Lohnt sich der Nebenjob?

Von Andreas Belz – Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, landwirtschaftliche Buchstelle und
Dr. Thorsten Engel, LL.M. – Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung des Prosper-Hospitals Sommer 2020

Häufig besteht der Wunsch, sich neben seiner Hauptbeschäftigung noch etwas hinzuzuverdienen. Hierfür bieten sich grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten an. Allerdings wäre zunächst zu klären, ob eine Nebenbeschäftigung arbeitsrechtlich überhaupt zulässig ist, hierzu vgl. den Artikel über „Arbeitsrechtliche Ergänzungen“.

In Frage kommt zunächst ein klassischer Zweitjob bei einem anderen Arbeitgeber. Da der Hauptarbeitgeber in der Regel mit der Steuerklasse 1 oder 2 (bzw. bei Verheirateten Steuerklasse 3, 4 oder 5) abrechnet, bleibt dem zweiten Arbeitgeber nur die Abrechnung nach der ungünstigen Steuerklasse 6. Leider sind die steuerlichen Abzüge in der Steuerklasse 6 relativ hoch. Erhält man für die Nebenbeschäftigung z.B. 625,- € monatlich brutto (7.500,- € im Jahr), fällt für die Lohnsteuerklassen 1 bis 4 rechnerisch  überhaupt gar keine Lohnsteuer an. In der Lohnsteuerklasse 5 (verheiratet, der andere Ehegatte hat Steuerklasse 3) fallen 703, € im Jahr an Lohnsteuern an. In der Steuerklasse 6 fallen allerdings 848,- € an Lohnsteuer im Jahr an; also im Monat 70,66 €. Darüber hinaus ist die Nebenbeschäftigung, wie die Hauptbeschäftigung, grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Es werden also Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung fällig, so lange man insgesamt nicht über die Beitragsbemessungsgrenzen verdient (Beitragsbemessungsgrenze monatlich für die Kranken- und Pflegeversicherung = 4.687,50 €; Beitragsbemessungsgrenze für die Renten- und Arbeitslosenversicherung = 6.900,- € monatlich). Die Nebentätigkeit auf Lohnsteuerklasse 6 bedeutet also hohe Abzüge und somit ein niedrigeres Nettoeinkommen. Vorteil ist allerdings, dass die Werbungskosten im Zusammenhang mit der Tätigkeit von der Steuer abgezogen werden können. Dies sind z.B. Fahrtkosten, Fortbildungskosten und die Anschaffung von Arbeitsmitteln. Zu beachten ist auch, dass die Abgabe der Steuererklärung dann verpflichtend ist, während die Abgabe bei ausschließlichen Einkünfte der Steuerklasse 1 oder 4 (oder 3, wenn der andere Ehegatte keine Einkünfte bezieht) freiwillig erfolgt.

Alternativ käme eine geringfügige Beschäftigung in Form eines sogenannten Minijobs (max. 450,- € im Monat) in Frage. Hier trägt der Arbeitgeber die Sozialabgaben alleine, der Arbeitnehmer kann sich lediglich an der Rentenversicherung mit 3,6 % beteiligen. Hierauf kann er allerdings auch schriftlich verzichten. Hinsichtlich der Steuer besteht die Wahlmöglichkeit, den Minijob mit 2 % pauschal zu versteuern. Die pauschale Steuer kann vom Arbeitgeber übernommen werden oder auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Mit Ansatz der Pauschalbesteuerung ist die Besteuerung erledigt. Ein Ansatz der Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuerklärung erfolgt dann nicht mehr, allerdings dürfen auch die Werbungskosten in diesem Zusammenhang nicht von der Steuer abgezogen werden. Zu beachten wäre ferner, dass zusätzlich zu den 450,- € steuer- und sozialversicherungsfreie Sachbezüge (z.B. Kindergartenzuschuss, Dienstfahrrad, Altersvorsorge in bestimmten Fällen) verdient werden dürfen.

Eine weitere Möglichkeit, etwas dazu zu verdienen, bestünde auch darin, eine selbstständige Tätigkeit auszuüben. Diese muss ggfls. beim Gewerbeamt der Stadt angemeldet werden, auf jeden Fall aber dem Finanzamt angezeigt werden. Dazu ist ein Fragebogen zur steuerlichen Erfassung (seit 2020 online) auszufüllen. Der sich dann ergebende Gewinn, nach Abzug von Betriebsausgaben, wird zusammen mit den Einkünften aus der Hauptbeschäftigung dem individuellen Steuersatz (der zwischen 14 und 42 % liegen kann) versteuert. Im Rahmen der Jahressteuererklärung ist somit mit einer Steuernachzahlung (oder Erstattung) zu rechnen. Die Abgabe einer Erklärung ist verpflichtend. In den Folgejahren werden wahrscheinlich auch entsprechende Steuervorauszahlungen festgesetzt. Mit der Krankenkasse müsste abgeklärt werden, ob die Tätigkeit wirklich als Nebenjob zu werten ist (in der Regel zeitliche Abgrenzungen), so dass die selbstständige Tätigkeit nicht der Sozialversicherung unterliegt. Hinsichtlich der Rentenversicherungspflicht müsste eine gesonderte Überprüfung erfolgen, da einige Tätigkeiten der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen.

Alle Beschäftigungsformen sind mit der steuerfreien Übungsleiterpauschale oder Ehrenamtspauschale kombinierbar. Um einen dieser Freibeträge in Anspruch nehmen zu können, muss die Tätigkeit nebenberuflich ausgeübt werden. Rechtsprechung und Verwaltung gehen von einer nebenberuflichen Tätigkeit aus, wenn sie vom zeitlichen Umfang her (bezogen auf das Kalenderjahr) nicht mehr als 1/3 der Tätigkeit ausmacht, die ein in denselben Beruf ausübender voller Erwerbstätiger zu erbringen hat. Nach einem bundesweit abgestimmten Erlass der Finanzverwaltung ist bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von max. 14 Stunden in der Woche von einer nebenberuflichen Tätigkeit auszugehen. Der Übungsleiterfreibetrag beläuft sich auf 2.400,- € jährlich, der Ehrenamtsfreibetrag auf 720,- € jährlich.

Der Freibetrag von 2.400,- € im Jahr kann in Anspruch genommen werden, wenn vier Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt:

  1. Der ehrenamtlich Tätige muss als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder in vergleichbarer Weise tätig sein. Begünstigt sind auch künstlerische Tätigkeiten und die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen.
  2. Die Tätigkeit muss nebenberuflich ausgeübt werden.
  3. Die Tätigkeit muss im Dienst und im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Körperschaft erfolgen.
  4. Der Steuerpflichtige muss zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke tätig werden.

Der Ehrenamtsfreibetrag von max. 720,- € hingegen ist für alle Personen, die sich in einer gemeinnützigen Einrichtung oder in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts engagieren. Im Vergleich zur Übungsleiterpauschale ist der Freibetrag aber nicht auf pädagogische, pflegerische oder künstlerische Tätigkeiten beschränkt. Im Gegensatz zum Übungsleiterfreibetrag gibt es beim Ehrenamtsfreibetrag keine Vorgabe, welche Tätigkeit begünstigt ist. Einzige Voraussetzung ist, dass ihr Engagement im ideellen Bereich, also in der Vereinsarbeit oder in einem Zweckbetrieb, ausgeübt wird.

Liegt also der Jahresverdienst aus der Nebentätigkeit unter diesen Beträgen und die Voraussetzungen sind erfüllt, fallen gar keine Steuern/Sozialabgaben an. Eine Steuererklärung wäre aber trotzdem abzugeben.

Arbeitsrechtliche Ergänzung zum Artikel von A. Belz von Herrn Dr. Thorsten Engel

Die Frage, ob und in welchem Umfange eine Nebentätigkeit unter der Geltung der AVR möglich ist, wird in § 5 des allgemeinen Teils (AT) der Richtlinien für Arbeitsverträge (AVR) unter der Überschrift „Besondere Dienstpflichten“ beantwortet. Dort heißt es in Abs. 2.: „Die Ausführung einer Nebentätigkeit ist zulässig. Über die Aufnahme einer Nebentätigkeit ist der Dienstgeber zu unterrichten. Eine Nebentätigkeit ist unzulässig, wenn dadurch die Arbeitskraft der Mitarbeiter oder berechtigte Interessen des Dienstgebers erheblich beeinträchtigt werden. In diesem Fall kann der Dienstgeber eine Nebentätigkeit untersagen bzw. die Erlaubnis zur Nebentätigkeit einschränken.“

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht dazu verpflichtet ist, seine gesamte Arbeitskraft nur einem Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Gegenüber dem Hauptarbeitgeber ist der Arbeitnehmer zur Verrichtung der im Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitszeit verpflichtet. Außerhalb dieser Arbeitszeit sind Arbeitnehmer prinzipiell frei, ihre Arbeitskraft auch anderweitig anzubieten. Gleichwohl sind unter anderem gesetzliche Beschränkungen zwingend zu beachten. Das Arbeitszeitgesetz erlaubt Arbeitnehmern eine Tagesarbeitszeit von max. 8 Stunden (§ 3 ArbZG). Unter Berücksichtigung des Samstages ergibt sich darauf eine wöchentliche Arbeitszeit von bis zu 48 Stunden. Vorübergehend ist auch ein 10Std.Tag und damit eine 60Std.Woche erlaubt, sofern diese Verlängerung innerhalb eines Ausgleichszeitraums von 6 Monaten oder 24 Wochen auf durchschnittlich 8 Std. ausgeglichen wird. Dabei werden die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitsgebern zusammengerechnet. Da dem Arbeitgeber die Pflicht zur Überwachung der Einhaltung der Höchstarbeitszeit trifft, ist dem Hauptarbeitgeber zwingend der Umfang der Nebentätigkeit mitzuteilen. Daraus resultiert das Recht des Arbeitgebers, solche Nebentätigkeiten zu verbieten, die zu einer Überschreitung der Höchstarbeitszeit führen.

Darüber hinaus müssen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitstages eine gesetzliche Ruhezeit von 11 Std. einhalten, bevor sie wieder arbeiten dürfen (§ 5 Abs. 1 ArbZG). Dabei zählt jedoch nicht der „Feierabend“ des Hauptarbeitsverhältnisses, sondern das Ende sämtlicher beruflicher Tätigkeiten. Wer seinen Arbeitstag morgens um 6:00 Uhr beginnt, muss spätestens um 19:00 Uhr auch seine nach Dienstschluss ausgeübte Nebentätigkeit beenden, um die gesetzliche Ruhezeit einzuhalten.

Auch hinsichtlich ihres Urlaubes müssen Arbeitnehmer, die einen Zweitjob ausüben, beachten, dass der Urlaub der Erholung dient und nicht, um sich intensiv dem Zweitjob widmen zu können. Zwar verbietet § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) nicht grundsätzlich die Erwerbstätigkeit während des Urlaubs, jedoch eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit. Eine solche ist anzunehmen, wenn sie die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Auffrischung der Arbeitskräfte des Arbeitnehmers verhindert. Das gilt jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub.

Ferner ist zu beachten, dass eine Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich für den Haupt und Nebenjob gleichermaßen gilt. Wer krankgeschrieben dem Hauptjob fernbleibt, zugleich aber nebenberuflich arbeitet, muss unter Umständen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Schließlich sind, wie § 5 Abs. 2 ausdrücklich ausführt, berechtigte Interessen des Dienstgebers zu beachten. Diese sind unter anderem dann betroffen, wenn im Nebenjob für die Konkurrenz gearbeitet wird. Hierbei handelt es sich zum einen um einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, zum anderen begründet eine solche Tätigkeit unter Umständen Schadensersatzansprüche. Grundsätzlich gilt: Um sicher zu stellen, dass der Nebenjob den eigentlichen Hauptjob nicht gefährdet, sollte der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber immer in den Dialog über etwaige Nebentätigkeiten treten. Eine Vereinbarung zwischen den Parteien über die Ausübung einer Nebentätigkeit schafft Klarheit für beide Seiten.