Ein steuerlicher Zwitter

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 21.06.2008

Finanzgericht kommt bei einem Fahrzeug mit geschlossenem Kastenaufbau zu ungewöhnlichem Urteil

Die sogenannte 1 %-Regel für die Versteuerung der Privatnutzung bei einem Firmenwagen hält das Finanzgericht Niedersachsen auch bei einem Mitsubishi L 200 für anwendbar; der Beweis des ersten Anscheins spricht nach Auffassung der Richter grundsätzlich für die tatsächliche Durchführung von Privatfahrten. Für die Berechnung des Privatanteils bei der Nutzung eines im Rahmen eines Möbeltransportunternehmens eingesetzten Fahrzeugs mit geschlossenem Kastenaufbau und Anhängerkupplung (Mitsubishi L 200) ist die 1 %-Methode für die Erfassung des privaten Nutzungsanteils auch dann anzuwenden, wenn das Fahrzeug kraftfahrzeugsteuerlich als Lkw eingestuft und als solcher in den Fahrzeugpapieren ausgewiesen ist, so lautet die Meinung der Finanzrichter.

Doppelkabine für 4 Personen

Im Urteilsfall transportierte der Autofahrer im Rahmen seiner Tätigkeit verschiedene Möbel, insbesondere Küchen, und erbrachte auch Serviceleistungen wie z. B. Kundendienst. Als Transportfahrzeug diente ein Mitsubishi L 200. Dieses Fahrzeug verfügte über eine abgeschlossene Doppelkabine, die mindestens vier Personen Platz bot und eine ständig überbaute Ladefläche hatte. In den Unterlagen für das Auto, Kfz-Steuerbescheid etc. wurde das Fahrzeug als Lastkraftwagen (Gewicht 2.800 Kilo) bezeichnet.

Ein Fahrtenbuch für die Ermittlung des privaten Nutzungsanteils wurde von dem Steuerzahler nicht geführt. Der Autofahrer vertrat die Auffassung, dass für dieses Fahrzeug überhaupt kein privater Nutzungswert steuerlich zu erfassen ist, weil die 1 %-Methode nur für Pkw´s anzuwenden ist. Außerdem wurde von dem Unternehmer behauptet, dass der betriebliche Pkw nicht für Privatfahrten genutzt wurde. Der allgemeine Erfahrungssatz, dass Personenkraftwagen und Krafträder typischerweise für private Zwecke mit genutzt werden, lässt sich jedoch, wie der Bundesfinanzhof in einem Urteil von 2003 festgestellt hat, grundsätzlich nicht auf Lastkraftwagen und Zugmaschinen anwenden. Dieses entspricht auch der Auffassung des Finanzministers, die er in einem ausführlichen Schreiben im Jahr 2002 niedergelegt hat.

Objektive Beschaffenheit maßgeblich

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes richtet sich die Zuordnung aber nicht nach dem Kraftfahrzeugsteuerrecht und auch nicht nach dem Straßenverkehrsrecht. Die dort vorzunehmende Klassifizierung ist nach Meinung der Richter nicht für das Einkommensteuerrecht maßgeblich. Entscheidend für die Anwendung der 1 %-igen Nutzungswertbesteuerung ist nach Auffassung der Richter vielmehr die objektive Beschaffenheit (Bauart und Einrichtung) des zu beurteilenden Fahrzeugs. Nach den von dem Kläger vorgelegten Bildern über das konkrete Fahrzeug kamen die Richter zu der Überzeugung, dass es sich hier bei dem Mitsubishi L 200 nicht um einen klassischen Lastkraftwagen handeln würde. Dieses Fahrzeug verfügt im Unterschied zu klassischen Lkw´s über eine Doppelkabine, die mindestens vier Personen Platz bietet. Auch wäre die konkrete Innenausstattung substantiell vergleichbar mit der Ausstattung von einem Pkw oder einem anderen Kombinationsfahrzeug.

Gewicht von 2.800 Kilo nicht relevant

Da der Mitsubishi L 200 sowohl zum Transport von Gütern als auch Personen eingesetzt werden kann und hierzu auch bestimmt und eingerichtet war, handelt es sich nach Auffassung des Finanzgerichtes um ein Kombinationsfahrzeug, das keine Nähe zum klassischen Lkw oder der Zugmaschine ausweist. Bei dem klassischen Lkw oder bei der Zugmaschine ist nämlich grundsätzlich kein Privatanteil pauschaliert zu versteuern. Die Richter halten es also für nicht maßgeblich, wie dieses Fahrzeug straßenverkehrsrechtlich und kraftfahrzeugsteuerlich eingeordnet wird. Auch auf das Gewicht von 2.800 Kilo kommt es nicht im besonderen Maße an. Daneben halten es die Richter des Finanzgerichtes Niedersachsen kraftfahrzeugsteuerlich auch für falsch, ein solches Fahrzeug wie im Streitfall als Lkw einzuordnen. Im Jahr 2006 hat der Bundesfinanzhof nämlich entschieden, dass die Einstufung von einem Pick-Up der Marke Mitsubishi, der mit Doppelkabine ausgestattet ist und mit fünf Sitzplätzen, bei dem die offene Ladefläche weniger als die Hälfte der gesamten nutzbaren Ladefläche und die Zuladungsmöglichkeit ca. 32 % des Gesamtgewichts beträgt, als Pkw rechtlich nicht bedenklich ist.

Großes Zubehörangebot wie Pkw

Nach Auffassung des Finanzgerichts kommt noch hinzu, dass der Hersteller Mitsubishi die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Mitsubishi L 200 betont und dabei die Mehrfachnutzung auch für Freizeit- und Urlaubsaktivitäten herausstellt. Hierauf ist auch das Zubehörangebot des Herstellers, das sich in diesem Bereich nicht von dem eines anderen Kombis unterscheidet, abgestellt. So werden beispielsweise Kindersitze, Fahrradträger, Anhängerkupplungen für Wohnwagen und Segelyacht angeboten. Dies dokumentiert die Palette der privaten Einsatzmöglichkeiten.

Urteil wurde rechtskräftig

Im Streitfall wurde das Fahrzeug verhältnismäßig wenig für das Unternehmen genutzt, weil der Unternehmer lediglich Einnahmen in Höhe von 16.000,00 € hatte. Dies würde nach Meinung der Richter darauf hindeuten, dass eine 100 %-ige betriebliche Auslastung nicht gegeben war und damit das Fahrzeug tatsächlich auch für eine konkrete Privatnutzung zur Verfügung stand. Im Urteilsfall spielte es auch keine Rolle, dass der Kläger weitere Kleinfahrzeuge für Privatfahrten zur Verfügung hatte. Dieses ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht relevant.

Die steuerlichen Wege sind nicht immer so ganz leicht nachvollziehbar. Insofern handelt es sich bei dem Mitsubishi L 200 scheinbar tatsächlich auf den ersten Blick um einen steuerlichen Zwitter. Die Kraftfahrzeugsteuer stufte diesen als Lkw ein und bei der Einkommensteuer war dieser nach der Entscheidung ein Pkw. Immerhin ist das Urteil des Finanzgerichtes Niedersachsen auch rechtskräftig geworden.

Stand Juni/ 2008
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