Streitpunkt Restwert

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 06.12.2008

Keine Nachholung unterlassener Auto-Abschreibung

Die steuerliche Rechtsprechung hat es seit langem zugelassen, dass in Fällen eines erheblichen Schrottwertes eines Pkw – wie bei Schiffen – dieser Restwert die Bemessungsgrundlage bei der Abschreibung mindert. Im Klartext heißt dieses, dass Schiffe nicht wie bei Autos usw. üblich, bis auf einen Erinnerungswert vom 1,00 € abgeschrieben werden, sondern dass nur bis auf den Schrottwert abgeschrieben werden darf. Ein Rechtsanwalt wollte diese Rechtsprechung jetzt auch für seinen Steuerfall bei der Bemessung der Abschreibung für seinen Pkw berücksichtigt wissen. Dieses ließen die Richter des Bundesfinanzhofes aber nicht zu und urteilten Anfang diesen Jahres, dass der Wiederverkaufswert eines Pkw im Betriebsvermögen nicht von der Normalabschreibung auszunehmen ist.

Keine spätere Geltendmachung

Der Rechtsanwalt hatte wissentlich in einem Jahr keine Abschreibung vorgenommen und wollte diesen Betrag in einem späteren Jahr erst dann steuerlich geltend machen, als nämlich der Pkw aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden war. Er begründete seine Auffassung damit, dass ja doch auch der Pkw mit 10.000,00 DM einen ganz erheblichen Restwert hätte. Dieser erhebliche Restwert wäre wohl vergleichbar mit den sogenannten Schrottwerten bei Schiffen. Also hat er einen Restwert von 10.000,00 € stehen lassen und, weil es wohl auch steuerlich besser passte, diesen erst geltend gemacht, als der Pkw aus dem Betriebsvermögen ausschied. Gegen diese Nichtanerkennung durch das Finanzamt erhob der Steuerzahler Einspruch und nachdem dieser Einspruch zurückgewiesen wurde, reichte er beim Finanzgericht Klage ein, aber auch diese wurde abgewiesen.

Revision beim Bundesfinanzhof

Die Richter des Bundesfinanzhofes entschieden, dass die Abschreibung bei Pkw´s sich immer nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer richten würde und demzufolge die Abschreibung linear auf die Nutzungsdauer zu verteilen sei bis auf den sogenannten Erinnerungswert von einem Euro. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes ist bei der Bemessung der Abschreibung für Firmen-Pkw´s grundsätzlich keine Minderung der Abschreibungsbemessungsgrundlage für einen „Restwert“, „Anhaltewert“, „Wiederverkaufswert“ oder auch „Schrottwert“ zulässig. Nach den Regeln des Einkommensteuergesetzes besteht immer eine Pflicht zur Vornahme der normalen Abschreibung. Die Richter vertreten die Auffassung, dass die Absetzungen so zu bemessen sind, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes bis auf einen Erinnerungswert von 1,00 € verteilt sind. Das Gericht ist weiterhin der Meinung, dass nur dann eine Ausnahme gemacht werden kann, wenn erfahrungsgemäß auch nach Beendigung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes ein im Verhältnis zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten beträchtlicher Restwert bestehen bleibt. Nur in einem solchen Fall lässt auch die bisherige Rechtsprechung es zu, dass die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung um einen solchen Restwert gemindert wird. Der große Senat des Bundesfinanzhofes hatte vor langer Zeit nämlich entschieden, dass ein solcher beträchtlicher Restwert bejaht werden kann bei einem erheblichen Schrottwert eines Schiffes. Gleiches gilt kurioserweise auch bezüglich des Schlachtwertes bei Milchkühen.

Objektive Nutzbarkeit ist maßgeblich

Die Richter des Bundesfinanzhofes führen in dem Urteil aus, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der voraussichtlichen Nutzungsdauer entspricht und den Zeitraum umfasst, in dem das Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Verhältnisse seines konkreten Einsatzes seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Maßgebend ist nach Meinung der Richter deshalb nicht die tatsächliche Dauer der betrieblichen Nutzung durch den einzelnen Unternehmer, sondern die objektive Nutzbarkeit des Wirtschaftsguts, ggf. unter Berücksichtigung einer die gewöhnliche Nutzungsdauer verkürzenden besonderen betriebstypischen Beanspruchung.

Entscheidend ist betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer

Demzufolge bleiben der Umstand der Veräußerung oder Entnahme eines der Abschreibung unterliegenden Wirtschaftsguts und sein Zeitpunkt ohne Auswirkung auf die Höhe der jährlichen Abschreibung. Grundsätzlich ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofes die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer durch Schätzung zu ermitteln. Im Urteilsfall wurde von einer Nutzungsdauer von acht Jahren ausgegangen. Der Bundesfinanzhof weist darauf hin, dass nach Erhebung des Gerichts im Durchschnitt nach acht Jahren der Restwert nur noch 14 % der Anschaffungskosten betrug. Weil im Urteilsfall der Entnahmewert bei 16,4 % der Anschaffungskosten liegt, wurde hier keine erhebliche Abweichung gesehen. Für die Praxis bleibt somit nur der Hinweis, dass es grundsätzlich nichts bringt, in einzelnen Jahren jeweils eine Abschreibung wissentlich zu unterlassen. Jedenfalls unter Bezugnahme auf den Restwertgedanken wird man hier keine spätere Nachholung der Abschreibung vornehmen können.
(AZ: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.04.2008, VIII R 64/06, NV)

Stand Dezember 2008
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