Mandanteninfo I. Quartal 2015

Überraschenderweise hat der Bundesrat am 19.12.2014 dem Steueränderungsgesetz 2015 noch zugestimmt, so dass wir Ihnen in diesem Mandanteninfo u.a. die wesentlichen Neuerungen darstellen wollen.

1. Steueränderungen 2015

  • Rentner, die 2015 ihren Ruhestand antreten und erstmals eine gesetzliche Rente beziehen, müssen ab 2015 70% der bezogenen Rente versteuern.
  • Seit dem 01.01.2015 gibt es erhebliche Verschärfungen zur strafbefreienden Selbstanzeige: Straffrei ohne Zuschlag bleibt eine Steuerhinterziehung nur bis zu einem Betrag von 25.000,- €. Ab einem Hinterziehungsbetrag von 25.000,- € gibt es einen Strafzuschlag in Höhe von 10%, ab 100.000,- € 15% und ab 1.000.000,- € 20%. Die Verjährungsfristen wurden auf zehn Jahre angepasst.
  • Die Finanzverwaltung lässt Kosten für die Erstausbildung oder ein Erststudium derzeit nur im Rahmen des Sonderausgabenabzugs beschränkt auf 6.000,- € pro Jahr zu. Ein Steuersparmodell war es bisher, vor der Aufnahme der Erstausbildung eine Kurzausbildung abzuschließen; dies ist ab 2015 nicht mehr möglich. Ab 2015 wurde erstmals gesetzlich definiert, wann von einer Erstausbildung ausgegangen werden kann. Diese Berufsausbildung muss beispielsweise mindestens 12 Monate in Vollzeit absolviert werden. Kurzausbildungen zum Taxifahrer oder die Ausbildung zum Rettungssanitäter werden also nicht mehr als Erstausbildung angesehen. (Hinweis: Der BFH hält die gesamte Regelung für verfassungswidrig und hat daher eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemacht)
  • Der steuerlich relevante Höchstbetrag für die Einzahlungen in Versorgungswerke oder in die gesetzliche Rentenversicherung steigt von bisher 78% auf 80% pro Jahr, so dass der steuerliche Abzugsbetrag (80%) für Ledige 17.738,- € (Verheiratete 35.476,- €) beträgt.
  • Regeln Ehegatten in einem Ehevertrag oder in einer notariellen Vereinbarung, dass bei einer Scheidung ein Versorgungsausgleich ausgeschlossen ist und dafür eine Ausgleichszahlung fließt, können diese Zahlungen ab 2015 als Sonderausgaben abgezogen werden.
  • Absolviert ein volljähriges Kind nach dem Abitur einen freiwilligen Wehrdienst, gab es für die Übergangszeit zwischen Ausbildung und Wehrdienst bis 2014 kein Kindergeld. Ab dem 01. Januar 2015 wird Kindergeld gewährt für eine Übergangszeit von maximal vier Monaten.
  • Ab 2015 halten Banken automatisch neben der 25%igen Abgeltungssteuer und dem Solidaritätszuschlag auch die Kirchensteuer ein. Sparer können diesem Einbehalt jedoch widersprechen, müssen dann, wenn sie kirchensteuerpflichtig sind, die Einkünfte in der Anlage KAP der Einkommensteuererklärung angeben.
  • Kapitalerträge, die ein deutscher Anleger weltweit erzielt, muss er in seiner deutschen Steuererklärung angeben. Seit 01. Januar 2015 gehen auch Österreich und Luxemburg dazu über, dem deutschen Fiskus Kontrollmitteilungen zu schicken, so dass das Bankgeheimnis für Steuerausländer endgültig gestorben ist.
  • Arbeitgeber haben die Möglichkeit, Aufwendungen des Arbeitnehmers für kurzfristige Betreuungsleistungen für Kinder und pflegebedürftige Angehörige bis zu 600,- € pro Jahr steuerfrei zu erstatten, sofern diese durch den besonderen Arbeitseinsatz begründet sind.
  • Bei Betriebsveranstaltungen löst ein Freibetrag in Höhe von 110,- € die bisherige Freigrenze ab. Die steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes bezüglich der einzubeziehenden Kosten wurde gesetzlich aufgehoben. Zweimal im Jahr kann der Freibetrag für Betriebsveranstaltungen in Anspruch genommen werden.
  • Der Arbeitgeber kann Sachzuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich eines besonderen Ereignisses (Aufmerksamkeit) bis zu 60,- € (vorher 40,- €) steuerfrei erbringen.
  • Ab 2015 ist es für die Minijobregelung unschädlich, wenn die Verdienstgrenze von 450,- € 3 Mal im Jahr (bisher: 2 Mal im Jahr) wegen unvorgesehener Ereignisse überschritten wird. Ab der 4. Überschreitung bleibt es nur dann bei einem Minijob, wenn der Jahreswert von 5.400,- € eingehalten wird.
  • Privatleute und Unternehmer, die ihre alten Dieselfahrzeuge mit einem Rußpartikelfilter nachrüsten lassen, bekommen ab dem 01. Februar 2015 einen staatlichen Zuschuss von 260,- €. Dieser Antrag sollte beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle möglichst früh gestellt werden, da nur eine Förderung für 115.000 Nachrüstungen vorgesehen ist.

2. Erbschaftsteuerliche  Privilegierung  des  Betriebsvermögens ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat die Unvereinbarkeit des Erbschaftsteuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis zum 30.06.2016 eingeräumt. Bis dahin gelten die bisherigen Normen weiter. Bei Unternehmensübertragungen nach dem 17.12.2014 könnte der Gesetzgeber aber rückwirkend andere (schlechtere) Bedingungen vorsehen.

3. Änderungen bei den Geringfügigkeitsrichtlinien

Die Zeitgrenzen für kurzfristige Beschäftigungen für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2018 werden auf drei Monate (bisher zwei) bzw. 70 Arbeitstage (bisher 50) erhöht.

4. Risiken für freiwillig Krankenversicherte

Seit dem 01.08.2014 gilt gemäß § 240 SGB V die Verpflichtung zur Zahlung von Höchstbeiträgen zur Krankenversicherung, wenn der freiwillig Krankenversicherte der Aufforderung zur Offenlegung von Einkünften nicht nachkommt. Eine nachträgliche Korrektur ist nicht möglich; selbst wenn der verspätete Nachweis gelingt, dass die Einkünfte tatsächlich niedriger sind, bleibt es bis zum Nachweis bei den erhöhten Beiträgen.

5. Aktenvernichtung

Wie bereits im letzten Mandanteninfo angekündigt, werden wir am Freitag, den 27.02.2015, in der Zeit von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr einen Container zur Aktenvernichtung auf unserem Kanzleiparkplatz aufstellen. Diese Möglichkeit möchten wir auch unseren Mandanten bieten: Sollten Sie daher Altunterlagen wie Kontoauszüge, Belege oder ähnliche vertrauliche Unterlagen haben, die nicht mehr aufbewahrungspflichtig sind (eine Übersicht über die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen und die Aufbewahrungsfristen finden Sie auf unserer Homepage im Downloadbereich), so können Sie diese Sachen gerne mitentsorgen. Von der entsorgenden Firma werden wir eine Datenschutzbescheinigung erhalten, worin die ordnungsgemäße Vernichtung der Unterlagen bescheinigt wird.

Sollte es im Einzelfall mehr als ein Umzugskarton werden, so bitten wir zur Disposition um vorherige telefonische Rückmeldung (Frau Terwey oder Frau Neumann nehmen Ihren Anruf gerne entgegen).

6. Mindestlohn

Das von Frau Nahles durchgesetzte Mindestlohngesetz birgt in der Praxis neben erheblichen bürokratischen Aufwand auch erhebliche Fallstricke und Widersprüche, die sich im alltäglichen Berufsleben teilweise erst heraus kristallisieren. Der Presse war schon zu entnehmen, dass ausländische Spediteure für den bei einer Durchreise durch Deutschland deutschen „Arbeitsanteil“ entsprechende Einsatzpläne dem Zoll zur Verfügung stellen müssen, so dass für die anteilige Arbeitszeit der Mindestlohn garantiert werden muss.

Neben den erheblichen Aufzeichnungspflichten, die u.a. von Minijobbern dringend eingehalten werden sollten, gibt es in der Berufspraxis noch einige Fallstricke, die zu beachten sind:

  • Der Mindestlohn von 8,50 € je Arbeitsstunde bezieht sich – jedenfalls nach Auffassung des Zolls – nur auf den Barlohn, nicht auf den Sachbezug. Insofern kann es sein, dass eine Teilzeitkraft neben dem (geringen) Barlohn einen dienstlichen Pkw auch zur privaten Nutzung erhält, Kindergartenzuschüsse zusätzlich zum Gehalt bekommt sowie eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge. In Berücksichtigung dieser gesamten Gehaltsbestandteile wird beispielsweise ein Arbeitslohn von 15,- € erzielt; da jedoch das Mindestlohngesetz nur auf den Barlohn abzielt, kann es durchaus sein, dass der Mindeststundenlohn unterschritten wird.
  • Die Beschäftigung von Praktikanten nach Ablauf von drei Monaten birgt außerordentliche Risiken, sofern nicht die engen Ausnahmefälle greifen.
  • In vielen Arbeitsverträgen ist enthalten, dass monatlich z.B. 2 Stunden Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten sind. Diese theoretische Mehrarbeit muss bei der Berechnung des Mindestlohnes einkalkuliert werden. Insofern sollten sämtliche Arbeitsverträge, deren Gehalt nahe des Mindestlohns ist, überprüft werden.
  • Bestimmte Branchen sowie Minijobber müssen u.a. die Dauer, den Beginn und Ende der Arbeitszeit erfassen; dieses gilt beispielsweise für die Baubranche. In den Medien kursierte der Hinweis, dass ab einem Gehalt von 2.958,- € diese Aufzeichnungspflichten entfallen können. Dies ist isoliert gesehen richtig, doch gilt dieses nur, wenn der Arbeitgeber andere Aufzeichnungspflichten erfüllt.
  • Sollten aufgrund des Mindestlohngesetzes entsprechende Vereinbarungen beispielsweise zwischen Familienangehörigen oder Ehegatten angepasst werden, so stellt sich dann die Frage, ob diese Anpassungen fremdüblich und angemessen sind und provozieren Rückfragen und Prüfungen der Finanzverwaltung.

Viele Einzelheiten sind noch ungeklärt, so dass Arbeitgeber gut beraten sind, derzeit den vorsichtigen Weg zu wählen.

Um Wiederholungen zu vermeiden, verweisen wir auf die bisherigen Ausführungen im Mindestlohninfo aus Dezember 2014. Wir gehen jedoch davon aus, dass viele Fragen erst noch auftauchen und geklärt werden müssen und noch Änderungen anstehen.

7. Richtsatzsammlung

Die Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen hat angekündigt, nachfolgende Gewerbezweige zukünftig zur Erarbeitung dieser Richtsatzsammlung intensiver prüfen zu wollen: Bücher, Gaststätten, Pizzerien, Cafes, Imbissbetriebe, Optiker, Schuhhandel (auch mit Reparaturen).

8. Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern (GoBD)

In einem 37-seitigen Schreiben vom 14.11.2014 hat die Finanzverwaltung die Grundsätze zur Führung und Aufforderung von Büchern sowie die Erstellung von Aufzeichnungen und Unterlagen zum Datenzugriff überarbeitet. Eine Übergangsfrist ist nicht vorgesehen. Die Grundsätze gelten für alle Steuerpflichtigen gleich welcher Rechtsform, Größe oder Gewinnermittlungsart. Die wichtigsten Punkte wollen wir nachfolgend kurz darstellen, wobei die Umsetzbarkeit der Anforderungen der Finanzverwaltung in der Praxis noch zu prüfen sind:

  • Es sind alle Unterlagen aufzubewahren, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzellfall von Bedeutung sind. Hierzu gehört, dass Dokumente, Unterlagen oder Daten in unveränderter Form bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist aufzubewahren sind. Elektronische Daten dürfen nicht umgewandelt oder gelöscht werden und/oder ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahrt werden.
  • Jeder Geschäftsvorfall ist zeitnah (nach Auffassung der Finanzverwaltung binnen eines Monats) zu erfassen, insbesondere sind Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich festzuhalten. Unbare Geschäftsvorgänge sind innerhalb von 10 Tagen zu erfassen. Waren- und Kostenrechnungen, die nicht innerhalb von 8 Tagen beglichen werden, müssen mit ihren Kontokorrentbeziehungen (also in einer OPOS-Buchhaltung) innerhalb von 8 Tagen erfasst werden. Wie diese Vorschrift in der Praxis umzusetzen ist, muss noch geklärt werden.

Erleichterung für nicht Buchführungspflichtige: Die Erfassung der unbaren Geschäftsvorfälle kann bis zum Ablauf des folgenden Monats erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass beispielsweise durch laufende Nummerierung der eingehenden und ausgehenden Rechnungen diese nicht verloren gehen.

  • Maschinelle Auswertbarkeit: Die Finanzverwaltung stellt strenge Anforderungen an die maschinelle Auswertbarkeit der Daten und Datensätze. Das EDV-System muss u.a. mathematische Auswertungen, Volltextsuchen oder ähnliches ermöglichen. Unzulässig wäre somit die Umwandlung von elektronischen Grundaufzeichnungen (Kassenführung) in ein PDF-Format oder ähnliches.
  • Unveränderbarkeit der Daten: Der Steuerpflichtige muss die Gewähr dafür bieten, dass alle Informationen, die einmal in den Verarbeitungsprozess eingeführt waren, nicht mehr unterdrückt, überschrieben, gelöscht oder geändert werden können. Daher müssen Stapelbuchungen bis zur Erstellung des Jahresabschlusses festgeschrieben, dürfen nicht offengehalten werden.
  • Einsichtsrecht der Finanzverwaltung in sämtliche von Betrieben eingesetzten EDV-Systeme wie Fakturierung, Warenwirtschaft, Zeiterfassung, Mailverkehr.

Inwieweit die teilweise überzogenen und praxisfremden Anforderungen der Finanzverwaltung einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, muss abgewartet werden. Fest steht jedoch, dass im Rahmen der Betriebsprüfung zunehmende Formalien wie Kassenprüfung kritisch überprüft werden, so dass diese Formalien zur Vermeidung von Hinzuschätzung möglichst eingehalten werden sollten.

9. Kurzes aus dem Arbeitsrecht

Eine Kündigung zum „nächstmöglichen Zeitpunkt“ ohne weitere Angabe ist nicht immer ausreichend. Die Kündigungsfrist muss nur dann nicht ausdrücklich im Kündigungsschreiben angegeben werden, wenn diese für den Arbeitnehmer leicht konkret bestimmbar ist. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsrechts ist das der Fall, wenn die Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag angegeben sind oder sich aus einem einschlägigen Tarifvertrag ergeben, auf den ausdrücklich Bezug genommen worden ist. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob dem Arbeitnehmer der in Bezug genommene Tarifvertrag auch tatsächlich ausgehändigt worden ist. Da es sich hierbei um einen Unsicherheitsfaktor handelt, sollte die Kündigungsfrist korrekt berechnet und im Kündigungsschreiben angegeben werden.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.