Bei Gegenwert keine Ermäßigung

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 10.10.2008

Behindertengerechte Umbaumaßnahmen können eine außergewöhnliche Belastung sein

Nach einem rechtskräftigen Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom Ende des vorigen Jahres können die Umstände des Einzelfalles die Annahme rechtfertigen, dass Aufwendungen für behindertengerechte Umbaumaßnahmen keinen Gegenwert haben und deshalb als außergewöhnliche Belastung steuerlich anzuerkennen sind. Im Urteilsfall wohnte die Tochter des Steuerzahlers seit ihrer Geburt im Jahr 1993 im Haushalt des Wohnungseigentümers. Die Tochter war zu 100 % behindert, hilflos, geh- und stehbehindert, außerdem war die Tochter ständig pflegebedürftig und auch auf eine Begleitperson angewiesen. Im Streitfall wurden behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen durchgeführt und zwar für Türverbreiterungen und der Einbau einer Duschtrennwand mit doppelter Flügeltür. Außerdem wurden im Rahmen des Einspruchsverfahrens noch Aufwendungen für die Errichtung rollstuhlgerechter Rampen geltend gemacht. Weil das Finanzamt die steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ablehnte, erhob der Steuerzahler Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz, welches dem Kläger, also dem Steuerzahler, Recht gab.

Bei einem Gegenwert keine Steuerermäßigung

Wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes, erwachsen, so kann nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt werden. Eine solche außergewöhnliche Belastung liegt nach ständiger Rechtsprechung der Finanzgerichte aber nicht vor, wenn der Steuerzahler Gegenstände anschafft, die für ihn einen Gegenwert zu den aufgewandten Kosten darstellen. Nach Auffassung des Finanzgerichtes handelt es sich nämlich dann um eine bloße Umschichtung von Vermögenswerten, die den Steuerpflichtigen nicht außergewöhnlich belastet. Nur soweit Werte aus dem Vermögen des Steuerzahlers oder seinem laufenden Einkommen endgültig abfließen, liegt bei ihm – anders als bei einer reinen Vermögensumschichtung – eine außergewöhnliche Belastung nach der ständigen Rechtsprechung der Finanzgerichte vor. Nach Auffassung des obersten Finanzgerichtes sind außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich immer dann gegeben, wenn der Steuerzahler in Folge Erkrankung gezwungen ist, noch neue Gegenstände auszuwechseln. Dann fehlt ein Gegenwert, weil der Steuerzahler nichts erhält, was er nicht schon vorher besessen hatte. Der Entschluss zu diesen Aufwendungen ist dann ausschließlich durch die Krankheit bedingt und somit auch zwangsläufig sein.

Ausnahme bei neuen Gegenständen

Weil ein behindertengerecht umgebautes Badezimmer nicht nur vom Behinderten selbst, sondern auch von Familienangehörigen oder anderen Personen genutzt werden kann, sind die Aufwendungen für den Umbau nach der Rechtsprechung wegen des dafür erlangten Gegenwertes grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Nur soweit bei dem Umbau neue oder neuwertige Gegenstände ersetzt werden müssen, können die Kosten hierfür als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sein.

Rollstuhlgeeignetes Badezimmer

Nach Auffassung des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz steht im Streitfall die Umbaumaßnahme derart im Vordergrund, dass die Kosten außergewöhnliche Belastungen darstellen. Der Steuerzahler hat in der mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht dargelegt, dass das komplette Bad im Hinblick auf die Nutzung mittels eines Rollstuhls umgestaltet werden musste. Im Zuge der mithin erforderlichen Neuplanung mussten Dusche, Waschbecken und Toilette versetzt werden; eine rollstuhlgerechte Nutzung des Bades war zuvor nicht möglich gewesen.

Rollstuhlrampe führt ebenfalls nicht zu einem Gegenwert

Die Richter befanden, dass auch die Kosten für den nachträglichen Einbau der Rollstuhlrampe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen ist. Das Gericht vertritt nämlich die Auffassung, dass der Gegenwertgedanke auch nicht überspannt werden darf. Es stellt sich nämlich hier die Frage, ob die Rollstuhlrampe nur für den Steuerzahler bzw. seine Tochter einen Wert hat und dadurch für andere Personen nicht nutzbar ist oder ob der Rollstuhlrampe zu einem behindertengerecht ausgebauten Einfamilienhaus ein eigener Marktwert zuzuerkennen ist. Die Richter vertreten die Auffassung, dass im Streitfall kein Gegenwert zu erkennen ist.

Letztlich ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung außergewöhnliche Belastungen für behindertengerechte Baumaßnahmen grundsätzlich im Regelfall nur dann vorliegen, wenn den Finanzbehörden nachgewiesen werden kann, dass der Steuerzahler für diese Baumaßnahmen keinen Gegenwert erhalten hat.
(AZ.: Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2007, 2 K 1917/06, rkr., DStR 2007, S. 808)

Stand Oktober/ 2008
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