16 Sep Mandanteninfo III. Quartal 2015
Auch nach den Sommerferien wollen wir Sie insbesondere über die steuerlichen Besonderheiten und Neuerungen informieren:
1. Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetz
Das BilRUG hat am 10.07.2015 den Bundesrat passiert; die wesentlichen Neuregelungen sind für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2015 beginnen. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2013 beginnen, besteht ein Wahlrecht. Die größten Änderungen sind die Erhöhung der Schwellenwerte für die Grössenklassen von Kapitalgesellschaften, entscheidend u.a. für die Beurteilung der Prüfungspflicht von Jahresabschlüssen, sowie eine veränderte Definition der Umsatzerlöse. Insbesondere sind demnach auch Verkäufe und Dienstleistungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit als Umsatzerlöse auszuweisen; das Ergebnis ändert sich nicht, jedoch das Bild der Gewinn- und Verlustrechnung.
2. Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrages, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags
Ebenfalls am 10.07.2015 hat der Bundesrat dem zuvor genannten Gesetz zugestimmt, wonach, wie es der Gesetzesname sagt, steuerliche Freibeträge und Zuschläge auch für Alleinerziehende angepasst wurden. So steigt der Grundfreibetrag für 2015 auf 8.472,- € und für 2016 auf 8.652,- €. Die daraus resultierenden lohnsteuerlichen Konsequenzen werden erst im Dezember 2015 wirksam.
Das Problem, dass trotz Lohnerhöhung weniger Realeinkommen zur Verfügung steht, wird als kalte Progression bezeichnet. Hierauf reagiert der Gesetzgeber zum 01.01.2016 und passt den Einkommensteuertarif entsprechend an.
3. Fahrten des Vermieters zu seinen Mietobjekten
Benutzt der Vermieter seinen privaten Pkw für Fahrten zu seiner Immobilie, kann er grundsätzlich nach Reisekostengrundsätzen, also mit 0,30 € je gefahrenen Kilometer, die Kosten geltend machen. Nach einem aktuellen Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg kommt es jedoch darauf an, ob das Vermietungsobjekt der quantitative und qualitative Mittelpunkt der gesamten auf dieses Objekt bezogenen Tätigkeit des Steuerpflichtigen darstellt. Im Urteilsfall war der Vermieter über 200 Mal im Jahr zu seinen Vermietungsobjekten gefahren, so dass das Finanzamt diese wie eine regelmäßige Arbeitsstätte ansah und nur die Entfernungspauschale, d.h. 0,30 € pro Entfernungskilometer (anstelle je gefahrenen Kilometer), anerkannt wurde. Gegen dieses Urteil ist eine Revision anhängig.
4. Risiken bei Bauleistungen
Um Steuerbetrug insbesondere in der Baubranche zu verschärfen, hat der Gesetzgeber zum Teil bereits seit 2002 einige Regelungen erlassen:
- Die sogenannte Bauabzugssteuer in Höhe von 15% des Rechnungsbetrages betrifft im Wesentlichen alle Unternehmer (hierzu zählen beispielsweise auch Vermieter), die Bauleistungen erhalten. Sie müssen 15% des zu zahlenden Bruttoentgeltes einbehalten und an das Finanzamt abführen, sofern der leistende Bauunternehmer keine entsprechende Freistellungsbescheinigung vorlegt und die Freigrenzen überschritten werden. Sollten Sie dieses versäumen, kann das Finanzamt nicht nur den versäumten Steuereinbehalt nachfordern sondern auch strafrechtlich gegen den Auftraggeber vorgehen!
- Hiervon zu unterscheiden ist der Übergang der Umsatzsteuerschuldnerschaft: Sollte ein bauleistender Unternehmer an einen anderen bauleistenden Unternehmer über eine sogenannte Bauleistung abrechnen, so geht die Umsatzsteuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über. Wichtig ist hier das Vorliegen einer neuen Bescheinigung, dem sogenannten Freistellungsnachweis für Steuerschuldnerschaft UST1TG. Dieses Formular ist relativ neu, auch ist die Vorschrift vielen nicht bekannt. Um jegliche Risiken auszuschließen, sollten Sie darauf bestehen, beide Bescheinigungen zu erhalten.
5. Erbschaftsteuer/Erbrecht mit Auslandsbezug
Die angebliche Privilegierung des Betriebsvermögens hat das Bundesverfassungsgericht für mit dem Grundgesetz unvereinbar gehalten; der Gesetzgeber muss bis spätestens 30.06.2016 eine neue Regelung treffen. Die Bundesregierung hat nunmehr einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Wichtig ist, dass keine Rückwirkung eintritt, sondern das aktuelle Recht bis zum Inkrafttreten der Neuregelung uneingeschränkt anwendbar sein soll. Es ist jedoch zu erwarten, dass der Entwurf im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch deutlich angepasst wird.
Insbesondere sollen nur noch Betriebsvermögen begünstigt werden, deren Hauptzweck einer originär gewerblichen oder freiberuflichenTätigkeit dient; missbräuchliche Gestaltungen wie sog. Cash-GmbHs sollen dazu der Grundlage entzogen werden.
Die Lohnsummenregelung, wonach das Unternehmen eine gewisse Zeit weiter bestehen muss mit entsprechender Anzahl von Arbeitnehmern, wird deutlich differenziert. Darüber hinaus wird eine Prüfstelle für 26 Mio. € eingerichtet, die im Wesentlichen nur größere Vermögensübertragungen erfasst.
Daneben tritt jedoch am 17.08.2015 die sogenannte Europäische Erbrechtsverordnung mit allen EU-Mitgliedsstaaten wegen Ausnahmen in Kraft. Diese Verordnung regelt, welches nationale Erbrecht auf Fälle mit Auslandsberührung anzuwenden ist. Die Rechtszuständigkeit knüpft demnach an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt des Erbfalles an. Insofern ist Vorsicht angesagt, da beispielsweise andere Länder abweichende Inhalte und formelle Vorschriften für Testamente, Erbschaftsverträge oder ähnliches haben.
6. Ferienjobs für Schüler
Ferienjobber müssen dem Arbeitgeber grundsätzlich die Steueridentifikations-nummer, das Geburtsdatum sowie die Information weitergeben, ob es sich um das erste Beschäftigungsverhältnis handelt. Anhand der Angaben kann der Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Religion) elektronisch abrufen.
Bis zu einem monatlichen Bruttolohn von 900,- € fällt in der Steuerklasse 1 (lediger Schüler) keine Lohnsteuer an. Verdient der Schüler mehr, kann er sich die zu viel gezahlte Lohnsteuer im Rahmen der Einkommensteuererklärung im Regelfall erstatten lassen.
Sozialabgaben fallen auch nicht an, wenn die Tätigkeit maximal drei Monate/70 Arbeitstage umfasst (sog. kurzfristige Beschäftigung).
Insofern kann es sich für Arbeitgeber und für Schüler anbieten, bei einem Minijob mit einem Pauschalabgabensatz die Lohnsteuer nicht pauschal (2%) zu erheben, sondern die Lohnsteuerkarte zu verlangen.
7. Vorsicht Betrüger
Es befinden sich erneut Schreiben im Umlauf, in denen von Firmen die kostenpflichtige Erfassung/Registrierung/Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern angeboten wird. Das Schreiben hat zwar einen deutlich amtlichen Charakter, es handelt sich jedoch um eine kostenpflichtige Abzocke.
8. Elterngeld
Für Kinder, die ab dem 01.07.2015 geboren werden, müssen Eltern zwischen dem Elterngeld, Elterngeld Plus/Partnerschaftsbonus oder eventuellen Kombinationen wählen. Welches für Sie lohnenswert ist, kann im Internet unter www.elterngeld-plus.de errechnet werden.
9. Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte
Werden Freibeträge (z.B. Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte) im Lohnsteuerermäßigungsverfahren berücksichtigt, erhalten Arbeitnehmer ein höheres Nettogehalt. Die Gültigkeit der Freibeträge wurde von einem auf zwei Jahre verlängert. Ab dem 01.10.2015 können Arbeitnehmer die Freibeträge für zwei Kalenderjahre mit Wirkung ab 01.01.2016 beim Finanzamt beantragen.
Fallen die Anspruchsvoraussetzungen für die Freibeträge weg, müssen Arbeitnehmer diese dem Finanzamt mitteilen. Ein weiterer Wermutstropfen ist, dass bei Eintragung eines Freibetrages eine Steuererklärung verpflichtend abzugeben ist.
10. Kassendaten bei einer Betriebsprüfung
Verwenden Einzelhändler eine PC-Kasse, die detailliert Informationen zu den einzelnen Verkäufen aufzeichnet und diese speichert, kann der Betriebsprüfer im Rahmen einer Außenprüfung auch auf diese detaillierten Kasseneinzeldaten zugreifen, so der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil.
Unabhängig von der Form der Kassenführung (elektronisch oder offene Ladenkasse) gibt es gewisse Mindestvoraussetzungen, die zwingend erfüllt sein müssen und von den Finanzbehörden im Rahmen einer Betriebsprüfung akribisch geprüft werden: Hierzu zählen zum einen die tägliche Aufzeichnung sowie das tägliche Zählen der Kassenbestände.
Wird eine elektronische Kasse geführt, so muss man sich auf zunehmende Prozess- und Systemprüfung durch die Finanzämter einstellen. Insofern sind Unternehmer verpflichtet, elektronische Daten, die einmal vorhanden waren und für die Buchführung von Bedeutung sind (z.B. Kassendaten), für die Dauer der Aufbewahrungszeit auch in elektronischer entsprechender Form aufzubewahren. Gleiches gilt für Preislisten, Kassenhandbücher und Programmierprotokolle.
11. Höchstbetrag bei Arbeitszimmer
Steht einem Steuerpflichtigen für seine betriebliche/berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von maximal 1.250,- € abzugsfähig. Sollten aus beruflichen Gründen zwei Wohnungen und entsprechend zwei häusliche Arbeitszimmer unterhalten werden, gilt nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz nichts anderes, der Höchstbetrag beträgt weiterhin 1.250,- € pro Jahr für den Arbeitnehmer.
12. Zahlung von Kinderbetreuungskosten
Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes können als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden. Voraussetzungen hierfür sind der Erhalt einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers. Auch Betreuungsaufwendungen, die an geringfügig Beschäftigte gezahlt werden, müssen auf das Empfängerkonto überwiesen werden. Eine Barzahlung schließt die steuerliche Anerkennung aus.
13. (Elektronische) Aufbewahrung von elektronischen Belegen
Insbesondere Telefonunternehmen gehen zunehmend dazu über, Rechnungen als PDF zu verschicken; der Papierversand einer Rechnung wird mit mehr als 1,- €/Rechnung fakturiert. Diese deutliche Kostenvereinfachung nur beim Rechnungsaussteller führt zu erheblichen Aufwendungen und Risiken beim Rechnungsempfänger.
Sind elektronische Daten oder Dokumente im Unternehmen entstanden oder eingegangen, so sind sie auch in dieser Form aufzubewahren und dürfen nicht gelöscht werden. Die Aufbewahrung nur in ausgedruckter Form (beispielsweise Ausdruck von per Email eingegangener Rechnungen im PDF-Format) ist unzulässig!
Emails mit der Funktion eines Handels- oder Geschäftsbriefs oder Rechnung sind in elektronischer Form aufzubewahren; dient die Email jedoch nur als Transportmittel für eine angehängte elektronische Rechnung oder ähnliches, so ist die Rechnung, aber nicht die Email aufbewahrungspflichtig.
Kommt eine Rechnung als PDF-Datei, so ist diese im PDF-Format abzuspeichern und aufzubewahren. Liegt ein elektronischer Beleg mit einer maschinellen Auswertbarkeit vor, darf diese Auswertbarkeit nicht durch das Umspeichern als PDF reduziert werden (beispielsweise können Excel-Dateien nach Abspeicherung als PDF-Dokument nicht mehr umgewandelt oder nachvollzogen werden).
Für elektronische Rechnungen wurde das PDF/H-3 Format entwickelt; jede Rechnung wird als PDF (Bild) und einer damit zusammenhängenden XML-Datei gespeichert. Dieses Format erfüllt die Anforderungen der Ordnungsmäßigkeit, wenn Bild (PDF-Datei) incl. XML abgespeichert wird.
14. Elektronische Erfassung von Belegen (scannen)
Werden Belege in Papierform emfangen und danach elektronisch erfasst/eingescannt, ist das Scanergebnis so aufzubewahren, dass die Wiedergabe mit dem Original bildlich übereinstimmt.
Nach dem Einscannen dürfen die Papierbelege grundsätzlich vernichtet werden, sofern nicht steuerliche oder außersteuerliche Vorschriften einen Originalbeleg (Beurkundungen oder ähnliches) erfordern. Aus Sicherheitsgründen empfehlen wir – zunächst – die Papierbelege aufzubewahren.
15. Bausparverträge
Mehrere Bausparkassen sind dazu übergegangen, alte Bausparverträge mit für heutige Verhältnisse hohen Guthabenzinsen massenhaft zu kündigen. Ob die dafür in Bezug genommenen Kündigungsvorschriften des BGB von den Bausparkassen in Anspruch genommen werden können, ist jedoch höchst umstritten. Relativ klar ist, dass die Vorschrift des BGB nur in Anspruch genommen werden kann, wenn die Bausparsumme bereits voll eingezahlt ist. Sollten Sie von einer Kündigung eines Bausparvertrages betroffen sein, so steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Sutor als Ansprechpartner zur Verfügung.
16. Wirksamkeit von Bindungsklauseln bei Sonderzahlungen an Arbeitnehmer
Es ist grundsätzlich möglich, Sonderzahlungen mit Bindungsklauseln zu versehen. Allerdings dürfen diese Zahlungen nicht als Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit anzusehen sein. Sonderzahlungen, die der Honorierung von Betriebstreue dienen, können in der Regel einzig vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht werden. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG kommt es auch nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis vor dem Stichtag durch arbeitnehmer– oder arbeitgeberseitige Kündigung endet. Der Arbeitgeber sollte bei der Vertragsgrundlegung daher klarstellen, dass die jeweilige Sonderzahlung andere Zwecke als die Vergütung von Arbeitsleistung zum Inhalt hat.
17. Mandanteninfos und Fachartikel
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