Zumutbare Eigenbelastung bei Krankheitskosten ist verfassungsgemäß

Von Gregor-Bernward Sprißler – Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater – veröffentlicht in der Recklinghäuser Zeitung

Die Beiträge zu Krankenversicherungen sind seit 2010 voll abzugsfähig, soweit diese die Basisabsicherung betreffen. Probleme entstehen dann, wenn entweder Versicherungsbeiträge oder Kosten für darüber hinausgehende Leistungen im Krankheitsfall entstehen. Beispielsweise sind Komfortversicherungen wie auch Kosten für Chefarztbehandlungen und Zweibettzimmer problematisch.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz musste sich mit einem speziellen Problembereich befassen. Der Kläger hatte eine Komfortkrankenhausbehandlung gewählt, nämlich Chefarztbehandlung mit Zweibettzimmer. Seine Krankenversicherung hatte diese Kosten nicht übernommen, der Kläger musste sie also aus eigenem Portmonee bezahlen. Die entsprechenden Kosten wollte er jetzt im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend machen.

Dies ist zwar grundsätzlich möglich, aber nur insoweit, als die so genannte „zumutbare Eigenbelastung“ überschritten wird. Dabei handelt es sich um einen Betrag, der vom Gesetzgeber als Hürde angesetzt wird. Erst wenn die Belastung drastisch ausfällt, kann sie steuerlich geltend gemacht werden. Die Höhe ist dabei abhängig von den Einkünften (im Gesetzeswortlaut wird auf den Gesamtbetrag der Einkünfte und Familienstand abgestellt). Vorliegend hatte der Steuerpflichtige soviel zu versteuern, dass die Grenze bei weitem nicht erreicht worden war. Juristisch stellte sich die Frage, ob bei Krankheitskosten eine Ausnahme von dem obigen Gesetz zu machen ist. Für die Auffassung des Klägers sprach, dass das Bundesverfassungsgericht die Abzugsfähigkeit der Krankheitskosten verlangt hat.

Allerdings hat das mit dem Fall befasste Finanzgericht Rheinland-Pfalz darauf hingewiesen, dass das Verfassungsgericht bei der Krankenversicherung auf das sozialehilfegleiche Versorgungsniveau abgestellt hat. Der Staat muss also nur dann Kosten übernehmen oder im Wege der Steuerfreistellung tätig werden, wenn die Existenzsicherung betroffen ist. Im vorliegenden Fall war jedoch angesichts der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers eine existenzielle Betroffenheit nicht festzustellen. Auch bei Nichtabzugsfähigkeit der konkret geltend gemachten Krankheitskosten verblieb dem Kläger ein Einkommen, das deutlich über dem Regelsatz für das Existenzminimum lag. Folgerichtig hat das Finanzgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger will die Rechtsauffassung in der nächsten Instanz vor dem Bundesfinanzhof überprüfen lassen und hat hierzu eine so genannte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. In vergleichbaren Fällen sind Steuerpflichtige also gut beraten, im Hinblick auf das Musterverfahren Einspruch einzulegen und ein Ruhen des Einspruchsverfahrens zu beantragen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung besteht von Gesetzes wegen zwar kein Zwang, derartige Einsprüche ruhen zu lassen, es werden aber „keine Bedenken erhoben“.

(Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. 9. 2012; Az. 4K 1170/10; Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof unter VI B 150/12; ähnlich bereits FG Niedersachsen Urteil vom 7.12.12 2 K 19/11 –rechtskräftig; Verfügung OFD Rheinland vom 31.05.2011, aktualisiert am 14.12.2012; Sächsisches Finanzgericht 1 K 764/11 und 1 K 781/11; FG Baden-Württemberg 5 K 2867/11 und 5 K 3498/11)