Unterwegs im Dienstwagen

Artikel in der Recklinghäuser Zeitung veröffentlicht am 03.01.2009

Schon wieder Nichtanwendungserlass für zwei steuerzahlerfreundliche Urteile des Bundesfinanzhofes

Der Bundesfinanzhof hat in zwei aktuellen Entscheidungen klargestellt, dass ein Zuschlag von 0,03 v. H. je Entfernungskilometer und Monat – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung und einiger Finanzgerichte – nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nutzt. Wird der Dienstwagen nur einmal wöchentlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt, beträgt der Zuschlag 0,002 v. H. des Listenpreises je Entfernungskilometer, und zwar nur für die Strecke, für die der Arbeitnehmer das Fahrzeug tatsächlich nutzt und nicht auf andere Verkehrsmittel umsteigt.

Im Urteilsfall stellte der Arbeitgeber einem Außendienstmitarbeiter für Kundenbesuche einen Dienstwagen zur Verfügung, den er auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte nutzen durfte. Der Kläger suchte in den Streitjahren an 50 Tagen im Jahr den 50 Kilometer von seiner Wohnung entfernten Sitz der Geschäftsführung seines Arbeitgebers auf. Das Finanzamt setzte den geldwerten Vorteil für die Fahrten mit 0,03 v. H. des Bruttolistenpreises je Monat und Entfernungskilometer an, obwohl der Kläger angab, er habe den Dienstwagen nicht für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt. Der Bundesfinanzhof entschied, dass Fahrten zum Dienstsitz des Arbeitgebers zwar als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu beurteilen seien. Ein Zuschlag sei aber, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug nur für eine solche Fahrt pro Woche nutze, nur mit 0,002 v. H. je Fahrt anzusetzen. Legt der Arbeitnehmer hingegen nur eine Teilstrecke mit dem Dienstwagen zurück, muss auch nur insoweit ein Zuschlag von 0,03 v. H. je Monat oder von 0,002 v. H. je Fahrt angesetzt werden.

Bundesfinanzminister akzeptiert aber positive Urteile nicht

Der Bundesfinanzminister hat nun ein Schreiben herausgegeben, wonach die Rechtsgrundsätze dieser steuerzahlerfreundlichen Urteile von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nicht geteilt werden. Soweit der Bundesfinanzhof beurteilt hatte, dass nur die tatsächlich durchgeführten Fahrten zu berücksichtigen wären und eine Einzelbewertung mit 0,002 v. H. vom Listenpreis je Entfernungskilometer durchzuführen ist, will der Finanzminister dieses Urteil in der Praxis nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewandt wissen. Soweit das Urteil sich darauf bezieht, dass nur die entsprechende Teilstrecke steuerlich zu erfassen ist, will der Bundesfinanzminister dieses Urteil nur im Wege einer Billigkeitsregelung anwenden. Wenn der Arbeitnehmer ein ihm überlassenes Kraftfahrzeug bei den Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte oder bei Familienheimfahrten nur für eine Teilstrecke einsetzt, weil er regelmäßig die andere Teilstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegt, ist für die Ermittlung des pauschalen Nutzungswertes nach Auffassung des Ministers trotzdem die gesamte Entfernung zu Grunde zu legen. Weiter heißt es in dem Erlass: „Ein Nutzungswert auf der Grundlage der Entfernung, die mit dem Kraftfahrzeug tatsächlich zurückgelegt worden ist, kommt in Betracht, wenn das Kraftfahrzeug vom Arbeitgeber nur für diese Teilstrecke zur Verfügung gestellt worden ist. Der Arbeitgeber hat die Einhaltung seines Verbots zu überwachen. Aus Billigkeitsgründen kann der pauschale Nutzungswert auch dann auf der Grundlage der Entfernung, die mit dem Kraftfahrzeug tatsächlich zurückgelegt worden ist, ermittelt werden, wenn für die restliche Teilstrecke z. B. eine auf den Arbeitnehmer ausgestellte Jahresbahnfahrkarte vorgelegt wird.“

Damit reihen sich auch diese beiden steuerzahlerfreundlichen Urteile in der großen Reihe von Entscheidungen ein, die per Nichtanwendungserlass des Bundesfinanzministers in der Praxis von der Finanzverwaltung nicht angewandt werden dürfen.
(AZ: Schreiben des Bundesfinanzministers vom 23.10.2008 – IV C 5 – S 2334/08/10010, Entscheidung Bundesfinanzhof, 04.04.2008, VI R 85/04 – DStR 2008, 1185 – und VI R 68/05 – DStR 2008, 1182)

Stand Januar 2009
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