Nicht isoliert zu betrachten

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 23.01.2009

Steuerfragen bei anschaffungsnahen Herstellungskosten

Werden gebrauchte Miet-Immobilien erworben, so besteht in vielen Fällen das Bedürfnis, kurz nach dem Erwerb bestimmte Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen. Die Erwerber bzw. Vermieter solcher Immobilien haben naturgemäß ein großes Interesse daran, dass diese Instandhaltungs- und Modernisierungsaufwendungen möglichst sofort im Jahr der Zahlung voll als Werbungskosten steuerlich berücksichtigt werden. Hier gibt es aber vom Gesetzgeber deutliche Einschränkungen. Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes sind Erhaltungsaufwendungen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und die Grenze von 15 ´% der Anschaffungskosten überschreiten, vom Sofortabzug als Werbungskosten grundsätzlich ausgeschlossen und nur im Rahmen einer erhöhten Abschreibungsbemessungsgrundlage steuerlich abzugsfähig. Dieses bedeutet für den Steuerzahler einen ganz erheblichen liquiditätsmäßigen Nachteil. Bei 100.000,00 € Instandhaltungskosten kann ein sofortiger Werbungskostenabzug bei Steuerzahlern mit hohen Einkommen eine Steuerersparnis von rund 50.000,00 € in der Spitze bringen, währenddessen bei z. B. einer nur 2 %-igen Erhöhung der Abschreibung der Steuervorteil nur ganze 50 % von 2.000,00 €, also nur 1.000,00 €, beträgt. Der Unterschied von 49.000,00 € ist schon nicht von Pappe und hier gibt es oft ein böses Erwachen erst nach Durchführen der entsprechende Baumaßnahmen, weil ja oft der Steuervorteil auch bei der Aufstellung des Finanzierungsplanes entsprechenden Eingang gefunden hat.

Wartungsarbeiten werden nicht mitgezählt

Dem Finanzgericht Baden-Württemberg lag im Jahr 2008 wieder ein solcher Fall von anschaffungsnahen Herstellungskosten vor. Im Urteilsfall vertreten die Richter des Finanzgerichts die Auffassung, dass bei der Berechnung der 15 %-Grenze die Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich anfallen, auszunehmen sind. Zu diesen jährlich anfallenden Arbeiten zählen nach Auffassung des Finanzgerichts laufende Wartungsarbeiten, selbst wenn sie nicht jährlich anfallen, sich aber insgesamt quantitativ in einem jährlich gleich bleibenden Ausmaß bewegen, außerdem der Einbau von Messgeräten für Heiz- und Warmwasserkosten, die Beseitigung versteckter Mängel, Schönheitsreparaturen, sowie die Erneuerung von Gebäudeteilen auf Grund höherer Gewalt.

Wenn die Renovierung einer Wohnung aber eine einheitliche Baumaßnahme darstellt, die deutlich über das hinausgeht, was jährlich üblicherweise an Erhaltungsarbeiten und Schönheitsreparaturen anfällt, sind die Aufwendungen nach Meinung der Richter des Finanzgerichts Baden-Württemberg in die Berechnung der 15 %-Grenze mit einzubeziehen.

Keine isolierte Betrachtung der Kosten

Im Streitfall hat der Steuerzahler erhebliche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Dabei hat er auch Aufwendungen für Einzelmaßnahmen – wie das Tapezieren von Wänden oder Verputzen und Streichen von Decken -, die für sich genommen als jährliche Erhaltungsaufwenden zu beurteilen sind, getragen. Gleichwohl können, so die Meinung der Richter, die Aufwendungen für diese Einzelnmaßnahmen in baulichem Tatbestand und steuerlicher Rechtsfolge nicht isoliert betrachtet werden, weil sich die Renovierung der beiden Wohnungen im Streitfall als einheitliche Baumaßnahmen darstellt. Diese geht, insbesondere wegen der Erneuerung der Fußbodenbeläge durch erstmaliges Verlegen von Laminat, des Austauschs der Badelemente, des Fliesens in Küche und Bädern sowie des Austauschs einzelner Fenster und Türen samt Zargen, deutlich über das hinaus, was jährlich üblicherweise oder zumindest in jährlich gleich bleibendem Ausmaß an Erhaltungsarbeiten oder gar Schönheitsreparaturen anfällt. Aus diesem Grund entschieden die Richter, dass die Vorinstanzen zu Recht anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne der einkommensteuerlichen Vorschriften angenommen haben und deswegen sich letztlich um diese Kosten nur die Abschreibungsbemessungsgrundlage der Immobilie entsprechend erhöht hat.

Interessant ist, dass auch hier wieder die Revision zugelassen wurde. Nach Meinung des Finanzgerichts sind nämlich durch Rechtsprechung noch zu klären die Fragen betreffend Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
(AZ: Finanzgericht Baden-Württemberg, 10 K 120/07, Urteil vom 14.04.2008, Entscheidung der Finanzgerichte 2008, Seite 1541, Revision beim Bundesfinanzhof, eingelegt unter Aktenzeichen IX R 20/08)

Stand Januar 2009
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