Aufatmen der Studenten

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 31.10.2008

Beibehaltung eines Kinderzimmers führt nicht zur Zweitwohnungssteuer

Nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern Ende vorigen Jahres können Studenten wohl jetzt ein wenig aufatmen wegen der Problematik Zweitwohnungsteuer. Immer mehr Städte versuchen, ihre Gemeindekasse durch Erhebung der Zweitwohnungsteuer aufzubessern. Seit Jahren gibt es eine Vielzahl von Entscheidungen über strittige Rechtsfragen, die im Zusammenhang mit der Zweitwohnungsteuer stehen. Nunmehr gibt es eine leichte Entwarnung durch eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern. Im Urteilsfall bewohnte der Student in den Jahren 1998 bis 2002 während seines Studiums an der Fachhochschule ein 12 qm großes Zimmer einer Wohngemeinschaft. Nach der Meldebescheinigung war diese Wohnung als Nebenwohnung behördlich gemeldet worden. Als Hauptwohnung hatte der Student die Wohnung der Eltern angegeben. Der jährliche Mietaufwand für die Studentenwohnung betrug 1.830,42 DM. Der Student hatte während seines Studiums keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten und die Eltern hatten den Studenten mit monatlich 700,00 DM unterstützt. Für die Jahre 1999 bis 2002 erhielt der Student nun einen Steuerbescheid über Zweitwohnungsteuer von der Hansestadt. Das Oberverwaltungsgericht hatte jetzt darüber zu entscheiden, ob die Hansestadt in diesem Fall berechtigt war, Zweitwohnungsteuer zu erheben.

Kinderzimmer ist keine Erstwohnung

Nach der rechtskräftigen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts besteht in solchen Fällen keine Zweitwohnungsteuerpflicht, weil das Kinderzimmer in der Wohnung der Eltern keine Erstwohnung darstellt. Aber nur dann, wenn eine Erstwohnung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen vorhanden ist, kann es begrifflich auch eine Zweitwohnung geben, die Voraussetzung ist für die Erhebung der sogenannten Zweitwohnungsteuer. So heißt es in dem Tenor des Urteils: „Eine Erstwohnung bzw. die Innehabung einer solchen rechtfertigt überhaupt erst die Annahme einer Zweitwohnung. Auch wenn die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt, ist sie doch begrifflich Voraussetzung einer Zweitwohnung. Wenn keine Erstwohnung existiert, gibt es keine Zweitwohnung und damit auch keinen äußerlich erkennbaren und besteuerbaren besonderen Aufwand als Ausdruck wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit“, lautet die Begründung des Oberverwaltungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern. Die Richter meinen, dass unter Zugrundelegung des bundesrechtlichen Begriffs der Aufwandsteuer die typischen Kinderzimmerfälle, also die Fälle, in denen Studenten neben ihrer Wohnung am Studienort in der elterlichen Wohnung noch ein Zimmer beibehalten, mangels Innehabung einer Erstwohnung nicht mit der Erhebung einer Zweitwohnungsteuer belegt werden können; sie unterfallen nach Auffassung des Gerichtes tatbestandlich nicht dem Steuergegenstand des Zweitwohnungsteuerrechtes.

Eltern finanzieren Miete für Kinderzimmer

Im Urteilsfall stellen die Richter es auch darauf ab, dass in solchen Fällen die Erstwohnung keinen besonderen Aufwand darstellt. Typischerweise hat in solchen Fällen der Zimmerbewohner, also das Kind, sei es minderjährig oder volljährig, für das Kinderzimmer selbst gerade keinen ihm zurechenbaren Aufwand getätigt bzw. kein eigenes Einkommen für dieses aufgewandt. Diesen Aufwand leisten im Regelfall vielmehr – grundsätzlich nach außen ohne weiteres erkennbar und ohne dass es insofern einer Einzelprüfung bedürfte – typischerweise bzw. im Regelfall die Eltern in Verwendung ihres Einkommens. Er ist folglich ausschließlich ihnen zurechenbar. Der Umstand, dass ein Kind volljährig wird und ein Studium an einem anderen Ort aufnimmt, führt nicht gleichsam nach Auffassung der Richter zu einer Umwidmung des elterlichen Aufwands in einen solchen des Kindes; auch an der Besitzdienerstellung des Kindes hinsichtlich des Zimmers ändert sich grundsätzlich nichts. Letztlich begründen die Richter ihre Auffassung damit, dass das Beibehalten des Kinderzimmers typischerweise aufwandssteuerrechtlich nicht als Innehaben einer Erstwohnung nun nicht tatbestandsmäßig im Sinne des Steuergegenstandes des Zweitwohnungsteuerrechtes bewertet werden kann. Folglich könne die Wohnung am Studienort keinen besonderen Aufwand bzw. keine Zweitwohnung darstellen.

Mit der Erhebung der Zweitwohnungsteuer wollen die Gemeinden die besondere Leistungsfähigkeit der Steuerzahler berücksichtigen. Gerade im Streitfall ist aber davon nicht auszugehen. Immerhin ein weiteres Urteil, mit dem die Erhebung der Zweitwohnungsteuer für unberechtigt gehalten wird.
(AZ: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26.11.2007, 1 L 280/05, DStRE 18/2008, Seite 1154)

Stand Oktober/2008
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