15 Aug Neue Erkenntnisse aus der Rechtsprechung bei höherem Grundstückskaufpreis als notariell beurkundet
von G.-B. Sprißler
Rechtsanwalt, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer
In der Praxis kommt wahrscheinlich des Öfteren vor, dass Grundstücke verkauft werden, bei denen der zwischen den Parteien vereinbarte Kaufpreis höher als in dem beurkundeten Notarvertrag ist. Hintergrund ist wohl, dass Schwarzgeld „gewaschen“ oder die Grunderwerbsteuer reduziert werden soll.
Das höchste Zivilgericht hatte jetzt Gelegenheit, mit sich mit einer derartigen Problematik zu befassen. Das Grundstück hatte laut Kaufvertrag einen Kaufpreis von 120.000,- €. Vorher waren aber dem Verkäufer bereits zusätzlich 30.000,- € übergeben worden. Vor letztlicher Eintragung des Erwerbers als Eigentümer hatte der Veräußerer Selbstanzeige erstattet beim Finanzamt wegen der möglichen Hinterziehung der Grunderwerbsteuer auf die 30.000,- €. Er wollte das Grundstück zurückhaben und weigerte sich, an dem Vollzug mitzuwirken.
Das letzte Wort hatte hier der Bundesgerichtshof (Urteil vom 15.03.2024, ZR 115/22).
Er war der Ansicht, dass zwar grundsätzlich derartige Abreden im schuldrechtlichen Kaufvertrag gegen das Gesetz verstoßen und der schuldrechtliche Vertrag daher nichtig ist. Fraglich ist aber, ob dies so schwer ist, dass auch das dingliche Ausführungsgeschäft (Eigentumsübertragung mit Rechtsänderung im Grundbuch) betroffen ist. Aus Sicht des Gerichts ist dies nur dann der Fall, wenn die Steuerersparnis im Vordergrund steht. Dies war wohl im zu entscheidenden Fall nicht so, so dass der Eigentumsumschreibung dann kein Hindernis mehr entgegenstand.
Das Gericht hat sich auch mit der Rechtsprechung anderer Senate auseinandergesetzt zu Schwarzgeldabreden bei Werkverträgen. Mitunter wird bei Handwerkern eine „ohne Rechnung-Vereinbarung“ getroffen. Hier ist die Rechtsprechung unerbittlich. Der Senat, der im hier zu entscheidenden Fall mit der Sache befasst war, sah aber regelmäßig in dortigen Vereinbarungen die Steuerersparnis im Vordergrund. Außerdem liegt hier ein regelmäßiger Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz vor. So konnte er ein in der Sache abweichendes Ergebnis rechtfertigen.
Fazit:
- Bei Grundstücksverträgen besteht die theoretische Möglichkeit, trotz Schwarzgeldabrede den vertraglichen Ablauf durchzusetzen. Wann aus der Sicht der Zivilgerichte die Steuerersparnis im Vordergrund steht, ist offen. Möglicherweise wird man zu einem anderen Ergebnis gelangen, wenn beispielsweise auf Seiten des Veräußerers ein Veräußerungsgewinn zu versteuern ist, sei es bei einer Veräußerung innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb (Verkauf aus dem steuerlichen Privatvermögen oder bei einem Verkauf aus Betriebsvermögen). Letztlich ist allerdings ein solches Geschäft immer risikobehaftet.
- Hinsichtlich z.B. Handwerkerleistungen bleibt es dabei, dass für solche Verträge nie die gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann, weder bei Einklagung des Kaufpreises noch bei Mängelgewährleistung.