Mutter-/Vater-Kind-Kur und Arbeitsrecht

Von Dr. Thorsten Engel – Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht – veröffentlicht  in der Mitarbeiterzeitung des Prosper-Hospitals

Eine Mutter-/Vater-Kind-Kur ist eine Sonderform einer stationären medizinischen Vorsorge- bzw. medizinischen Rehabilitationsmaßnahme für Mütter und Väter. Die Maßnahmen sind auf 21 Tage angelegt, wobei auf Antrag bei der Krankenversicherung während der Maßnahme eine Verlängerung aus medizinischen Gründen um eine weitere Woche möglich ist. Die gesetzlichen Grundlagen für Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen sind in §§ 24 und 41 SGB V zu finden. Ein Anspruch auf eine medizinische Vorsorgemaßnahme besteht, um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen, einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung des Kindes entgegenzuwirken, Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.

Ein Anspruch auf eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme besteht, um eine Krankheit zu heilen, zu bessern oder deren Verschlimmerung zu verhüten. Die Krankenkassen entscheiden über den Antrag unter Inanspruchnahme des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Maßgebliche Kriterien für die Entscheidung sind die Rehabilitationsrichtlinien des geeinsamen Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkasse und die Begutachtungsrichtlinie „Vorsorge und Rehabilitation“.

Im positiven Fall wird der Antrag durch einen Bewilligungsbescheid beschieden. An diesen knüpfen sich Rechtsfolgen an. Insbesondere ist er maßgeblich für den Umstand, ob der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung zu leisten hat. Die Verpflichtung richtet sich nach § 9 EFZG, der die Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation regelt, zu denen auch eine Mutter-/Vater-Kind-Kur zählt. § 9 Abs. 1 EFZG i. V. m. § 3 EFZG setzt zunächst voraus, dass ein öffentlich-rechtlicher Sozialleistungsträger einen Bewilligungsbescheid erlassen hat. Diesen Bewilligungsbescheid muss der Arbeitnehmer vor Antritt der Maßnahme dem Arbeitgeber vorlegen. Hat der Arbeitnehmer eine Maßnahme ohne Bescheid auf eigene Gefahr begonnen oder durchgeführt, so hat er entweder mit seinem Arbeitgeber einen unbezahlten Sonderurlaub vereinbart oder er befindet sich im Leistungsverzug. In beiden Fällen hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Diese schuldrechtlichen Vorgaben können auch nicht etwa durch nachträgliche Bewilligungen der Maßnahme durch den öffentlich- rechtlichen Sozialleistungsträger rückwirkend beseitigt werden.

Ist der Arbeitnehmer nicht bei der gesetzlichen Krankenversicherung oder der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, und erhält er aus diesem Grunde keinen Bewilligungsbescheid und ist deshalb auf die Trägerschaft einer privaten Einrichtung angewiesen oder will die Kosten der Maßnahme selbst tragen, kann dieser Entgeltfortzahlung nur erhalten, wenn die Maßnahme ärztlich verordnet ist. Dazu ist jeder approbierte Arzt befugt, den sich der Arbeitnehmer frei wählen kann. Er ist nicht auf einen vom Arbeitgeber angegebenen Arzt oder einen Vertrauensarzt angewiesen. Zwar erfolgen Mutter-/Vater-Kind- Maßnahmen im Regelfall stationär, jedoch können auch ambulante Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation den Anspruch auf Entgeltfortzahlung auslösen. Voraussetzung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung ist weiterhin, dass der Arbeitnehmer die vorausgegangene AU und deshalb die Maßnahme nicht schuldhaft herbeigefügt haben darf. Auch hat der Arbeitnehmer keinen Zahlungsanspruch, wenn er die Wartezeit noch nicht im Betrieb des Arbeitgebers verbracht hat oder wenn die Kur zur Ausheilung einer bereits sechs Wochen andauernden Krankheit bewilligt oder angeordnet wird.

Um den Entgeltfortzahlungsanspruch nicht zu verlieren, muss der Arbeitnehmer seine sich aus § 9 Abs. 2 EFZG ergebenen Mitteilungs- und Nachweispflichten beachten. Danach ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber den Zeitpunkt des Antritts der Maßnahme, die voraussichtliche Dauer und die Verlängerung der Maßnahme unverzüglich mitzuteilen und ihm eine entsprechende Bescheinigung über die Höherlegung der Maßnahme durch einen Sozialleistungsträger bzw. eine ärztliche Bescheinigung über die Erforderlichkeit der Maßnahme unverzüglich vorzulegen. Für entsprechende Folgebescheinigungen gilt nichts anderes. So lange der Arbeitnehmer einen Bewilligungsbescheid oder eine ärztliche Bescheinigung nicht vorlegt, kann der Arbeitgeber von seinem vorläufigen Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen. Sobald der Nachweis aber vorliegt, muss er die Entgeltfortzahlung nachentrichten. Davon ist die bereits oben dargestellte Fallgestaltung zu unterscheiden, dass der Arbeitnehmer zunächst ohne Bescheid oder Verordnung seiner Arbeit fernbleibt und dann einen nachträglich erstellten Bescheid erwirkt. In diesem Fall besteht kein Anspruch.

Die Verletzung allein der Mitteilungspflicht begründet keine Leistungsverweigerung. Verspätete Nachweise können zu Schadenersatzansprüchen führen, was jedoch nur selten der Fall sein dürfte. Pflichtverletzungen können jedoch im Ausnahmefall Kündigungen nach sich ziehen, z. B. wenn der Arbeitnehmer nach Abmahnung zum wiederholten Mal wegen des Co- Antritts der Arbeit fernbleibt, ohne die Bewilligung vorher anzuzeigen oder nachzuweisen.