20 Dez Überraschendes Urteil
Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 20.12.2008
Finanzgericht fordert von allen Pkw die einprozentige Besteuerung
Mit einer überraschenden Entscheidung in diesem Jahr widerspricht das Finanzgericht Münster eindeutig den geltenden Anweisungen des Bundesfinanzministers und zwar bei der Frage der Versteuerung des privaten Nutzungsanteils für Geschäftswagen in den Fällen, wenn mehrere Geschäfts-Pkws zur Verfügung stehen. Wird kein Fahrtenbuch geführt, mit dem der private Nutzungsanteil bei einem Firmen-Pkw nachgewiesen wird, gibt es beim Finanzamt die sogenannte 1 %-Pauschalierungsregel für die Erfassung des privaten Nutzungsanteils, wenn der Pkw zu über 50 % betrieblich genutzt wird. Mit einem sogenannten koordinierten Ländererlass hat der Bundesfinanzminister eindeutig festgelegt, wie die Versteuerung des privaten Nutzungsanteils im Einzelfall jeweils zu erfolgen hat, wenn zeitgleich mehrere Pkws zum Betriebsvermögen gehören. Nach dieser Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministers soll in solchen Fällen immer nur einmal diese 1 %-Pauschalierung angewandt werden und zwar in der Weise, dass 1 % vom Listenpreis des teuersten Autos versteuert werden soll. Diese Versteuerung erschien auch für den Regelfall gerecht, weil man ja auch zu Recht annehmen konnte, dass auch ein Unternehmer zeitgleich immer nur ein einziges Auto fahren kann. Diese Regel sollte jedenfalls dann gelten, wenn keines der anderen weiteren Pkws im Geschäftsvermögen nicht durch sonstige Familienangehörige eventuell auch privat genutzt wurde.
Alleine Möglichkeit zur Privatnutzung genügt
Mit dieser Regelung konnten viele Unternehmer in der Praxis auch ganz gut leben, denn wenn z. B. drei Geschäfts-Pkws vorhanden waren, brauchten sie ja den Privatanteil nur einmal mit 1 % von dem teuersten Auto versteuern. Dieser Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzhofes hat aber jetzt in diesem Jahr das Finanzgericht Münster ganz deutlich widersprochen. In ihrem Urteil führen die Richter des Finanzgerichts aus, dass alleine die Möglichkeit, ein beliebiges von mehreren Fahrzeugen für private Zwecke auswählen zu können, einen zu versteuernden Nutzungsanteil darstellt und daher für jedes für die Privatnutzung zur Verfügung stehendes Fahrzeug ein Nutzungsanteil in Höhe von 1 % der jeweiligen Listenpreise anzusetzen ist.
Insgesamt drei Oberklasse-Pkw
Im Urteilsfall verfügte der klagende Autofahrer in den Jahren 2001 und 2003 über einen BMW 750 I, einen Porsche 911 Carrera und einen Porsche Cayenne S. Fahrtenbücher wurden von ihm nicht geführt. Darüber hinaus hatten die Kläger noch einen Mini Cooper im Privatvermögen, der ausschließlich von der Ehefrau des Klägers genutzt wurde. Der klagende Autofahrer gab an, dass die Ehefrau im Urteilsfall mit dem Mini Cooper ein eigenes Kraftfahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gehabt hätte. Deswegen würden die betrieblichen Pkws von der Ehefrau des Klägers auch nicht privat genutzt.
Eidesstattliche Versicherung der Ehefrau
Ihre Angaben hat sie letztlich auch noch durch eine eidesstattliche Versicherung bestätigt. Der klagende Autofahrer vertrat beim Finanzamt die Auffassung, es wäre ausreichend glaubhaft gemacht worden, dass die übrigen beiden Autos gar nicht privat gefahren würden. Der Anscheinsbeweis einer privaten Mitbenutzung sei damit widerlegt. Die Finanzverwaltung und damit auch das Finanzamt seien an den Inhalt des Bundesfinanzminister-Schreibens aus den Jahren 2002 und 2007 gebunden, wonach nur beim teuersten Auto insgesamt nur einmal die 1 %-Regel grundsätzlich anzuwenden sei. Das Finanzamt folgte aber nicht den Ausführungen des Steuerzahlers, so dass Klage beim Finanzgericht Münster erhoben wurde.
Wahlrecht zwischen 1 % und Fahrtenbuch
Die Finanzrichter verweisen auf existierende Rechtsprechungen des Bundesfinanzhofes, dass einem Steuerpflichtigen, der mehrere betriebliche Pkws hält und diese auch privat nutzt, bei der Ermittlung des zu versteuernden Privatanteils für jedes einzelne Kraftfahrzeug ein Wahlrecht zwischen der Anwendung der 1 %-Regelung und dem Führen eines Fahrtenbuches zusteht. Nach Auffassung des Finanzgerichts würde der Einwand nicht überzeugen, dass eine Person zu einem Zeitpunkt immer nur ein Kraftfahrzeug aus dem gesamten Fuhrpark eines Unternehmens tatsächlich nutzen könnte und folglich sei die Nutzungswertbesteuerung auch auf ein Kraftfahrzeug (das mit dem höchsten Bruttolistenpreis) zu beschränken. Das Finanzgericht meinte, dass für alle betrieblichen Pkws auch dann Aufwendungen anfallen und den Gewinn eines Unternehmens mindern, wenn die Kraftfahrzeuge vom Unternehmer nicht aktuell genutzt im Sinne von gefahren werden (Steuern, Versicherungen, Abschreibungen usw.). Gleichzeitig würden private Nutzungsvorteile aus sämtlichen der zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeuge gezogen, alleine schon durch die Gelegenheit, das eine oder das andere Kraftfahrzeug zum Gebrauch auszuwählen. Schließlich ist nach Meinung des Finanzgerichtes zu beachten, dass auch ein Privatmann, wenn er mehrere Pkws hält, wie dies beispielsweise in der Konstellation Familienfahrzeug, Repräsentationsfahrzeug, Oldtimer und/oder Sportwagen vorkommt, gleichermaßen nur eines dieser Kraftfahrzeuge fahren, respektive aktuell nutzen kann. Gleichwohl würden die Aufwendungen für alle dieser Kraftfahrzeuge seinen privaten Haushalt in voller Höhe belasten.
Mitbenutzung durch Ehefrau unbeachtlich
Das Finanzgericht vertritt weiter die Auffassung, dass es nach den einkommensteuerlichen Vorschriften auf eine eventuelle private Mitbenutzung der betrieblichen Pkws durch Personen, die zur Privatsphäre des Unternehmensinhabers gehören, zur Überzeugung des erkennenden Senats nicht an. Insofern sieht sich das Finanzgericht an das anderslautende Bundesfinanzminister-Schreiben nicht gebunden. Weil das Schreiben des Bundesfinanzministers nur eine Verwaltungsvorschrift darstellt, besteht nach Meinung der Richter des Finanzgerichts keine Bindung mangels Rechtsnormqualität. Verwaltungsvorschriften hätten lediglich einen Innenwirkung, sie binden nur die nachgeordneten Verwaltungsdienststellen aber nicht die Gerichte.
Das Bittere an der Geschichte ist für den offensichtlich doch sehr autoverliebten Steuerzahler, dass er dem Schreiben des Bundesfinanzministers schwarz auf weiß entnommen hat, er müsse nur für ein einziges Fahrzeug eine Privatnutzung versteuern. Sicherlich war ihm auch nicht bekannt, dass eine solche Verwaltungsvorschrift zwar die Finanzverwaltung, sprich auch die Finanzämter bindet, aber leider nicht die Finanzgerichte.
Abschließend erfolgt noch der Hinweis, dass der Rechtsstreit die Jahre 2001 und 2003 betrifft; hier war für die 1 %-Regel noch nicht Voraussetzung eine mehr als 50 %-ige betriebliche Nutzung.
Da Revision eingelegt wurde, bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof letztlich entscheiden wird.
(AZ: Finanzgericht Münster, 6 – K – 2405/07/E/U, Urteil vom 29.04.2008, Entscheidung der Finanzgerichte 2008, Seite 1275; Aktenzeichen des Bundesfinanzhofes, VIII R 24/08, BMF-Schreiben vom 21.01.2002, BStBl. 2002 I Seite 148)
Stand Dezember 2008
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