Steuerrecht in Corona-Zeiten – Home-Office, Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte, Übungsleiterfreibetrag, Kurzarbeit

Von Andreas Belz – Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, landwirtschaftliche Buchstelle veröffentlicht in der Mitarbeiterzeitung des Prosper-Hospitals

Die Corona-Pandemie hat die Welt weiterhin fest im Griff. Für viele Arbeitnehmer stellt sich daher die Frage, welche Auswirkungen dies auf die Einkommensteuerklärung hat. Hierbei soll der folgende Artikel insbesondere vier Problemfelder (Home-Office, Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte, Übungsleiterfreibetrag und Kurzarbeit) berücksichtigen.

Viele Arbeitnehmer haben im Rahmen der Corona-Pandemie ihren Arbeitsplatz nicht im Unternehmen, sondern im Home-Office gefunden. Hier stellt sich die Frage, wie diese Kosten steuerlich geltend gemacht werden können. Immerhin fallen für den Arbeitsplatz Miet- und Energiekosten an. Im Steuerrecht gibt es den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers schon lange. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist bisher ein separater Raum, der nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Hat der Arbeitnehmer keinen (zumutbaren) anderen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber, kann er bis zu 1.250,- € der angefallenen Kosten für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten im Rahmen seiner Steuerklärung geltend machen. Ist das Arbeitszimmer gar Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit, sind die Kosten sogar unbeschränkt abzugsfähig. Zu beachten ist ferner, dass der Höchstbetrag von 1.250,- € personenbezogen ist. Zur Ermittlung der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer unterscheidet die Rechtsprechung zwischen grundstücks- und nutzungsorientierten Aufwendungen. Grundstücksorientierte Aufwendungen sind Mieten oder Abschreibungen für Eigentum, Schuldzinsen, Grundsteuern und Versicherungsbeiträge. Nutzungsorientierte Aufwendungen sind Energiekosten, Wasserkosten und Reinigungskosten. Der Unterschied ist deswegen wichtig, da nutzungsorientierte Kosten immer zu berücksichtigen sind, bei grundstücksorientierten Aufwendungen hingegen gelten die Regelungen zum sogenannten Drittaufwand. Danach kann ein steuermindernder Abzug nur nach dem Kostentragungsprinzip erfolgen, wenn der Steuerpflichtige die durch die Einkunftserzielung veranlassten Aufwendungen auch wirklich selbst getragen hat. Sollte also z.B. Mieter oder Eigentümer der Ehegatte sein, der das Arbeitszimmer nicht für berufliche Zwecke nutzt, sind die grundstücksorientierten Aufwendungen nur dann abziehbar, wenn sie vom Konto des nutzenden abgebucht werden. Sollten die Aufwendungen von einem Gemeinschaftskonto oder vom Konto des (Mieter, Eigentümer) Ehegatten bezahlt werden, sind die grundstücksorientierten Aufwendungen nicht abziehbar. Grundsätzlich sind alle Raumkosten im Verhältnis der genutzten Wohnfläche zum Arbeitszimmer zu berücksichtigen. Neu ist ein Urteil, wonach beispielsweise Aufwendungen für eine Badezimmerrenovierung auch anteilig auf das Arbeitszimmer entfallen. Hier allerdings nur für ein Handwaschbecken und eine Toilette. Eine Dusche oder Badewanne gehört nicht dazu und müsste aus den Kosten herausgerechnet werden.

Unabhängig von der Frage des Arbeitszimmers können Arbeitnehmer Aufwendungen für Arbeitsmittel wie z.B. Telefon und PC als Werbungskosten ansetzen. Dies gilt auch für Ausstattungsgegenstände des Arbeitszimmers (z.B. benötigter Schreibtisch) selbst dann, wenn das Arbeitszimmer an sich nicht zum Kostenabzug berechtigt.

Arbeitnehmer können für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte je Entfernungskilometer 0,30 € im Rahmen ihrer Einkommensteuerklärung als Werbungskosten ansetzen. Die Abzugsmöglichkeit bezieht sich auf tatsächliche Fahrten. Sollten also durch die Corona- Pandemie weniger Arbeitstage im Betrieb erfolgen, ist dies auch bei der Einkommensteuerklärung zu berücksichtigen. Besonderheiten bestehen hier bei Benutzung eines Firmenwagens. Ist die Privatnutzung eines Firmenwagens erlaubt, ist der sogenannte geldwerte Vorteil anhand eines Fahrtenbuches oder der sogenannten 1 %-Methode zu ermitteln. Die Privatnutzung erhöht sich um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. In der Regel erfolgt dies über einen pauschalen Ansatz, der regelmäßig 15 Arbeitstage im Monat unterstellt. Sollte der Pkw tatsächlich an weniger Arbeitstagen für Fahrten zwischen der privaten Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte genutzt worden sein, kann hier im Rahmen der Einkommensteuererklärung eine Berichtigung erfolgen.

Auch für selbständige Übungsleiter bedeutet die Corona-Pandemie erhebliche Verluste durch z.B. Wegfall von Kursen oder Kursstunden. Aufgrund der Corona-Krise ist somit mit einer Einkommensminderung zu rechnen. Grundsätzlich können Übungsleiter nebenberufliche Einnahmen in Höhe von bis zu 2.400,- € jährlich steuerfrei vereinnahmen. Hier greift dann die Übungsleiterpauschale. Zur Erinnerung: Wenn Sie nebenberuflich als Ausbilder, Dozent, Pfleger, Erzieher oder Künstler tätig sind, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen mit der Übungsleiterpauschale bis zu 2.400 Euro im Jahr verdienen, ohne das Geld versteuern zu müssen Allerdings können auch die tatsächlichen Kosten die Einnahmen übersteigen. Sollten aufgrund der Corona-Krise keine Einnahmen erfolgen, aber dennoch Kosten entstehen, könnte ein rechnerischer Verlust entstehen. Haben Sie zum Beispiel im Jahr 2020 für Fahrtkosten, Materialien etc. Kosten in Höhe von 3.000 Euro und nur 1.000 Euro Einnahmen erzielt, haben Sie ein Verlust in Höhe von 2.000 Euro erwirtschaftet; und nicht etwa nur in Höhe von 600 Euro nach Abzug der Übungsleiterpauschale. Dieser Verlust lässt sich dann beispielsweise mit dem Gehalt aus der Hauptbeschäftigung verrechnen. Dadurch zahlen Sie insgesamt weniger Steuern. Wenn auch nach der Verlustverrechnung noch ein Negativbetrag verbleibt, wird dieser in das Vorjahr zurückgetragen oder in das Folgejahr vorgetragen. Hier haben Sie ein Wahlrecht. In Corona-Zeiten ist ein Verlustrücktrag zunächst pauschal möglich, muss aber später nachgewiesen werden. Voraussetzung für den Ansatz von negativen Einkünften ist allerdings eine sogenannte Einkunftserzielungsabsicht. Sie müssen dem Finanzamt also plausibel darlegen, dass über den gesamten Tätigkeitszeitraum Gewinne erzielt werden (sollen). Hier ist also eine Prognoserechnung erforderlich. Sofern in den Vorjahren bereits Gewinne angefallen sind, dürfte dies kein Problem darstellen.

Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass viele Arbeitnehmer derzeit Kurzarbeitergeld beziehen. Das Kurzarbeitergeld selbst wird steuerfrei ausgezahlt. Allerdings unterliegt diese Lohnersatzleistung (wie auch Arbeitslosengeld oder Krankengeld) dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, dass im Rahmen einer Einkommensteuererklärung die eigentlich steuerfreien Einkünfte den übrigen Einkünften hinzugerechnet werden und der sich dann höhere ergebende Steuersatz auf die steuerpflichtigen Einkünfte angewendet wird. Dadurch kann es in vielen Fällen von Kurzarbeit im nächsten Jahr zu Steuernachzahlungen kommen. Sofern steuerfreie Lohnersatzleistungen bezogen werden ist die Abgabe der Einkommensteuererklärung auch nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend.