Schlechte Verlierer

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 19.03.2010

Krankheitsbedingter Hausumbau: Steuerliche Abzugsfähigkeit?

Wer durch eine Krankheit getroffen wird, ist schon bestraft genug. Chronisch Kranke und behinderte Personen haben oft höhere Aufwendungen als die sonstigen Steuerpflichtigen. Ärgerlich ist es, wenn die diesbezüglichen Aufwendungen vom Finanzamt nicht anerkannt werden.

Hier hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil vom 20.10.2009 Einsicht mit den Steuerpflichtigen gehabt. Im Urteilsfall hatte der steuerpflichtige Ehegatte 1999 einen schweren Schlaganfall erlitten. Trotz längerer Rehabilitations- und Kurmaßnahmen verblieb eine Behinderung von 100 mit dem Kennzeichen aG (außergewöhnlich Gehbehindert), H (hilflos) und Rf (Rundfunkgebührenbefreiung). Um den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu verhindern und ein Leben in der früheren gewohnten Umgebung zu ermöglichen, waren in dem Einfamilienhaus erhebliche Umbauarbeiten vorgenommen worden. Die Krankenkasse ersetzte dabei die Kosten für eine Rollstuhlrampe, die Einrichtung eines behindertengerechten Bades und einer entsprechenden Küche sowie die Umwandlung des Küchenraums in ein Hauswirtschaftsraum und das Arbeitszimmer in ein Schlafraum nicht. Insgesamt fielen hierfür rund 140.000 DM an, die von den Klägern als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht wurden. Das Finanzamt versagte den Abzug, ebenso das Finanzgericht. Vor dem Bundesfinanzhof behielten die Kläger aber Recht.

Zunächst stellten die Richter fest, dass es sich um „außergewöhnliche“ Belastungen handelte. Hierzu mussten die Aufwendungen zwangsläufig sein. Daran könnte man Zweifel haben, weil ja immerhin eine Investitionsentscheidung getroffen wurde. Das Gericht billigte den Klägern aber zu, dass sie aufgrund der situationsbedingten Notwendigkeit keine anderweitigen Möglichkeiten gehabt hätten. Insbesondere sahen sie nicht die Notwendigkeit, eine behindertengerechte Mietwohnung zu suchen.

Die Richter stellten sich auch gegen die Überlegung der Finanzverwaltung, dass mit den Aufwendungen die Kläger „einen Gegenwert“ erhalten hätten. Sie sahen vielmehr im Vordergrund Überlegungen, dass angesichts des schlechten gesundheitlichen Zustands eine eventuell theoretisch vorhandene Möglichkeit einer höheren Marktgängigkeit und damit einer Wertsteigerung der Objekte zurück stehen muss.

Dies hatte nach Ansicht des Gerichts zur Folge, dass die Aufwendungen im Jahr der Bezahlung sofort und nicht im Wege der Abschreibung über eine gewisse Nutzungsdauer abzugsfähig waren.

Die Finanzverwaltung ist aber in diesem Fall ein schlechter Verlierer und hat das Urteil nicht für die Finanzbeamten veröffentlicht, so dass es nicht über diesen Urteilsfall hinaus angewendet werden darf. Betroffen Steuerpflichtige sollten daher mit Hinweis auf dieses Urteil Einspruch gegen ablehnende Bescheide einlegen.

(Urteil vom 20.10.2009, Aktenzeichen VI R 7/09 BFH/NV 2010, 304)

Stand März 2010
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