18 Nov Mandanten-Information IV. Quartal 2024
Sehr geehrte Damen und Herren,
in gewohnter Weise fassen wir die aktuellen Neuerungen, insbesondere aus dem Steuerrecht, nachfolgend zusammen:
1. Endspurt für Steuersparer
Sollten Sie im Jahr 2024 höhere Einkünfte als voraussichtlich im Jahr 2025 haben, würde es sich lohnen, steuermindernde Ausgaben noch ins Jahr 2024 vorzuziehen, beispielsweise Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen im privaten Haushalt oder Werbungskosten oder Betriebsausgaben.
Ansonsten gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Steuerlast in diesem Jahr vor Jahresende noch zu mindern:
a) Computer und Peripheriegeräte
Für digitale Geräte wurde die Abschreibungsdauer von drei auf ein Jahr verkürzt; wer für sein Unternehmen oder für sein Home-Office noch ein hochwertiges Gerät kauft, kann die Kosten – bei Nachweis der beruflichen Nutzung – vollständig, noch in 2024 von der Steuer absetzen.
b) Krankheitskosten
Ausgaben für Zahnersatz, Brillen, Treppenlift, Zuzahlungen etc. können im Rahmen der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn eine zumutbare Eigenbelastung, abhängig vom Einkommen, überschritten wird. Da es immer auf den Zahlungszeitpunkt ankommt, sollte man versuchen, Arztrechnungen in einem Jahr zu bündeln, um die Grenze der zumutbaren Eigenbelastung zu überschreiten. Gegebenenfalls kann es aber auch ratsam sein, Investitionen in das Folgejahr zu verschieben, wenn ansonsten in diesem Jahr nichts angefallen ist.
c) Sonderausgaben
Es gibt die Möglichkeit, Sonderzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu leisten, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind. Dieses ist zum Ausgleich eines eventuellen Abschlags möglich, falls die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente beabsichtigt wird (oder „werden sollte“).
Bei privaten Vorsorgeverträgen (sogenannte Rürup-Verträge) ist dieses deutlich einfacher möglich, dieses gilt auch für Einzahlungen in berufsständige Versorgungswerke. Hier gibt es Höchstgrenzen zu beachten.
Privat Krankenversicherte haben die Möglichkeit, bis zu 3 Jahre Beiträge vorauszuzahlen.
d) Verjährungsfristen
Nicht alle Steuerzahler, oftmals Arbeitnehmer, sind verpflichtet eine Steuererklärung abzugeben; es kann aber eine freiwillige Steuererklärung eingereicht werden, wenn eine Steuererstattung zu erwarten ist. Hier gibt es Fristen: die Frist für die Abgabe der freiwilligen Erklärung für das Jahr 2020 endet am 31 Dezember 2024.
e) Günstige Besteuerung des Firmenwagens
Arbeitnehmer, die einen Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen, müssen diesen Vorteil versteuern mit 0,03 % des Bruttolistenpreises pro Entfernungskilometer pro Monat, es werden 15 Tage pro Monat unterstellt. Wer das Auto aber an weniger als 15 Tagen für den Arbeitsweg genutzt hat, kann die tatsächlichen Fahrten ansetzen, die dann mit 0,02 % angesetzt werden. Diese Arbeitstage müssen dem Arbeitgeber noch im Dezember mitgeteilt werden, damit die Abrechnung geändert werden kann. Alternativ kann der Arbeitnehmer dieses aber auch – nur mit steuerlicher Wirkung – im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erledigen.
2. Steuerermäßigung bei Handwerkerleistungen im privaten Haushalt
Das Finanzgericht Düsseldorf hat nunmehr festgestellt, dass Handwerkerleistungen erst steuermindernd angesetzt werden können, wenn der Steuerzahler eine Rechnung nach Leistungsbringung erhalten hat und die Zahlung unbar erfolgt ist. Diese Voraussetzungen sind kumulativ zu erfolgen. Anzahlungen und Vorauszahlungen ohne Leistungserbringung reichen für den Steuerabzug nicht aus.
3. Höhere Belastungen durch Beitragsanstieg in der Krankenversicherung
Gesetzentwürfe deuten auf deutlich steigende Beitragsbemessungsgrenzen in der Kranken- und Rentenversicherung hin, so dass die Sozialabgaben ab 01.01.2025 deutlich ansteigen. Zudem haben private Krankenversicherungen ebenfalls angekündigt, die Beiträge um durchschnittlich 18 %, in Einzelfällen bis zu 30 %, zu erhöhen.
Um die Zusatzbelastung zu mindern kann es sich anbieten, zu prüfen, ob Änderungen des Krankenversicherungsschutzes ab 2025 vorgenommen werden. Beim Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung kann beispielsweise der Wechsel in eine günstigere gesetzliche Krankenkasse ratsam sein – wenn Leistungsangebot und Kosten individuell zueinander passen.
Wer sozialversicherungspflichtig, aber privat krankenversichert und unter 55 Jahre alt ist kann die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze zum 01.01.2025 nutzen, um aus der PKV in die GKV zu wechseln (Versicherungspflichtgrenze 6.150,- € pro Monat).
Wer bislang privat krankenversichert ist, oberhalb der Versicherungspflichtgrenze verdient und in die GKV wechseln möchte, kann mit vorübergehender Teilzeittätigkeit unter die Versicherungspflichtgrenze kommen; es ist erforderlich, mehr als 3 Monate ein Gehalt unter der Versicherungspflichtgrenze zu erhalten und auf das Jahr gerechnet unter die Grenze zu fallen. Wer durch die Anhebung der Versicherungspflichtgrenze in der GKV pflichtig würde, in der PKV bleiben möchte, kann dies nur durch eine Gehaltsanhebung erreichen.
Vorsicht: ein Wechsel aus der PKV in die Familienversicherung GKV durch Absenkung einer Altersrente auf eine Teil-Rente wird ab Januar 2025 ausgeschlossen gemäß aktuellem Gesetzesentwurf (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz).
4. Inkongruente Gewinnausschüttungen bei GmbH‘s
Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften erfolgen grundsätzlich in dem Verhältnis an die Gesellschafter, wie sie an der GmbH beteiligt sind. Nunmehr hat der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil festgelegt, das satzungsdurchbrechende Beschlüsse (ohne notarielle Beurkundung einer Satzungsänderung) über eine inkongruente Vorabausschüttung unter gewissen Voraussetzungen als wirksamer Ausschüttungsbeschluss der Besteuerung unterliegen; Das Bundesfinanzministerium akzeptiert diese Rechtsprechung und wendet diese nunmehr an.
5. Gesetzgebung: Jahressteuergesetz 2024, Steuerfortentwicklungsgesetz etc.
Derzeit gibt es mehrere Gesetzesvorhaben mit umfangreicher steuerlicher Breitenwirkung. Angesichts der politischen Lage steht noch nicht fest, was noch in diesem Jahr abgeschlossen wird. Die grundsätzlichen Vorhaben hatten wir bereits in den vergangenen Mandanten-Informationen vorgestellt.
Bereits endgültig verabschiedete neue Rechtsvorschriften:
a) IV. Bürokratieentlastungsgesetz
b) Gesetz zur Bekämpfung missbräuchlicher Ersteigerungen von Schrottimmobilien
c) Verordnung zur Änderung der Unternehmensregisterverordnung
Neue Rechtsvorschriften, die sich im Gesetzgebungsverfahren befinden
a) Jahressteuergesetz 2024
b) Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums
c) Steuerfortentwicklungsgesetz
Sollte es verbindliche Neuerungen geben, werden wir Sie informieren.
6. Die neue Wirtschaftsidentifikationsnummer
Ab November 2024 wird die Wirtschaftsidentifikationsnummer jedem wirtschaftlich Tätigen durch das Bundeszentralamt für Steuern stufenweise automatisiert zugeteilt. Diese ist ein einheitliches Identifizierungsmerkmal für Unternehmen, ähnlich der Steueridentifikationsnummer für Privatpersonen.
7. Einkünfte aus Kapitalvermögen
a) Fristsache: Verlustverrechnung bei Depots
Kapitalanleger sollten überprüfen, ob sie mehrere Depots haben und bei einem Depot bei einer Bank einen Verlust erzielt haben. Dann wird der Verlust grundsätzlich bei dieser Bank vorgetragen, eine Verrechnung zwischen Banken ist nicht möglich. Alternativ stellt der Steuerpflichtige bis zum 15.12.2024 einen Antrag auf Verlustbescheinigung, dann kann er im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung eine Verlustverrechnung zwischen Depots vornehmen.
b) Vorabpauschale bei Investmentfonds (insbesondere ETF)
Wer in ETF‘s investiert, sollte am 02.01.2025 für Liquidität auf dem Verrechnungskonto sorgen, da die Vorabpauschale fällig wird. Die Vorabpauschale ist eine Steuervorauszahlung für die Einkünfte aus Investmentfonds und wird in der Höhe abgezogen, wie die Ausschüttungen eines Investmentfonds innerhalb eines Kalenderjahres den Basisertrag für dieses Jahr unterschreiten; der Basiszins zur Berechnung der Vorabpauschale beträgt in 2024 2,29 % und gilt für das Jahr 2025.
Ob es infolge dieser Vorabpauschale tatsächlich zu einer Steuervorauszahlung kommt, hängt von diversen Faktoren ab und ist nicht allgemeingültig mitzuteilen.
c) Übertragung von Fond-Anteilen noch 2024
Wer plant, vorübergehend oder dauerhaft ins Ausland zu ziehen, sollte die neue Wegzugsteuer ab 2025 kennen: sie trifft alle, die über 500.000,- € in einen Fonds investiert haben und diesen mitnehmen oder vererben wollen. Ab dem kommenden Jahr entfällt auf die Gewinne des Fonds die sogenannte Wegzugsteuer in Form der Abgeltungssteuer – dieses gilt für Übertragung ab dem 01.01.2025.
d) Meldepflichten der Banken bei Fremdwährungskonten
Währungsgewinne und -Verluste aus der Veräußerung oder Rückzahlung einer verbrieften/unverbrieften verzinslichen Kapitalforderung oder eines Guthabens (verzinsliches Fremdwährungskonto) sind den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen; dieses bedeutet, dass Banken bei Gewinnen aus verzinsten Fremdwährungsguthaben Abgeltungssteuer einbehalten müssen.
Die Erträge aus der Kapitalanlage unterliegen nach wie vor der Abgeltungssteuer; bei Währungsgewinnen/-Verlusten verhielt es sich anders, da diese als privates Veräußerungsgeschäft der Besteuerung nur unterliegen, wenn sie innerhalb der einjährigen Haltefrist erzielt wurden. Diese Gewinne unterlagen bisher dem individuellen Steuersatz.
Dieses wurde nunmehr geändert, so dass auch die Währungsgewinne aus den verzinslichen Fremdwährungseinkünften den Einkünften aus Kapitalvermögen zugerechnet werden müssen. Dies gilt nur für verzinste Fremdwährungsguthaben. Bei Fremdwährungsguthaben – auch Zahlungsverkehrskonten – wird unterstellt, dass diese ausschließlich als Zahlungsmittel eingesetzt werden und somit keine Einkommenserzielungsabsicht gegeben ist. Währungsgewinne und Verluste werden daher nicht erfasst – obgleich die Zinsen nach wie vor den Einkünften aus Kapitalvermögen subsidiär unterliegen.
Banken müssen diese Regelung ab 2025 ansetzen. Durch den automatischen Steuerabzug und den Ausweis in der Jahressteuerbescheinigung erfährt das Finanzamt nun von allen in fremder Währung geführten Konten. Wer in der Vergangenheit daher keine Währungsgewinne aus diesen Konten angegeben hat, muss sich auf Rückfragen durch die Finanzverwaltung einstellen.
8. Mindestlohn und Minijob
Derzeit gilt in Deutschland ein Mindestlohn von 12,41 € pro Stunde, ab dem 01.01.2025 ist eine Erhöhung auf 12,82 € vorgesehen. Die Minijobgrenze von derzeit 538,- € wird demnach ab dem 01.01.2025 auf 556,- € angepasst.
9. Ab 2025: E-Rechnungen
Unternehmen sind verpflichtet, E-Rechnungen ab dem 01.01.2025 empfangen zu können; die Versendungspflicht von E-Rechnungen beginnt erst ab dem Jahr 2027/ 2028. Unsere unternehmerischen Mandanten haben wir vorab bzw. gesondert informiert.
10. Lieferung von Strom durch Vermieter an Mieter
Bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Photovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, handelt es sich nicht um eine unselbstständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien Vermietung von Wohnraum. Es handelt sich vielmehr um eine selbstständige umsatzsteuerpflichtige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliegt, da kraft Gesetzes für den Mieter die Möglichkeit besteht, den Stromanbieter frei zu wählen und die Stromlieferung getrennt und nach individuellem Verbrauch abgerechnet wird. Das hat der BFH mit Urteil vom 17.07.2024 entschieden. Eine umsatzsteuerfreie Lieferung von Strom durch Vermieter an Mieter kann daher nur erfolgen, wenn der Vermieter von der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG, Jahresumsatz bis 22.000,- €, Gebrauch machen kann und macht.
11. Rechtfertigt die Weiterleitung von beruflichen Emails auf einen privaten Mail-Account eine außerordentliche Kündigung?
Eine Weiterleitung von Emails auf einen privaten Account und die dortige Speicherung stellt gemäß einer Entscheidung des OLG München vom 31.07.2024, 7 U 351/23, eine Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DSGVO dar, die nicht durch eine Einwilligung der betroffenen Personen gedeckt sei, die jedoch nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 a DSGVO erforderlich wäre.
Grundsätzlich unterstellt das Gericht, dass eine entsprechende Weiterleitung auch nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Arbeitnehmers im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 f DSGVO erforderlich gewesen sei.
Allerdings führt das OLG aus, dass nicht jeder Regelverstoß an sich ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sei, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.
Erforderlich ist die Prüfung, ob die Emails sensible Daten beinhalten, was zu einem eine außerordentlichen Kündigung rechtfertigenden Umstand führen würde.
Im zu beurteilenden Fall enthielten die weitergeleiteten Emails u.a. eine geldwäscherechtliche Bankanfrage, Provisionsansprüche von Mitarbeitern, Gehaltsabrechnungen sowie Planungen zur Verprovisionierung von Mitarbeitern.
Bei Vorliegen einer Wiederholungsgefahr sei sodann eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Die Wiederholungsgefahr kann sich aus der in jüngerer Vergangenheit weitergeleiteter Emailverläufe ergeben.