Exerzitien und Arbeitsrecht

Artikel in der Mitarbeiterzeitung des Prosper-Hospitals veröffentlicht am 17.02.2010

Die Rechtsfolgen der Teilnahme an Exerzitien sind in § 10 Abs. 5 der AVR geregelt. Demnach erhält der Mitarbeiter, der im Einverständnis mit dem Dienstgeber an Exerzitien teilnimmt, pro Kalenderjahr bis zu drei Arbeitstage Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge und der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen.

Zu Gunsten des Arbeitgebers besteht mithin ein Ermessens- und Entscheidungsspielraum für die Teilnahme an Exerzitien. Der Mitarbeiter hat mithin grundsätzlich keinen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung.

Erklärt sich der Arbeitgeber nicht einverstanden, greift die Arbeitsbefreiung gemäß § 10 Abs. 5 AVR nicht ein. Der Mitarbeiter ist jedoch nicht daran gehindert, für seine Teilnahme an Exerzitien Urlaub zu beanspruchen.

Die Entscheidung über die Einverständniserklärung hat nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB zu erfolgen. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hat der Dienstgeber seiner Verantwortung für den kirchlichen Charakter der Einrichtung gerecht zu werden. Dieser kirchliche Charakter kann nur erhalten werden, wenn die Mitarbeiter die religiöse Dimension des kirchlichen Dienstes kennen und beachten. Daraus erwächst für den Dienstgeber die Verpflichtung, die Teilnahme der Mitarbeiter an Veranstaltungen zu fördern, die der religiösen Besinnung und Fortbildung dienen. Durch die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen wird dem Mitarbeiter die Orientierung für die von ihm gemäß § 4 Abs. 3 AVR erwartete persönliche Lebensführung nach der Glaubens- und Sittenlehre der Kirche vermittelt.

Nur so kann sichergestellt werden, dass die Mitarbeiter dem Leitsatz I des Leitbildes des Prosper-Hospitals gerecht werden: „Wir sind ein Ort der christlichen Nächstenliebe, an dem die christliche Botschaft und der christliche Glaube aktiv praktiziert werden, ohne jedoch dabei einen konfessionellen Zwang auszuüben.“

Das Ermessen des Dienstgebers dürfte jedoch dann auf Null reduziert sein, wenn die von dem Mitarbeiter beabsichtigten Exerzitien nach den Richtlinien zur Förderung von Exerzitien und Besinnungstagen des bischöflichen Generalvikariats Münster förderungswürdig sind.

Ein weiteres Argument für eine Ermessensreduzierung auf Null findet sich in Art. 9 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse. Dort ist die Fort- und Weiterbildung geregelt, auf die die Mitarbeiter einen Anspruch haben. Nach Art. 9 Satz 2 umfasst die Fort- und Weiterbildung die ethischen und religiösen Aspekte des Dienstes. Nach Art. 9 Satz 3 müssen auch Fragen des Glaubens und der Wertorientierung sowie der Bewältigung der spezifischen Belastungen der einzelnen Dienste angemessen berücksichtigt werden.

Eine angemessene Berücksichtigung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der Dienstgeber sein Einverständnis zu keinem Exerzitium erteilt.

Der Ermessens- und Entscheidungsspielraum besteht demzufolge nicht uneingeschränkt. Unter den Umständen kann dem Mitarbeiter auf Grund der Ermessensreduzierung auf Null ein Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung zustehen.

Die Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge wird für höchstens drei Arbeitstage im Kalenderjahr gewährt. Erstrecken sich die Exerzitien ganz oder teilweise auf arbeitsfreie Tage, werden diese nicht angerechnet. Nimmt der Mitarbeiter von Freitag bis Sonntag an Exerzitien teil, erhält er für Freitag die Dienstbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge. Eine Kürzung der Bezüge für den Samstag und Sonntag erfolgt nicht, da er auch ohne Dienstbefreiung für den Samstag und Sonntag volle Bezügezahlung erhalten hätte. Nimmt ein Mitarbeiter von Freitag bis Dienstag an Exerzitien teil, erhält er für Freitag, Montag und Dienstag, mithin für drei Arbeitstage, Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge. Auch hier hat eine Kürzung für Samstag und Sonntag aus den vorgenannten Gründen nicht zu erfolgen.

Stand Februar 2010
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