Einbau eines Aufzugs bei altersbedingter Gehbehinderung

Von Rechtsanwalt/Steuerberater/vereidigter Buchprüfer G.-B. Sprißler – veröffentlicht in der Recklinghhäuser Zeitung am 19.02.2015

Finanzamt muss nachgeben

Niemand möchte gerne seine gewohnte Umgebung verlassen müssen. In Einfamilienhäusern besteht aber häufig die Besonderheit, dass sich die Wohnung über mehrere Etagen erstreckt. Wer aufgrund Alters oder Krankheit nur noch schlecht Treppen steigen kann, ist dann natürlich stark beeinträchtigt. Hier bietet sich für den Regelfall der Einbau eines Treppenliftes an.

In einem etwas besonders gelagerten Urteilsfall hatte sich das Finanzgericht aber nicht mit den Kosten für einen Treppenlift, sondern für einen Aufzug zu befassen. Hintergrund war, dass ursprünglich ein Treppenlift eingebaut werden sollte, aber schon bei Anlieferung klar war, dass dieser aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht eingebaut und genutzt werden konnte. Die Maße für die Nutzung einer Treppe wären aufgrund der Bauordnung unterschritten worden. Daher wurde der Treppenlift zurückgegeben. Daraufhin baute er einen Aufzug ein, um die gewohnten vier Wände nicht verlassen zu müssen. Hierfür wandte er insgesamt 65.000,- € auf.

Das Finanzamt tat sich naturgemäß schwer, diese Kosten als sogenannte außergewöhnliche Belastungen steuerlich zum Abzug zuzulassen. Letztlich hatte die Ehefrau des während des Prozesses verstorbenen Klägers und deren Kinder allerdings Erfolg. Hintergrund der Überlegungen des Finanzgerichts war der Umstand, dass zwar grundsätzlich bei Heilmaßnahmen, die über die eigentliche Heilbehandlung hinausgehen, die Zwangsläufigkeit durch ein vorab erstelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen werden muss. Damit soll langwierigen Rechtstreiten vorgebeugt werden. Allerdings hatten die Hausärzte bzw. behandelnden Ärzte die Notwendigkeit einer Liftanlage bzw. eines Fahrstuhls mehrfach bestätigt. Der während des Prozesses verstorbene Kläger besaß auch schon seit 20 Jahren einen Schwerbehindertenausweis. Aufgrund des Zivilprozesses wegen des unbrauchbaren Treppenliftes und des darin eingeholten Gutachtens war auch klar, dass eine andere technische Maßnahme als der Einbau eines Treppenliftes, nämlich eines – naturgemäß sehr viel teureren – Fahrstuhls notwendig war. Daher konnte sich das Finanzamt auch nicht mit dem Argument durchsetzen, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem erforderlichen und dem tatsächlichen Aufwand vorlag. Dabei hat das Gericht an mehreren Stellen zu erkennen gegeben, dass es sich aufgrund des intensiven Aktenstudiums ein eigenes Bild von den Vorgängen hat machen können und die Einholung von weiteren Gutachten für nicht erforderlich gehalten hat. Dies ist ein häufig festzustellender Umstand, dass der persönliche Eindruck für das Gericht mindestens genauso viel wiegt wie das Vorliegen formeller Erfordernisse.

Urteil des FG Köln vom 27.08.2014, Az. 14 K 2517/12