Selbstständiger Fahrer

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 18.07.2009

Scheinarbeitsverhältnisse sind gefährlich

Die Abgabenlast in Deutschland ist sehr hoch. Neben der Lohnsteuer fallen auch Sozialversicherungsbeiträge an, die bis zur Beitragsbemessungsgrenze rund 40 % betragen, von denen rund die Hälfte der Arbeitgeber, der Rest aber der Arbeitnehmer tragen muss.

Was liegt näher, als auch im Bereich der Sozialversicherung Abgaben zu sparen durch Einstufung der Tätigkeit als selbständig und somit als sozialversicherungsteuerfrei?

Leider gelingt dies aber nicht so einfach. Ob ein Auftragnehmer wirklich selbständig ist oder nicht doch ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis eingegangen ist, muss anhand einer Vielzahl von Indizien entschieden werden. Das Landessozialgericht Bayern hatte für einen „selbständigen“ Fahrer eines Lkw ein Urteil zu fällen. Anhand von Indizien wird geprüft, ob der Beschäftigte in Bezug auf Zeit, Dauer, Art und Ort der Ausführung den Weisungen des „Arbeitgebers“ unterliegt. Im Urteilsfall kam das Gericht zu der Überzeugung, dass insgesamt ein sozialversicherungspflichtiges abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorlag. Unmaßgeblich ist die Vertragsurkunde und das schriftliche Niedergelegte, wenn es nicht auch so „gelebt“ wird. Im Urteilsfall hatte der Fahrer kein eigenes unternehmerisches Risiko, da er vom Auftraggeber die Tank- und Unterhaltskosten des Fahrzeugs erstattet bekam. Der Auftraggeber hatte auch die Buchhaltung für ihn erledigt. Der Kläger hatte ihm schließlich auch das Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Im Transportgewerbe ist es gängige Rechtsprechungspraxis, dass eine abhängige Beschäftigung angenommen wird, wenn der Fahrer kein eigenes Fahrzeug, sondern das des Auftraggebers benutzt. Auch wenn dieser noch für andere Personen Aufträge abgearbeitet hat, änderte dies nichts an dem Gesamturteil.

Für Arbeitgeber sind derartige Situationen besonders misslich, da sie letztlich bei einer späteren Überprüfung die gesamten Sozialaufwendungen alleine tragen, dies gilt auch für den Arbeitnehmeranteil. Dieser kann vom Bruttolohn nur abgezogen werden, wenn dies sofort geschieht. Wenn – wie vorliegend – eine Überprüfung erst Monate oder Jahre später erfolgt, trifft das finanzielle Risiko ausschließlich den Arbeitgeber bzw. Auftraggeber.

Für die steuerliche Beurteilung ist die Einordnung nicht so von Bedeutung, da hier andere Kriterien gelten und die Steuerbelastung unabhängig von der obigen Fragestellung fast gleich ist. Eine Auswirkung ergibt sich nur dann, wenn der Gewinn durch Überschreitung des Freibetrages zu einer Gewerbesteuerpflicht führt. Will man rechtzeitig solchen gefährlichen Situationen entgehen, sollten rechtzeitig die entsprechenden Behörden (Finanzamt und Sozialversicherungsträger) zu der Gestaltung befragt werden.
(Urteil des Landessozialgerichtes Bayern, Urteil vom 14.10.2008, L 5 KR 365/06)

Stand Juli 2009
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