Kindesvermögen: Tabu für Eltern

von Dr. Thorsten Engel, LL.M., Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht

Unterhaltsverpflichtung muss aus Elternvermögen erbracht werden

Auch minderjährige Kinder können selbstverständlich über eigene Einkünfte und eigenes Vermögen verfügen. Solange sie minderjährig sind, obliegt die Vermögensverwaltung den Eltern. Diese sind insoweit sorgeberechtigt und vertreten das Kind.

Allerdings handelt es sich aus der Sicht der Eltern um fremdes Vermögen, mit dem sie nicht tun und lassen können, was ihnen beliebt. Normalerweise wird dies innerhalb „funktionierender“ Familien niemals zu einem Problem werden. Ab und an erreichen allerdings „anormale“ Sachverhalte die Gerichte. Einen derartigen Fall hatte auch das Oberlandesgericht Bremen zu entscheiden. Aus nicht näher mitgeteilten Gründen hatten ein Elternteil oder beide Eltern Gelder, die auf Sparbüchern der Kinder angelegt waren, für Geschenke und Anschaffung von Einrichtungsgegenstände verwendet.

Anstelle der Kinder war wohl dann ein Betreuer eingesetzt worden, der auch die Vermögenssorge wahrgenommen hat. Dieser hatte die Eltern auf Rückzahlung der entnommenen Gelder verklagt und vor Gericht Recht bekommen. Soweit von den Vermögenswerten der Kinder Leistungen erbracht werden, zu denen die Eltern aufgrund Unterhaltsverpflichtung verpflichtet sind, dürfen hierzu Gelder der Kinder nicht verwandt werden. Vorab muss allerdings geklärt werden, ob es sich überhaupt in der Sache um Vermögen der Kinder handelt. Manchmal ist es so, dass Gelder nur pro forma auf den Namen der Kinder angelegt werden, allerdings der Schenkende noch den Zugriff behalten will bzw. vermeiden will, dass die Kinder ohne Kenntnis des Schenkenden Abhebungen vornehmen. Ein Indiz für die Frage, wem das Geld tatsächlich und rechtlich zustehen soll, ist neben der Herkunft (z.B. Schenkung von den Großeltern) auch der Besitz der Sparbücher. Dies kann nur durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls geklärt werden.

Häufig ist es aber so, dass Gelder auch angelegt werden, um die sich daraus ergebenden steuerlichen Konsequenzen zu vermeiden, nämlich zusätzliche Grundfreibeträge in Anspruch zu nehmen bzw. ggfls. auch Tarifvorteile nutzen zu können und natürlich auch Schenkungsteuerfreibeträge, die alle 10 Jahre neu entstehen, ausschöpfen zu können. Wenn die Zinseinnahmen nicht bei den Eltern oder den Schenkende (z.B. den Großeltern) deklariert werden, ist dies natürlich auch ein Indiz dafür, dass die Gelder endgültig hingegeben worden sind und nunmehr den Kindern auch tatsächlich und rechtlich zustehen sollen.

Die Eltern mögen sich bei ihrem Vorgehen keiner Schuld bewusst gewesen sein. Gleichwohl gilt auch innerhalb der Familie wie auch unter Eheleuten, dass jedes Familienmitglied eigenes Vermögen haben kann und nicht ohne weiteres ein Zugriff hierauf zulässig ist.

Oberlandesgericht Bremen, Beschluss vom 03.12.2014, AZ 4 UF 112/14