren, so dass der Anschaffer und Betreiber der Anlage die Vorsteuer erstattet bekommen hat. Dies bindet ihn zunächst für fünf Jahre.

Beachte: Ein Wechsel von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung kann immer zu Beginn eines Kalenderjahres erfolgen: Erwerb PV-Anlage ab 01.12.2022 inkl. Vorsteuerabzug, frühester Wechsel zur Kleinunternehmerregelung zum 01.01.2027.

Risiko: Die Option erstreckt sich auf das Besteuerungsjahr (Kalenderjahr), während ein Berichtigungszeitraum über fünf volle Jahr (60 Monate) läuft. Wird beispielsweise zum 01.01.2027 zur Kleinunternehmerregelung gewechselt, sind vom Berichtigungszeitraum erst 49 Monate abgelaufen, so dass 11/60 der Vorsteuer zurückzuzahlen ist. Damit ist ein Wechsel erst ab dem 01.01.2028 zu empfehlen.

2. Neuerungen durch das Wachstumschancengesetz

Das 275 Seiten umfassende Dokument mit unzähligen Einzelmaßnahmen soll verhandelt und bis zum Jahresende umgesetzt werden, die wichtigsten Punkte wie folgt:

    1. Prämie für Investitionen in Klimaschutz (15 % der Investitionen im Zeitraum 2024-2027)
    2. Ausweitung des Verlustrücktrags auf drei Jahre
    3. Aufhebung der Beschränkung beim Verlustvortrag 2024-2027
    4. Verbesserung bei der Sofortabschreibung von GWG (Grenze 1.000,-€ statt 800,- €)
    5. Erhöhung Sonderabschreibung nach 7 g EStG von 20 % auf dann 50 %
    6. Einführung einer Freigrenze für Einnahmen von Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.000,- €
    7. Anhebung der Freigrenze privater Veräußerungsgeschäfte von 600,- € auf 1.000,- €
    8. Erhöhung der Grenze für die Ist-Versteuerung von Unternehmen von 000,- € auf 800.000,- € pro Jahr
    9. Anhebung der Grenze für die vierteljährliche Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen von 000,- € auf 2.000,- €
    10. Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht von 600.000,- € auf 800.000,- €
    11. Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Anwendung von elektronischen Rechnungen zwischen inländischen Unternehmen

Inwieweit diese einzelnen Maßnahmen zur Vereinfachung des Steuersystems (Stichwort Bürokratieabbau) und zur Förderung der Steuerfairness (eigentlich: Verschärfung) dienen, bleibt abzuwarten.

3. Coronahilfen

Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnungen der diversen Coronahilfen (Überbrückungshilfen 1-4, November-/Dezemberhilfe) wurde erneut verlängert und läuft nach aktuellem Stand zum 31.10.2023 ab. Es kann eine individuelle Fristverlängerung bis zum 31.03.2024 beantragt werden, was durch uns bereits flächendeckend erledigt ist. Wir sind derzeit damit befasst, die Schlussabrechnungen sukzessive zu bearbeiten. Sofern wir für Sie Coronahilfen beantragt haben und Sie noch keine Rückmeldung von uns hinsichtlich der Schlussabrechnungen erhalten haben, werden wir uns noch bei Ihnen melden.

Wir bitten aufgrund der Vielzahl der Anträge um Verständnis und zeitnahe Rückmeldung bei ggfls. anfallenden Rückfragen. Ohnehin haben wir von Berufsverbänden bzw. Bewilligungsstellen die Information erhalten, dass frühestens in 2024 mit der abschließenden Bearbeitung der übermittelten Schlussabrechnungen begonnen wird und dieser Prozess voraussichtlich zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen wird. Erst nach Bearbeitung durch die Bewilligungsstellen und Erlass eines Schlussbescheides werden mögliche Rückzahlungen/Nachzahlungen fällig, wobei hier zudem großzügige Zahlungsfristen eingeräumt werden sollen.

4. Reform des Arbeitszeitgesetzes: elektronische Zeiterfassung für Beschäftigte

Das Bundesarbeitsgericht hat 2022 entschieden, dass die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist; der Arbeitgeber ist demnach verpflichtet,  ein System einzuführen und zu nutzen, mit dem die Arbeitszeit erfasst werden kann. Nunmehr liegt der Entwurf eines Arbeitszeitgesetzes vor; demnach sollen Beginn, Ende und Dauer am Tag der Arbeitsleistung elektronisch aufgezeichnet werden, der Arbeitgeber ist hierfür verantwortlich. Grundsätzlich besteht aber auch die Möglichkeit der Aufzeichnung durch den Arbeitnehmer ohne einen Dritten.

Erleichterung: Arbeitgeber mit bis zu 10 Arbeitnehmern sollen die Arbeitszeit auch in nicht elektronischer Form aufzeichnen dürfen.

5. Strom und Arbeitszimmer

Liegt ein steuerlich anzuerkennendes und unbeschränkt abzugsfähiges häusliches Arbeitszimmer vor, so können Arbeitnehmer die anteiligen Kosten steuerlich geltend machen. Unabhängig von der Steuerbefreiung des selbst erzeugten Stroms (ab 2022) können die anteiligen Stromkosten weiter als Werbungskosten angesetzt werden, aus Vereinfachungsgründen mit 0,20 €  je kWh.

6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – airbnb

Die Steuerfahndung in Hamburg hat von einem Vermittlungsportal erneut Daten zu steuerlichen Kontrollzwecken erhalten; diesmal geht es um Vermietungsumsätze von 56.000 Gastgebern, so dass mit entsprechenden Ermittlungsverfahren durch die Steuerbehörden zu rechnen ist bis hin zum Steuerstrafverfahren.

7. Steuerliche Absetzbarkeit von Sehhilfen

Sehhilfen (Brillen) sind ebenso wie Hörgeräte medizinische Hilfsmittel und somit nur als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn die sogenannte zumutbare Belastung (zwischen 1 % und 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte) überstiegen wird. Dies gilt selbst für eine Bildschirm-Arbeitsplatzbrille, die im Regelfall nicht als werbungskostenabzugsfähig ist; etwas anders gilt, wenn der Arbeitnehmer beruflich regelmäßig am Bildschirm arbeitet und der Arbeitgeber nach den Arbeitsschutzkriterien die Kosten der Bildschirmarbeitsplatzbrille zu tragen hat. Die Kosten stellen bei ihm Betriebsausgaben dar, beim Empfänger sind diese steuerfrei.

Wichtig ist, dass ein Augenarzt vor der Anschaffung der Brille bescheinigt, dass diese Hilfe notwendig ist, die Bescheinigung eines Optikers reicht nicht aus. Eine weitere Ausnahme gibt es, wenn die Brille durch einen Arbeitsunfall oder Berufskrankheit erforderlich ist oder es sich um eine Schutzbrille beispielsweise für einen Schweißer handelt. Ein Abzug als Werbungskosten ist auch zulässig, wenn eine Brille während der beruflichen Tätigkeit zerstört wird; hierfür sollte eine Bescheinigung des Arbeitgebers angefordert werden.

8. Reaktivierung einer ausgelaufenen Abschreibung

Ältere Immobilien, die seit längerer Zeit im Familienbesitz sind, können zumeist nicht mehr abgeschrieben werden, da die steuerliche Nutzungsdauer abgelaufen ist. Als Möglichkeit zur Anhebung des AfA-Volumens ist die entgeltliche Übertragung an beispielsweise die nachfolgende Generation, da dieses grunderwerbsteuerfrei ist. Als weitere Alternative ohne Veräußerungsvorgang kann sich die Einlage der bereits abgeschriebenen Immobilien in eine beteiligungsidentische gewerbliche GmbH & Co. KG empfehlen, die zum Verkehrswert erfolgt, der sodann abgeschrieben werden kann. Nachteil dieser Variante ist, dass neben den Notargebühren die Immobilien dann steuerliches Betriebsvermögen werden.

Sofern die Gesellschaft beteiligungsidentisch ist mit den bisherigen Eigentümern, ist die Gestaltung auch grunderwerbsteuerfrei. Dieses ist sicherlich kein gangbarer Weg für alle Immobilien; im Einzelfall kann die Vorteilhaftigkeit berechnet werden.

9. Vorsteuervergütungsverfahren

EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern die dort gezahlte Umsatzsteuer über das Vorsteuervergütungsverfahren, wenn sie im Ausland bislang nicht registriert sind. Die Anträge sind bis zum 30.09.2023 über das Onlineportal des Bundeszentralsamts für Steuern zu stellen.

10. DSGVO vs. Steuergeheimnis

Das Finanzamt darf einen Steuerpflichtigen trotz der Datenschutzgrundverordnung zur Vorlage von persönlichen Daten wie Mietverträgen, Schreiben von Mietänderungen etc. auffordern; bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit ist der hohe Stellenwert des Interesses an einer allgemein möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen der Datenschutzgrundverordnung höhergestellt.

11. Brutto- oder Nettowert bei Grenzwerten

35,- € bei Geschenken an Geschäftsfreunde, 60,- € bei Aufmerksamkeiten an Arbeitnehmer, 50,- € bei Sachbezügen stellen die steuerlichen Grenzbeträge dar, bis zu denen keine Steuern oder Abgaben anfallen. Es stellt sich oftmals die Frage, ob es Brutto- oder Nettowerte sind. Bei lohnsteuerlichen Werten (Aufmerksamkeiten 60,- €, Freigrenze für Sachbezüge 50,- €) handelt es sich um Bruttowerte, die maßgeblich sind. Bei Geschenken an Geschäftsfreunde (Grenze 35,- €) gilt ein Nettowert, wenn das Unternehmen vorsteuerabzugsberechtigt ist, sonst brutto. Komplizierend dazu kommt, dass bei geringwertigen Wirtschaftsgüter (800,- € bis 1.000,- € Sammelposten) immer auf den Nettowert abgestellt wird, unabhängig davon, ob eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht.

12. In eigener Sache

Die elektronischen Medien wie Smartphones und das Programm WhatsApp ermöglichen einen unkomplizierten und schnellen Informationsaustausch; dieses verleitet zunehmend dazu, uns auszugsweise Schnappschüsse von eingehenden Schriftverkehr, Steuerbescheiden oder Ähnliches zu übersenden, die wir nicht oder nur mühsam lesen können und die oftmals nicht vollständig sind.

Daher unsere Bitte: bitte stellen Sie sicher, dass wir lesbare und vollständige Unterlagen, insbesondere Bescheide, erhalten!