Hohe Vorauszahlungen auf Arztkosten steuerlich problematisch

Von Rechtsanwalt/Steuerberater/vereidigter Buchprüfer G.-B. Sprißler – veröffentlicht in der Recklinghhäuser Zeitung

Gericht kürzt Aufwand wegen zu erwartender Erstattungen

Eine seltene Fallkonstellation hatte unlängst das Finanzgericht München zu entscheiden. Im Urteilsfall hatte der Steuerpflichtige im Streitjahr 2009 Kosten für eine Zahnbehandlung in Höhe von 45.000,- € vorausgezahlt, die Behandlung erstreckte sich über zwei Jahre.

Das Finanzamt fand diese Zahlungsweise unüblich und wollte nur rd. 1/3 der Kosten als außergewöhnliche Belastungen anerkennen. Wegen der hohen zumutbaren Eigenbelastung wirkte sich der vom Finanzamt anerkannte Betrag aber nur mit knapp 1.000,- € aus. Hiergegen richtete sich der Einspruch und die Klage.

Das Gericht gab dem Finanzamt Recht. Ursache hierfür war der Umstand, dass für die Vorauszahlungen kein vernünftiger außersteuerlicher Grund vom Kläger vorgebracht werden konnte. Die Vorauszahlung erfolgte nicht aufgrund eines Heil- und Kostenplans. Dieser wurde erst später nachgereicht. Besondere Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Vorauszahlung waren aus Sicht des Gerichts auch deswegen angebracht, weil der Kläger im gleichen Jahr eine hohe Abfindung erhalten hatte. Durch die Leistung einer Arztkostenvorauszahlung wollte er wohl die Steuerbelastung aus der Abfindung reduzieren.

Grundsätzlich gilt bei Arztbehandlungen, dass diese typisierend als außergewöhnliche Belastungen anerkannt sind und im Zeitpunkt der Zahlung, vermindert um zu erwartende Erstattungen, anerkannt werden. Das Gericht wies aber darauf, dass eine derartige Vorauszahlung nur dann akzeptiert werden kann, wenn ein wirtschaftlich vernünftiger Grund vorliegt. Ansonsten wertet die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung ein derartiges Verhalten als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten mit der Folge, dass die Gestaltung unter steuerlichen Gesichtspunkten nicht anerkannt wird (§ 42 AO). Einen derartigen wirtschaftlich vernünftigen Grund konnte der Kläger nicht vorbringen. Er hatte versucht, eine Festkostenvereinbarung vorzulegen und argumentierte, dass dadurch eine höhere Belastung vermieden wurde. Allerdings enthielt eine Bestätigungsschreiben des Zahnarztes die Klausel, dass sich die Gesamtkosten noch ändern könnten, wenn im Laufe der Behandlung einer Abänderung von den ursprünglich vorgesehenen Zahnbehandlungen erforderlich würde. Aus der Sicht des Gerichts lag damit keine Festkostenvereinbarung mehr vor, sondern diese stehe unter dem Vorbehalt, dass der Befund, auf dessen Grundlage das gezahlte Voraushonorar berechnet wurde, sich nicht ändert. Damit handele es sich lediglich um einen Kostenvoranschlag. Dann sei aber eine Vorauszahlung nicht angemessen.

Die Abfindung im Streitjahr betrug 250.000,- €. Eine Gestaltung wie durch Vorauszahlung von Arztkosten, die allein der Steuerminderung dienen soll und keine sonstigen wirtschaftlichen oder außersteuerlich beachtlichen Gründe berücksichtigt, ist im Sinne des Steuerrechts unangemessen und missbräuchlich.

Um eine einheitliche Rechtsprechung zu ermöglichen, hatte das Finanzgericht die Revision zugelassen. Der Kläger, der sich auch auf die Verfassungswidrigkeit der zumutbaren Eigenbelastung berufen hatte, war auch mit diesem Einwand erfolglos. Dies muss nunmehr ggfls. die nächst höhere Instanz (Bundesfinanzhof) klären.

(Finanzgericht München im Urteil vom 12.05.2014, 7 K 3486/11; Revision zugelassen)