Behindertenbedingter Umbau einer Dusche steuerlich abzugsfähig

Von Rechtsanwalt/Steuerberater/vereidigter Buchprüfer G.-B. Sprißler – veröffentlicht in der Recklinghhäuser Zeitung am 19.03.2015

Finanzamt muss zurückstecken

Wer an einer Behinderung leidet, ist schon durch diese krankheitsbedingten Einschränkungen belastet. Wenn er sich dann durch bauliche Maßnahmen Abhilfe schaffen will, liegt es nahe, diese Kosten steuerlich geltend zu machen.

Die hierfür vorgesehene Abzugsmöglichkeit besteht in der Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen.

Einen häufig vorkommenden Fall hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg zu entscheiden. Die dortige Steuerpflichtige war an Multipler Sklerose erkrankt. Sie hatte einen Grad der Behinderung von 50 %. Aufgrund einer drastischen Krankheitsverschlechterung musste sie im Mai 2012 ihren Arbeitsplatz aufgeben. Im gleichen Jahr baute sie ihre Dusche um, um mit dem Rollstuhl ebenerdig in die Dusche zu gelangen. Vorher musste sie in eine Duschwanne steigen. Die gesamten Aufwendungen machten knapp 6.000,- € aus. Das Finanzamt störte sich an den einzelnen Kosten und vertrat die Auffassung, dass den Aufwendungen ein Gegenwert gegenüber stünde und daher keine „Belastung“ vorläge.

Das Finanzgericht war demgegenüber viel großzügiger. Weder die Geltendmachung des Behindertenpauschbetrages noch ein Gegenwert sahen sie als Gegenargument. Der Behindertenpauschbetrag gilt nur laufende typische Mehraufwendungen ab, hingegen nicht zusätzlich anfallende einmalige Kosten.

Ein Gegenwert ist nach der Rechtsprechung auch unerheblich, da die Aufwendungen zwangsläufig durch die Krankheitsverschlechterung entstanden sind. Die Steuerpflichtige war durch den Krankheitsverlauf überrascht und musste hierauf reagieren. Die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts trat daher nach Auffassung des Gerichts in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund. Die weitere Voraussetzung, nämlich dass Aufwendungen entstehen, die zwangsläufig sind, weil man sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und die Aufwendungen nicht unangemessen hoch sind, waren ebenfalls erfüllt. Daher hat das Gericht die gesamten Umbaukosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannt, zumal die Steuerpflichtige den Rest des Bades in dem alten Zustand von vor 20 Jahren belassen hatte.

Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 19.03.2014, 1 K 3301/12