Widerrufsrecht reloaded

Das Widerrufsrecht für Verbraucherkreditverträge gilt eigentlich als weitgehend ausgeurteilt. Die meisten Banken haben mittlerweile die Belehrung über das Widerrufsrecht sorgfältiger ausgearbeitet und vielfach das vom Gesetzgeber vorgesehene Muster übernommen.

Am 26.03.2020 hat sich der Europäische Gerichtshof in einem Urteil mit der Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditverträgen befasst (Aktenzeichen C-66/19). Dieses Urteil wird möglicherweise unabsehbare Folgen haben.

Der Europäische Gerichtshof hat geurteilt, dass auf Grundlage der Verbraucherkreditvertragsrichtlinie die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist in klarer und prägnanter Form angegeben sein müssen. Eine Kaskadenverweisung, also eine Verweisung in der Widerrufsbelehrung auf das nationale Recht, welches wiederum auf weitere Rechtsvorschriften verweist, laufe der Richtlinie zuwider. Der Verbraucher könne in einem solchen Fall auf Grundlage des Vertrages nämlich weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen, noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält. Eine solche Widerrufsbelehrung sei nicht geeignet, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Solche Verträge sind somit weiterhin widerrufbar. Es dürfte sich um die große Mehrheit aller in Deutschland abgeschlossenen Verbraucherkreditverträge handeln, die davon betroffen ist.

Die Kanzlei Korte und Partner vertritt einen Mandanten vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main wegen einer Rückabwicklung eines Immobilienkreditvertrages. Die Widerrufsbelehrung enthält in diesem Fall eine Kaskadenverweisung auf Grundlage des Musters des Gesetzgebers. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat die Berufung entgegen dem Urteil des EuGH mit Hinweis auf entgegengesetzte Rechtsprechung des BGH zurückgewiesen. Dagegen läuft nunmehr ein Verfahren beim BGH. Ansprechpartner ist Herr Rechtsanwalt Sutor.