Selbstständiges Wirtschaftsgut

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 01.08.2008

Finanzgerichte und Bundesfinanzhof urteilen kontrovers über Gebäudesanierung

Ende vorigen Jahres hatte der Bundesfinanzhof darüber zu entscheiden, wie Sanierungskosten in einem Zweifamilienhaus steuerlich zu behandeln sind, wenn diese nur in den Untergeschossräumen vorgenommen wurden, welche als Praxisräume dienen. Die Wohnung in diesem Zweifamilienhaus wurde selbstgenutzt und die Praxisräume dienten einer psychotherapeutischen Praxis. In den Praxisräumen war ein Wasserschaden aufgetreten und in diesem Zusammenhang waren weitere umfangreiche Baumaßnahmen vorgenommen worden, um deren steuerrechtliche Behandlung man sich vor den Finanzgerichten stritt.

Finanzamt akzeptiert nur Herstellungskosten

Im Einzelnen wurden neben der Beseitigung der Wasserschäden noch eine kleine Zwischenwand abgebrochen, Türen verlegt und außerdem noch eine Tür durch eine größere Fensteranlage ersetzt. Des Weiteren wurde in der Praxis eine Heizungsanlage eingebaut; die Aufwendungen für alle Maßnahmen machten insgesamt rund 100.000,00 DM aus.

Der Hauseigentümer hatte natürlich ein großes Interesse daran, den Gesamtaufwand von 100.000,00 DM steuerlich als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand voll anerkannt zu bekommen. Die Finanzbeamten ordneten diese Aufwendungen aber als sogenannte nachträgliche Herstellungskosten ein, für die es in der Regel grundsätzlich nur die magere jährliche 2 %-ige Abschreibung gibt. Unterstellt man einen Grenzsteuersatz von insgesamt 50 %, so hätte die Anerkennung aller Aufwendungen in Höhe von 100.000,00 DM als sofort abzugsfähige Werbungskosten immerhin eine Steuererstattung von 50.000,00 DM bedeutet. 2 % Abschreibung machen aber nur 2.000,00 DM aus, so dass der Ansatz von 100.000,00 DM als Herstellungskosten nur einen kleinen jährlichen steuerlichen Vorteil von 1.000,00 DM ausmacht.

Finanzgericht gibt Steuerzahler Recht

Der Hauseigentümer zog vor das Finanzgericht. Hier zeigten die Richter des Finanzgerichtes ein erheblich großzügigeres Herz und akzeptierten eine Berücksichtigung aller Kosten als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen. Die Richter begründeten ihre steuerzahlerfreundliche Haltung damit, dass diese vorgenommenen Baumaßnahmen alleine nicht zu einer über dem bisherigen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung des gesamten Objektes geführt hätten. Es wäre auch nur eine Baumaßnahme im Untergeschoss des Objektes durchgeführt worden und die übrigen Räumlichkeiten am Haus wären ja insgesamt alle unverändert geblieben. Somit würden steuerlich keine sogenannten nachträglichen Herstellungskosten nach Auffassung des Finanzgerichtes vorliegen, so dass sofort voll abzugsfähiger Reparaturaufwand akzeptiert wurde.

Richter plädieren für gesondertes Wirtschaftsgut

Mit dieser Entscheidung des Finanzgerichtes zeigte sich das Finanzamt aber überhaupt nicht einverstanden. Es vertrat die Auffassung, dass durch die vorgenommene Sanierung nichtvorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt worden seien (Substanzvermehrung). Somit wäre die Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes erheblich verbessert bzw. erweitert worden. Der Umstand, dass die zu beurteilenden Baumaßnahmen lediglich das Untergeschoss betrafen, war nach Meinung des Finanzamtes überhaupt nicht entscheidungserheblich. Das Untergeschoss mit der Praxis, welches fremdbetrieblich genutzt würde, stellte nach Auffassung des Finanzamts ein vom übrigen Gebäude gesondertes Wirtschaftsgut dar. Aus diesen Gründen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.

Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht und gibt Finanzamt Recht

Nach Auffassung der Richter des Bundesfinanzhofes darf in einem solchen Fall nicht auf das gesamte Gebäude abgestellt werden. Im Urteilsfall ist nur auf den von den Baumaßnahmen betroffenen Gebäudeteil abzustellen, weil das Gebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und somit steuerlich gesehen mehrere Wirtschaftsgüter vorlägen. Wenn ein Gebäude teils fremdberuflich und teils zu Wohnzwecken genutzt wird, so sind die einzelnen Gebäudeteile jeweils gesondert zu behandeln, weil sie in einem verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen würden. Der Bundesfinanzhof widersprach insoweit deutlich der Meinung des vorinstanzlichen Finanzgerichts.

Wesentliche Verbesserung gegenüber ursprünglichem Zustand

Die Richter des Bundesfinanzhofes vertraten weiterhin die Auffassung, dass im vorliegenden Fall möglicherweise nachträgliche Herstellungskosten wegen Erweiterung oder wesentlicher Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Zustand vorliegen würden. Eine wesentliche Verbesserung wäre dann gegeben, wenn der Gebrauchswert des Wirtschaftsguts durch die Baumaßnahme gehoben wird. Entscheidend sei, ob bauliche Veränderungen vor dem Hintergrund der betrieblichen Zielsetzung zu einer höherwertigeren und verbesserten Nutzbarkeit des Vermögensgegenstandes führen würden. Soweit durch diese Maßnahmen nicht lediglich die Wasserschäden saniert worden sind, könnte auf Grund der festgestellten Tatsachen wohl geschlossen werden, dass diese Maßnahmen das Nutzungspotenzial des Wirtschaftsgutes erweitert hätten.

Außerdem wäre es auch möglich, dass der fremdbetrieblich genutzte Gebäudeteil nach der Baumaßnahme und dem mehr auf die Praxisbedürfnisse zugeschnittenen geänderten Grundriss eine verbesserte Nutzbarkeit aufweist und deshalb gegenüber seinem ursprünglichen Zustand wesentlich verbessert wurde.

In gleich gelagerten Fällen kann man davon ausgehen, dass bei unterschiedlichen Nutzungen von Gebäudeteilen jeweils selbständige Wirtschaftsgüter vorliegen. Erfolgen hier umfangreiche Sanierungen, so ist andererseits immer nur in Bezug auf das einzelne Wirtschaftsgut (d. h. den jeweiligen Gebäudeteil) festzustellen, ob eine verbesserte Nutzbarkeit vorliegt. Ist das der Fall, so führt das steuerlich zu Herstellungskosten, die leider nicht im Jahr der Zahlung sofort voll abgezogen werden können. In der Regel gibt es dann nur eine magere Erhöhung der jährlichen Abschreibung in Höhe von 2 %. (AZ: Bundesfinanzhof, Urteil vom 25.09.2007, IX R 28/07, DStR 2008, Seite 90)

Stand August/ 2008
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