Mandanteninfo III. Quartal 2014

Sehr geehrte Damen und Herren, nach der Sommerpause möchten wir Sie über eine Reihe von neuen Entwicklungen informieren, die das Steuerrecht spannend gestalten.

1. Neues Insolvenzrecht

Seit dem 01.07.2014 besteht die Möglichkeit einer Verkürzung der Restschuldbefreiung auf drei Jahre, wenn 35% der Schulden bezahlt werden. Zusammen mit den Verfahrenskosten muss der Schuldner ca. 40 % aufbringen; bei 250.000,- € Schulden ist die Verkürzung also nur möglich, wenn 100.000,- € Barmittel zur Verfügung stehen. Dieses Ergebnis ließe sich in der Praxis in der Regel auch durch eine außergerichtliche Einigung erzielen, ohne noch das Restschuldbefreiungsverfahren durchlaufen zu müssen.

2. Basiszinssatz

Der Basiszins beträgt für das 2. Halbjahr 2014 ./. 0,73%, so dass der gesetzliche Verzugszins gegenüber Verbrauchern mit 4,27% und gegenüber Unternehmern mit 7,27% anzusetzen ist.

3. Kirchensteuerabzug für GmbH

Die Neuregelung der Kirchensteuer bei Dividenden und Ausschüttungen entwickelt sich zu einem Bürokratiemonster. Alle Kapitalgesellschaften müssen theoretisch bis zum ein 31.08.2014 ein Regelverfahren über die Kirchensteuerangehörigkeit aller Gesellschafter durchführen, selbst wenn eine Ausschüttung nicht vorgesehen ist und die Gesellschaft nur einen Gesellschafter/Geschäftsführer hat.

4. Mindestlohn

Ab dem 01.01.2015 muss der Lohn pro Stunde mindestens 8,50 € betragen. Hiervon ausgenommen sind nur in geringem Umfang Praktikanten und Arbeitnehmer unter 18 Jahren bzw. Arbeitnehmer, die allgemein verbindlichen Tarifverträgen unterliegen. Wichtig ist bei allen Verträgen, die einen Festlohn beinhalten, die Arbeitszeiten zu überprüfen, damit kein Streit entsteht. Wird der Mindestlohn nicht eingehalten, droht eine Nachforderung bei der Sozialversicherung. Dies ist besonders problematisch bei Minijobbern, wenn der Höchstbetrag von derzeit 450,- € ausgeschöpft ist. Wird durch die Nichteinhaltung die Grenze überschritten, droht dem Arbeitgeber eine erhebliche Nachforderung an Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer.

5. BGH urteilt rigide gegen Schwarzarbeit

Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil seine neue harte Linie gegen sogenannte Schwarzarbeit fortgesetzt. Bei einem Vertrag über die Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten, die teilweise ohne Rechnung bezahlt werden sollten, hat der Bundesgerichtshof dem leistenden Unternehmer jeglichen Zahlungsanspruch abgesprochen. Vertragliche Ansprüche schieden wegen Gesetzesverstoßes und damit einhergehender Nichtigkeit des Werkvertrages ohnehin aus. Der BGH geht jetzt jedoch noch weiter: Er hat dem Unternehmer auch jeglichen Aufwandsersatzanspruch abgesprochen. Der Unternehmer hat somit für die von ihm erbrachte Leistung keinerlei Anspruch gegen den Besteller. Wer sich also als Unternehmer (teilweise) ohne Rechnung bezahlen lassen will, riskiert im Streitfall, gänzlich leer auszugehen.

6. Kürzung des Unterhaltes bei Ausübung eines über das übliche Maß hinaus gehenden Umgangsrechts

Nimmt der barunterhaltspflichtige Elternteil ein weit über das übliche Maß hinaus gehendes Umgangsrecht wahr, kann aufgrund die in diesem Zusammenhang getätigten außergewöhnlich hohen Aufwendungen, die als reiner Mehraufwand für die Ausübung des erweiterten Umgangsrechts dem Anspruch des Kindes auf Zahlung von Unterhalt nicht bedarfsdeckend entgegengehalten werden können, eine Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle erfolgen. Der auf diesem Weg nach den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle ermittelte Unterhaltsbedarf kann darüber hinaus gemindert sein, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind im Zuge seines erweiterten Umgangsrechts Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt, so der BGH in seinem Beschluss vom 12. März 2014, XII ZB 234/13. Demzufolge wird zukünftig die konkrete Ausgestaltung des Umgangsrechtes bei der Berechnung des Kindesunterhaltes zu berücksichtigen sein.

7. Neuerungen bei den haushaltsnahen Dienstleistungen

Für Aufwendungen für Straßenreinigungs- und Winterdienstleistungen auf dem dem Grundstück vorgelagerten Gehweg kann die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen/für Handwerkerleistungen in Betracht kommen. Für haushaltsnahe Dienstleistungen/Handwerkerleistungen kann eine Steuerermäßigung in Höhe von 20% der Aufwendungen geltend gemacht werden, maximal jedoch 4.000,- € für haushaltsnahe Dienstleistungen und 1.200,- € für Handwerkerleistungen. Ab dem Veranlagungsjahr 2014 sind weitere Änderungen geplant.

8. Umgekehrte Familienheimfahrt

Ist der erwerbstätige Steuerpflichtige – beispielsweise ein Handwerker auf Montage – aus beruflichen Gründen an einer Familienheimfahrt gehindert und fahren statt dessen die Familienangehörigen zum Steuerpflichtigen, sind die Fahrtkosten beim Steuerpflichtigen als Werbungskosten abziehbar. Diese Auffassung wird steuerzahlerfreundlich vom Finanzgericht Münster vertreten, eine Revision ist jedoch anhängig.

9. Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden

Wenn Gebäude sowohl für vorsteuerunschädliche Zwecke (Vermietung an Unternehmen) als auch für vorsteuerschädliche Zwecke (Vermietung an Arztpraxen, private Eigennutzung) verwendet werden, ist nur ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach die Aufteilung sich im Regelfall nach dem objektbezogenen Flächenschlüssel richten muss. Ausnahmsweise kann jedoch der in der Regel für den Steuerpflichtigen günstigere Umsatzschlüssel angewendet werden, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der Räume (Höhe der Räume, Dicke der Wände) etc. bestehen. Das letzte Wort wird diesbezüglich aber der Europäische Gerichtshof haben.

10. Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei Minijobs

Üben Minderjährige beispielsweise in den Ferien einen Minijob aus, so müssen die Arbeitgeber darauf achten, dass die Anträge auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei diesen minderjährigen Minijobbern vom gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden. Ansonsten ist das Befreiungsrecht nicht wirksam ausgeübt.

11. Aktuelle Verfahren zur Abgeltungsteuer

Grundsätzlich werden Kapitalerträge, die den Sparerpauschbetrag überschreiten, mit 25% (zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) besteuert. Diesbezüglich sind zahlreiche Verfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig. Hintergrund ist beispielsweise, dass bei Darlehn, die ein Ehegatte dem anderen gewährt, der Abgeltungsteuersatz auf die Schuldzinsen keine Anwendung findet. Vielmehr sind die Zinserträge – ebenso wie die Zinsaufwendungen – mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Auch der Sparerpauschbetrag ist nicht anzuwenden. Dieses gilt grundsätzlich, wenn Gläubiger und Schuldner nahestehende Personen sind. Wie der gesetzlich nicht definierte Begriff der nahestehenden Personen auszulegen ist, wird derzeit höchst richterlich geprüft. Gleiches gilt bezüglich der Werbungskosten, die grundsätzlich bei der Abgeltungsteuer nicht mehr abzusetzen sind.

12. Nachträglicher Schuldzinsabzug auch bei nicht steuerbaren Verkauf der Mietimmobilie

Veräußert der Steuerpflichtige seine fremdfinanzierte Mietimmobilie, können Schuldzinsen weiter als Werbungskosten angesetzt werden, wenn der Verkaufserlös nicht ausreicht, um das Darlehn zu tilgen. Dies gilt bei einer Veräußerung der Immobilie innerhalb und auch außerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist.

13. Kindergeldanspruch bei Dualem Studium?

Das Finanzgericht Münster hat aktuell entschieden, dass für ein Kind, welches ein Duales Studium, d.h. also ein Studium parallel zur Ausbildung absolviert, Kindergeld bis zum Abschluss des Studiums zu gewähren ist. Dies gilt trotz der Tatsache, dass das Kind während der Ausbildung einer Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden pro Woche ausübe.

14. Kinderbetreuungskosten

Auch Aufwendungen von Au pair Betreuern sind grundsätzlich als Kinderbetreuungskosten steuerlich abzugsfähig, jedoch nur, wenn die Leistungen per Überweisung auf das Konto des Au pairs gezahlt werden.

15. Probleme beim Ehegattenarbeitsverhältnis

Teilweise wird der Ehegatte im Betrieb des Ehemannes eingestellt und erhält einen entsprechenden Arbeitslohn. Stellt die Finanzverwaltung fest, dass ein überhöhter Arbeitslohn gezahlt wird, wird nur der angemessene Teil der Lohnzahlung als Betriebsausgabe anerkannt. Wichtig ist im ersten Prüfungsschritt, ob das Arbeitsverhältnis dem Grunde nach anzuerkennen ist. Zum Zweiten stellt sich die Frage nach der Angemessenheit der Vergütung und der Arbeitszeit. Hier sollten die Verträge zwischen nahen Angehörigen aus Beweisgründen schriftlich abgeschlossen werden und entsprechende Nachweise wie Stundennachweise oder ähnliches insbesondere bei Minijobbern geführt werden.

16. Aufbewahrung von elektronischen Kontoauszügen

Kontoauszüge werden zunehmend digital von Banken an die Kunden übermittelt. Viele Allgemeine Geschäftsbedingungen zum Online Banking sehen darüber hinaus die Übermittlung von Kontoauszügen ausschließlich in elektronischer Form vor. Das Bayerische Landesamt für Steuern hat hierzu festgelegt, dass, sofern eine elektronische Übermittlung dieser Kontoauszüge erfolgt, diese in elektronischer Form aufbewahrungspflichtig sind. Der Ausdruck des elektronischen Kontoauszugs und die anschliende Löschung des digitalen Dokuments verstößt gegen die Aufzeichnungspflichten. Es muss sichergestellt werden, dass während der Aufbewahrungsfrist (10 Jahre für Unternehmer, 6 Jahre für bestimmte Privatvpersonen) die Daten jederzeit verfügbar sind und lesbar gemacht werden können.

17. Reform der Lebensversicherung

Der Bundestag hat am 04.07.2014 das Gesetz zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte beschlossen. Handlungsbedarf besteht aufgrund des lang anhaltenden Niedrigzinsumfeldes für Lebensversicherungen. Im Durchschnitt aller laufenden Versicherungsverträge beträgt der derzeit den Versicherungsnehmern zugesagte Garantiezins 1,75%. Diese Verzinsung ist mit sicheren Anlagen kaum noch zu erzielen. Daher wurde der Garantiezins für Neuverträge ab dem 01.01.2015 auf 1,25% abgesenkt. Bewertungsreserven, die für die Sicherstellung des Garantiezinses der verbleibenden Versicherung benötigt werden, soll der Gemeinschaft aller Versicherten erhalten bleiben. Ausscheidende Versicherte werden deswegen im geringeren Umfang an den Bewertungsreserven beteiligt. Die garantierten Leistungen, die die Lebensversicherer ihren Kunden zugesagt haben (Garantiezins), sind durch die Gesetzesplanänderung nicht betroffen.

18. Änderungen bei der Künstlersozialabgabe

Die Prüfungen werden von den Trägern der Deutschen Rentenversicherung vorgenommen. Der Künstlersozialabgabesatz stieg von 4,1% (2013) auf 5,2% (2014). Die Rentenversicherung soll ihre Prüftätigkeit ab 2015 massiv ausweiten, im Gegenzug gibt es eine Geringfügigkeitsgrenze von 450,- € im Kalenderjahr ab 2015.