Mandanten-Information IV. Quartal 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

in gewohnter Weise fassen wir die aktuellen Neuerungen, insbesondere aus dem Steuerrecht, nachfolgend zusammen:

1. Entwurf Jahressteuergesetz 2022

  • Neuregelungen des Abzugs von Aufwendungen für die Tätigkeiten im häuslichen Arbeitszimmer
    Der Höchstbetrag soll zukünftig raumbezogen gewährt werden, wenn den Steuerpflichtigen, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen, dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht; der Höchstbetrag wird in einen Pauschbetrag umgewandelt. Die Pauschale kann pro Raum maximal einmal pro Jahr beansprucht werden. Daneben bleibt die Homeoffice-Pauschale als vereinfachende Regelung bestehen, wenn kein typisches häusliches Arbeitszimmer zur Verfügung steht, in Höhe von 5,- € pro Tag, wobei der jährliche Höchstbetrag von bisher 600,- € auf 1.000,- € erhöht werden soll.
  • (kleinere)Photovoltaikanlagen
    a) Einkommensteuer
    bisher: Wahlrecht für Anlagen unter 10 kWp zur Liebhaberei. Folge: ertragsteuerlich unbeachtliche Einkünfte.
    b) ab 2023: sämtliche Einnahmen, aus Alt- oder Neuanlagen, die nach dem 31.12.2022 erzielt werden, werden steuerfrei bei PV-Anlagen von unter 30 kWp auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kWp pro Einheit und unter 100 kWp pro Immobilie bei Wohn- und Gewerbeobjekten.
    c) Umsatzsteuer
    bisher: sofern Einspeisung, Option zur Umsatzbesteuerung eventuell sinnvoll aufgrund Vorsteuerabzug.
  • Ab 2023: Lieferung und Installation von PV-Anlage ist „steuerfrei“, Option zur Umsatzsteuer und Buchführung daher nicht notwendig.
  • lineare Gebäudeabschreibung wird für Wohngebäude, die nach dem 30.06.2023 fertiggestellt werden, auf 3 % erhöht. Wermutstropfen: in Ausnahmefällen konnte bisher nach einer begründeten tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer abgeschrieben werden, dieser Passus soll entfallen.
  • Erhöhung Sparerpauschbetrag von 801,- € auf 1.000,- € (2.000,- € bei Ehegatten) ab 2023
  • vollständiger Sonderausgabenabzug für bestimmte Altersvorsorgeaufwendungen soll von 2025 auf 2023 vorgezogen werden.

2. Regierungsentwurf für ein Inflationsausgleichgesetz
Nach einem Regierungsentwurf vom 14.09.2022 sind folgende Maßnahmen geplant:

  • Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrages zum 01.01.2023 von 10.347,- € auf 10.623,- €, 2024 Anhebung um weitere 300,- €
  • Spitzensteuersatz greift ab 2023 bei Einkommen von 61.972,- € (bisher 58.597,- €)
    Grenze für den Reichensteuersatz (277.826,- €) bleibt bestehen.
  • Erhöhung der Kinderfreibeträge: 01.01.2022 8.548,-. 0101.2023 8.688,- €,, 01.01.2024 8.916,-€
  • Erhöhung Kindergeld ab 01.01.2023 für die ersten beiden Kinder um monatlich 18,- €, für das dritte Kind 12,- €, dann 237,- € im Monat

3. Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erstgasnetz
Vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 gilt nur ein Umsatzsteuersatz von 7 % anstelle 19 % für Gasleistungen. Zudem können Arbeitgeber Zahlungen an Arbeitnehmer bis zu 3.000,- € abgabenfrei bezahlen, wenn die Zahlungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden in der Zeit vom 27.10.2022 bis zum 31.12.2024. Es ist nicht erforderlich, Einmalbeträge zu zahlen, es können auch mehrere Teilbeträge gezahlt werden. Hinsichtlich dieser Pauschale verweisen wir auf die aktuellen Informationen auf unserer Homepage.

4. Hinzuverdienstgrenze
Frührentner konnten bisher bis zu 6.300,- € Im Jahr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wurde. Pandemiebedingt wurde die Grenze bis Ende 2022 auf 46.060,- € angehoben; diese temporäre Beschränkung entfällt, so dass Frührentner zukünftig unbeschränkt hinzuverdienen können, ohne dass eine Rentenkürzung droht.

5. Entlastungspaket für Rentner und Studenten
Rentner soll bis Mitte Dezember 2022 eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300,- € erhalten, die grundsätzlich steuerpflichtig ist. Die Einmalzahlung soll es auch für Versorgungsempfänger des Bundes geben. Rentner oder Pensionäre, die Rente beziehen und noch einen Job oder Minijob ausüben, können die Prämie somit zweimal erhalten. Studenten und Fachschüler sollen 200,- € erhalten.

6. Künstlersozialabgabe
Der Beitrag zur Künstlersozialabgabe von Unternehmen, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten, steigt von 4,2 % auf 5 %.

7. Minijobs und Midijobs ab 01.10.2022
Gleichzeitig mit der Anhebung des Mindestlohns auf 12,- € pro Stunde und der Anhebung der monatlichen Verdienstgrenze auf 520,- € für Minijobber (entspricht einer Tätigkeit von 10 Stunden Woche) wurde auch die Grenze für Midijobs auf 1.600,- € angehoben. In diesem Bereich der Gleitzone zwischen 520,01 € und 1.600,- € sollten Arbeitnehmer gleichgestellt werden, indem sie weniger Beiträge zur Sozialversicherung zahlen müssen. Arbeitgeber müssen ab Oktober bei einem Bruttolohn ab 520,01 € statt bisher 20 % nunmehr 28 % Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung leisten, Arbeitnehmer werden entsprechend entlastet und zahlen somit bei vollem Versicherungsschutz weniger Beiträge. Mit steigendem Lohn steigt dann der Beitragsanteil der Beschäftigen und sinkt der Anteil der Arbeitgeber, bis sich beide ab 1.600,- € den Gesamtbeitrag zur Sozialversicherung hälftig teilen.

Gemäß 3. Entlastungspaket der Bundesregierung soll die Midijobgrenze auf 2.000,- € steigen, so dass zu befürchten ist, dass die Arbeitgeber entsprechend mehr belastet werden. Weitere Infos zum Mindestlohn und Minijobs finden Sie auf unserer Homepage in einem Merkblatt im Servicebereich.

8. Zinsen für Steuernachzahlungen für 2020
Für die Steuerklärungen 2020, 2021 und 2022 wurden die Abgabefristen verlängert und zudem die zinsfreien Karenzzeiten. Nachzahlungen oder Erstattungen, die das Jahr 2020 betreffen, werden ab dem 01.10.2022 verzinst; die Steuerklärungen waren am 31.08.2022 abzugeben. Um Zinsen (0,15 % pro Monat) zu vermeiden, kann die voraussichtliche Steuernachzahlung bereits vorab an das Finanzamt überwiesen werden mit Hinweis auf die voraussichtliche Steuerschuld.

9. Bestandteile des Arbeitszeugnisses
Immer wieder stellt sich die Frage, ob ein Arbeitgeber verspflichtet ist, die sogenannte Dank- und Wunschformel in das Zeugnis mit aufzunehmen. Nachdem zunächst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf einem entsprechendem Verlangen des Arbeitnehmers stattgegeben hat, dem im Übrigen in dem Zeugnis einwandfreies Verhalten und überdurchschnittliche Leistungen attestiert wurden, hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 15.01.2022, 9 A ZR 146/21, festgestellt, dass weder aus dem Rücksichtnahmegebot noch aus Höflichkeit oder einer gewissen Erwartungshaltung heraus ein Anspruch des Arbeitnehmers auf die entsprechende Schlussformulierung im Zeugnis bestünde. Arbeitgeber könnten aufgrund der verfassungsrechtlich garantierten negativen Meinungsfreiheit nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht gezwungen werden, Dank und gute Wünsche zu äußern, wenn sie hierzu lieber schweigen wollten. Das beantwortet die Frage der Verpflichtung des Arbeitgebers jedoch nicht vollständig. Das Bundesarbeitsgericht lässt nämlich die Frage offen, ob dies auch gilt wenn ein Arbeitgeber in den Zeugnissen standardmäßig entsprechende Schlussformeln verwendet. Hieraus könnte unter Gleichbehandlungsgrundsätzen ein entsprechender Anspruch des Arbeitnehmers abzuleiten sein. Festzuhalten bleibt, Arbeitgeber, die solche Schlussformeln nicht standardmäßig verwenden, sind nicht verpflichtet, die persönliche Schlussformel in den Zeugnistext aufzuwiegen.

10. Neue Grundsteuer
Wir haben insbesondere Rückmeldungen erhalten bei selbstgenutzten oder vermieteten Gewerbeimmobilien. Diesen Personenkreis hat das Finanzamt angeschrieben. Nicht gesondert angeschrieben wurden aber Eigentümer der folgenden Grundstücke:

  • geschäftlich genutzte WEG-Einheiten (Teileigentum)
  • Grundstücke mit gewerblicher Nutzung von mehr als 20 %
  • sonstige bebaute Grundstücke.

Hier bedarf es aber eines besonderen Auftrags, damit wir tätig werden können. Auch hier erwartet das Finanzamt eine Steuererklärung bis 31.01.2023.
Außerdem benötigen wir eine besondere Einheitswertnummer (nicht die Einkommensteuer-Steuernummer); diese können Sie dem früheren Einheitswertbescheid für das betreffende Objekt oder dem Grundsteuerbescheid der jeweiligen Gemeinde entnehmen.

11. Erleichterungen im Sanierungs – und Insolvenzrecht wegen Energiekrise geplant
Das Bundeskabinett hat wegen der drohenden Energiekrise bei Kapitalgesellschaften beschlossen, den Prognosezeitraum für die Prüfung der Zahlungsfähigkeit für den Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung auf 4 Monate zu verkürzen. Bei Restrukturierungsverfahren im Rahmen von Insolvenzen müssen Finanzpläne vorgelegt werden, die jetzt nur noch für einen Zeitraum von 6 Monaten vorgelegt werden müssen. Das Gesetz soll bis zum 31.12.2023 gelten, und zwar sowohl für jetzt in die Überschuldung geratende Unternehmen wie auch bereits überschuldete Unternehmen.

Es gibt verschiedene Insolvenzantragsgründe und Fristen für die Antragstellung:
Im Rahmen der Überschuldung ist ein Zeitraum von 8 Wochen nach Eintritt der Überschuldung (bislang 6 Wochen) vorgesehen. Bei Antragstellung wegen Zahlungsunfähigkeit bleibt es bei der Frist von 3 Wochen.

12. Corona-Pflegebonus
Nach dem 4. Corona-Steuerhilfegesetz im Juni 2022 wurde die Steuerfreiheit für den Corona-Pflegebonus in Höhe von bis zu 4.500,- € geregelt; Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 an seine Arbeitnehmer zahlt; zu begünstigten Einrichtungen gelten nicht nur Krankenhäuser und ambulante Pflegedienste, sondern auch Dialyseeinrichtungen, Arztpraxen, Zahnarztpraxen, Rettungsdienste.

13. Umsatzsteuerentlastung für die Gastronomie
Die Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 % auf 7 % wurde bis zum 31.12.2023 verlängert; ausgenommen sind Getränke, hier gilt weiterhin der reguläre Umsatzsteuersatz (19 %).

14. Steuertips zum Jahresende

  • begrenzter Schuldzinsenabzug bei Unternehmern
    Kommt es zu Überentnahmen (mehr Entnahmen als Gewinn), werden pauschal bei Unternehmen die abzugsfähigen Zinsaufwendungen korrigiert. Zur Verbesserung des Bilanzbildes (bei bilanzierenden Unternehmern) und zur Minderung der Überentnahmen und somit Kürzung des Schuldzinsabzugs kann es sich anbieten, entsprechende Entnahmen erst im Folgejahr durchzuführen oder Einlagen noch im Dezember zu tätigen.
  • Hinweis für Kleinunternehmer
    Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn der Umsatz im laufenden Jahr max. 50.000,- € beträgt und im Vorjahr nicht mehr als 22.000,- € betragen hat. Um den Kleinunternehmerstatus auch 2023 nutzen zu können, kann es sinnvoll sein, Umsätze erst im Folgejahr abzurechnen, um so unter der Grenze von 22.000,- € zu bleiben.
  • Sonderausgabenabzug
    Für freiwillig gesetzlich Versicherte und insbesondere für privat Krankenversicherte kann es sich lohnen, Beiträge steuerwirksam für die nächsten Jahre vorab zu zahlen; neben der Steuerersparnis ergeben sich in der Regel auch Beitragsersparnisse bei den Versicherungen.
  • Verlagerung von Ausgaben im Privatbereich
    a) Außergewöhnliche Belastungen wirken sich in der Regel nur aus, wenn gewisse Höchstgrenzen – je nach Einkommen – überschritten werden; insofern kann es sich anbieten, Ausgaben für außergewöhnliche Belastungen (Zähne, Zahnersatz, Brille) geballt in einem Jahr zu zahlen, um eventuell den Mindestbetrag zu überschreiten.
    b) Ist der Höchstbetrag der steuerlich anzusetzenden Handwerkerleistung im Privathaushalt (1.200,- €) erreicht, sollten Rechnungen erst im Folgejahr bezahlt werden.
  • Optionsmodell zur Körperschaftsteuer bei Personenunternehmen
    Antrag für 2023 ist bis Ende November 2022 zu stellen; bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.

15. Rechtsstreit um die Rückzahlung von Corona-Soforthilfen
In drei Klagefällen hat ein Gericht festgestellt, dass der Rückforderungsbescheid von Corona-Soforthilfen rechtswidrig war; Berufung ist mittlerweile vom Land NRW eingelegt, so dass eine abschließende Einschätzung über mögliche Konsequenzen noch nicht möglich ist.

16. Kurzarbeitergeld
Die Zugangserleichterungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld wurden bis zum 31.12.2022 verlängert, es gelten folgende Voraussetzungen:

  • es reicht aus, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind (sonst 1/3)
  • Beschäftigte müssen keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt wird.